Polen wird zum Abwanderungsziel von deutschen Unternehmen. Wie kommt das? Sind unsere östlichen Nachbarn in Sachen Industriefreundlichkeit so viel besser als wir? Oder spielen noch andere Faktoren eine Rolle? Claus Wilk (re.) und Stefan Weinzierl diskutieren....

In dieser Folge unseres Webcasts „Das Wochenendbier“ widmeten sich die Moderatoren Stefan Weinzierl und Claus Wilk einem Thema von großer wirtschaftlicher Relevanz: der Verlagerung deutscher Unternehmen in den Osten, insbesondere nach Polen. Diese Entwicklung, die von manchen als moderne Form der Völkerwanderung bezeichnet wird, ist durch eine bemerkenswerte Zunahme der Attraktivität des Ostens für traditionelle deutsche Marken gekennzeichnet. Beispiele wie Miele, der Inbegriff deutscher Qualität in Küche und Waschküche, der nun Produktionsstätten nach Polen verlagert, werfen die Frage nach den Gründen für diese Ostmigration auf.

Der Osten als Sinnbild für Aufbruch und Neuanfang bietet den Unternehmen offensichtlich Vorteile, die über die metaphorische Sonnenaufgangsstimmung hinausgehen. Die Diskussion beleuchtet verschiedene Facetten dieser Entwicklung. Neben Miele haben auch andere namhafte Unternehmen wie Valeo, IFA und sogar Branchenriesen wie VW und Mercedes den polnischen Markt für sich entdeckt. Das wirft die Frage auf, was Polen so attraktiv macht. Die Antworten sind vielfältig und reichen von günstigeren Energiekosten bis hin zur fehlenden Einkommensteuer für junge Fachkräfte unter 26 Jahren.

Polen lockt internationale Investoren mit einer Kombination aus wirtschaftlichen Anreizen, wie z.B. Steuererleichterungen für junge Fachkräfte, und einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit, trotz der hohen Abhängigkeit von Kohle. Dieses Paket macht Polen attraktiv für Unternehmen, die nach Effizienz und Kosteneinsparungen streben, ohne dabei die wachsende Bedeutung von Nachhaltigkeitskriterien zu vernachlässigen.

Kritisch hinterfragt wird in der Expertenrunde auch, ob die Verlagerung ins Ausland tatsächlich durch die oft zitierten Standortnachteile in Deutschland wie hohe Energiepreise und Fachkräftemangel gerechtfertigt ist oder ob nicht auch das Streben nach höheren Gewinnmargen eine Rolle spielt. Die Wahrheit scheint irgendwo dazwischen zu liegen. Deutschland bietet zwar nach wie vor eine hohe Rechtssicherheit und ein weltweit anerkanntes Ausbildungssystem, aber diese Vorteile können die wirtschaftlichen Anreize, die Länder wie Polen bieten, nicht vollständig kompensieren.

Stefan Weinzierl, Chefredakteur bei mi-connect / verlag moderne industrie gmbh
(Bild: mi-connect)

Der Autor Stefan Weinzierl ist Chefredakteur bei mi-connect und hat sich auf Aerospace, Rüstung und Spezialmaschinen sowie alles Neue in der Industrie spezialisiert. Ursprünglich hatte er den Rat seines Opas befolgt und "was gscheids" gelernt, doch sein Talent, Storys spannend, hintergründig und verständlich zu erzählen, trieb ihn in den Journalismus. Stefan hat den Journalismus von der Pike auf gelernt: Praktikum, Volontariat, Redakteur, Chef vom Dienst und schließlich Chefredaktion im besten Fachverlag der Welt. Privat findet man ihn eher im Wald mit einem Bogen in der Hand oder am Grill – dann aber mit einem Steak.

 

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