Halbleiterproduktion und Halbleiterforschung - Person in Schutzkleidung inspiziert Waver, Chipsproduktion Labor

Die Nachfrage nach Chips und Halbleitern wird langfristig steigen. Viele Länder fördern deshalb die Forschung in diesem Bereich. (Bild: ryanking999 - stock.adobe.com)

Chips und Halbleiter sind Herzstücke der Digitalisierung und Vernetzung, nicht nur in der Wirtschaft, sondern in allen Lebensbereichen. Immer mehr Chips stecken in immer mehr Produkten, in elektronischen Geräten, Autos, Maschinen und Anlagen. China ist ein riesiger Markt und bei Chips bislang stark auf Importe angewiesen. Durch Exportbeschränkungen des Westens für hochwertige Chips gibt es jedoch Versorgungsengpässe. Daher bauen das Land und chinesische Unternehmen ihre Forschung und Entwicklung in diesem Bereich stark aus.

Auf lange Sicht sorgen die Energiewende und steigende Elektrifizierung und Digitalisierung aller Lebensbereiche für eine weiter schnell wachsende Chips- und Halbleiter-Nachfrage. Zudem wird die Automobilindustrie durch teilautonomes Fahren und Elektromobilität zu einem immer wichtigeren Kunden. Laut einer McKinsey-Prognose soll der weltweite Markt für Halbleiter bis 2030 auf 1 Billion US-Dollar anwachsen.

Laufende Förderprogramme für Chips-Produktion und -Forschung

Von diesem Zukunftsmarkt möchten viele Länder profitieren und zudem durch Produktionskapazitäten von Ort die Lieferketten sichern. Neue Großprojekte werden in allen Regionen hoch subventioniert. Die bekanntesten Förderprogramme sind der EU-Chips-Act (43 Milliarden Euro), der US-Chips-and-Science-Act (53 Milliarden US$) und der Big-Fund in China mit einer neuen Finanzierungsrunde (etwa 41 Milliarden US-Dollar). In Taiwan, Japan und Südkorea sind die direkten Subventionen intransparenter, die Regierungen unterstützen aber ihre heimischen Schlüsselindustrien großzügig, analysiert die Gtai.

Werden Handelsstreit und Exportverbote Engpässe verursachen?

Die USA belegten China im Oktober 2022 mit Exportbeschränkungen insbesondere für Hochleistungschips. Peking kritisierte dies harsch und verkündete seinerseits Exportbeschränkungen für Mineralien, welche für die Chipproduktion unerlässlich sind, die jetzt in Kraft treten. Chinesische Hersteller müssen jetzt für den Export von Gallium und Germanium eine Lizenz beantragen. China ist der mit Abstand wichtigste Produzent der Rohstoffe weltweit.

Branchenexperten gehen davon aus, dass dies noch keine großen Einschränkungen bedeutet. Exporte wurden nicht verboten, sondern es wurde lediglich verfügt, dass dafür eine Erlaubnis beantragt werden muss. China selbst ist zu sehr in die internationale Lieferkette für Rohstoffe und Komponenten der Chipproduktion eingebunden, sodass ein Lieferstopp der eigenen Industrie schaden würde.

Dennoch könnte der Handelskonflikt eskalieren. „Den größten Hebel hat China bei Silizium-Wafern“, erklärt Mirko Woitzik vom Lieferkettenspezialisten Everstream. „Diese produziert das Land massenhaft, und die Lieferanten lassen sich nicht so schnell ersetzen.“ Für die meisten Chips sind Wafer erforderlich. Viele liefert China an Taiwan, wo ein Großteil der Halbleiter produziert wird. Würde die VR China die Ausfuhr beschränken, könnte der riesige Bedarf an Halbleitern nicht gedeckt werden. Für Hochleistungschips gibt es in China bislang kaum die Technologie und Produktionsmöglichkeiten. Und da Hochleistungschips für viele Produkte, von Smartphones bis Elektroautos, erforderlich sind, würde ein Großteil der chinesischen Industrieproduktion in kurzer Zeit zusammenbrechen.

Branchenexperten gehen jedoch trotz dieser gegenseitigen Abhängigkeiten davon aus, dass sich der Konflikt weiter zuspitzt. Es gibt viele Rohstoffe, mit denen einzelne Länder andere unter Druck setzen können. „Die Liste der kritischen Materialien in der Chipindustrie umfasst oft 150 bis 200 Posten“, so Ondrej Burkacky, Chipexperte der Unternehmensberatung McKinsey in einem Beitrag des „Handelsblatts“. „Und häufig stammen 20 bis 30 davon aus nur einer Region oder nur von einem Anbieter.“ Viele dieser Grundstoffe lassen sich jedoch überall herstellen. Die Abhängigkeit kommt daher, dass China diese unschlagbar preisgünstig anbietet. Doch um die Lieferketten zu sichern, werden jetzt auch in anderen Weltregionen Produktionskapazitäten errichtet. Es dauert jedoch einige Jahre, bis nennenswerte Produktionskapazitäten in Betrieb gehen.

China baut Fertigung von Hochleistungschips aus

SUV „Lynk & Co 08“ von Geely in blau
Im kommenden SUV „Lynk & Co 08“ von Geely ist ein 7-nm-SoC-Chip aus chinesischer Fertigung verbaut. (Bild: Lynk & Co)

China versucht andererseits, bei den Hochleistungschips unabhängiger von Importen zu werden und investiert dazu die Fertigungskapazitäten im Halbleiterbereich. Allein zwischen 2017 und 2022 verdoppelte sich die inländische Chipproduktion, so Angaben des nationalen Statistikamtes. Doch die heimische Branche kann die inländische Nachfrage nicht annähernd decken und ist weiterhin auf Importe angewiesen. Im Jahr 2021 betrug die Selbstversorgungsquote bei Chips laut dem Marktforschungsunternehmen IC Insights lediglich 17 Prozent. Bis 2025 wird eine Quote von 70 Prozent angestrebt. Doch die Umsetzung gestaltet sich schwierig.

Bislang wurden, um die Chipproduktion in China auszuweiten, zahlreiche Projekte gefördert. Jetzt soll diese Förderung in großen Projekten gebündelt werden. Viele Regionen in China versuchten bislang, ihr eigenes IT-Cluster aufzubauen. Dadurch entstanden viele kleinere Unternehmen, die jedoch nicht sehr leistungsfähig sind und wenig Entwicklungskompetenz haben. Selbst der größte chinesische Halbleiterkonzern – Semiconductor Manufacturing International (SMIC) – ist im Foundry-Bereich, also der Auftragsfertigung, im internationalen Vergleich eher ein kleineres Unternehmen.

Two Cascaded Calterah Andes mmWave Radar SoCs.
Der chinesische Chipshersteller Calterah Semiconductor präsentierte auf der IAA 2023 in München sein Portfolio an System-on-a-Chip-Lösungen für den Automobilbereich. (Bild: Calterah Semiconductor)

Jetzt sollen große, leistungsfähige Konzerne entstehen. Alleine Chipproduzent Yangtze Memory Technologies erhielt einen Kapitalzuschuss von staatlichen Beteiligungsgesellschaften in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar, berichtet die „South China Morning Post“. China setzt zudem die Einfuhrzölle auf Ausrüstungen und Material für die Chipproduktion bis 2030 aus.

In weniger sensiblen Bereichen der chinesischen Halbleiterindustrie, bei Chips einer Größe ab 12/14 Nanometern, ist China gut aufgestellt. Überall entstehen neue Fabriken, da der Bedarf an weniger komplexen Halbleitern stetig steigt. So kommt der globale Branchenverband SEMI für den Zeitraum 2021 bis 2023 auf insgesamt 20 Projekte in China. Damit liegt die Volksrepublik knapp vor den USA und Europa.

Das Wort Abhängigkeit“ mag negativ klingen, doch es hat auch eine positive Dimension, wenn Volkswirtschaften so eng verzahnt sind, sagt Hans Uszkoreit, wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz. „Gegenseitige Marktanteile oder besser noch Kooperation in sensiblen Softwarebereichen sind die beste Versicherung gegen Missbrauch, viel besser als aufwendige Kontrollen oder gar ein Verbot“. Ob in chinesischer Elektronik eine Hintertür für Spionagesoftware eingebaut ist, lässt sich in Testzentren recht klar ausschließen, erklärt ein Experte des TÜV Süd, der in China Zulassungszentren betreibt. Ein Problem sei eher, dass auch westliche Regierungen in Chips eine Hintertür zur Überwachung haben möchten, um beispielsweise gegen die Nutzung durch terroristische Organisationen vorgehen zu können.

Huawei nutzt Chips aus chinesischer Produktion

Mate 60 Pro mit Kirin 9000S von Huawei - Hand mit Handy vor schwarzem Hintergrund
Auf dem chinesischen Markt ist das Mate 60 Pro mit Kirin 9000S für Huawei ein großer Erfolg. (Bild: Huawei)

Die Exportbeschränkungen belasteten besonders auch das chinesische Elektronikunternehmen Huawei, dessen Smartphongeschäft dadurch zusammenbrach. Im September stellte der Konzern aus Shenzhen das Mate 60 Pro vor. Sein Kirin 9000S getauftes System-on-Chip (SoC) mit 5G-Modem und acht ARM-Kernen wurde in China hergestellt. Gefertigt hat das SoC demnach Chinas größter Auftragsfertiger Semiconductor Manufacturing International Corporation (SMIC), und zwar in einem weiterentwickelten Sieben-Nanometer-Prozess. SMIC muss die Fertigung und Chip-Ausbeute (Yield) deutlich verbessert haben. Alle Kerne sollen von Huaweis Prozessorsparte Hisilicon entwickelt worden sein. Technisch gibt es mit dem neuen Smartphon kaum noch Einschränkungen gegenüber Wettbewerbern wie Apple, und das neue Gerät entwickelte sich in China zum Verkaufshit.

Für SMIC ist es ein großer Erfolg, einen offensichtlich funktionierenden und serientauglichen 7-nm-Prozessor entwickelt zu haben. Damit liegt der Fertiger aber noch immer zwei Generationen hinter der Konkurrenz. Der Schritt zum 5-nm-Prozess wird schwer. SMIC sind auch Grenzen bei der Technik gesetzt; das Unternehmen muss mit den bereits vorhandenen DUV-Scannern mit Immersionslithografie arbeiten und hat durch die Boykottinitiativen kaum Zugang zu den modernsten Maschinen bekommen.

Autobauer benötigen leistungsstarke Chips

Messestand des Chipherstellers Horizon Computing auf der IAA 2023 mit vielen Standbesuchern
Auf der IAA 2023 zu Gast in München: Der VW-Partner Horizon Computing aus Peking entwickelt Software und Chips für das autonome Fahren. (Bild: Thomas Kiefer)

Ein großer Anwendungsbereich ist die boomende Autobranche. China treibt in diesem Bereich die Entwicklung rechenstarker Chips für Smart Cockpits voran. Jetzt sind erste sieben-Nanometer-Halbleiter aus eigener Produktion verbaut. Das amerikanische Unternehmen Qualcomm dominiert bislang diesen Markt.

Der „Dragon Eagle 1“, ein sehr leistungsstarker SoC (System-on-a-Chip) ist von dem chinesischen Unternehmen SiEngine Technology entwickelt worden und wird von dem taiwanischen Auftragshersteller TSMC produziert. SiEngine wird von Geely unterstützt, einem der großen Autobauer Chinas. Der Chip integriert acht CPU-Cores, 14 GPU-Cores. Nach eigenen Angaben erreicht er damit zum Beispiel bei der Faltungscodierung eine INT8-Rechenleistung von acht TOPS. KI-Funktionen sind demnach ebenfalls integriert. Er arbeitet mit LPDDR5-Speicher mit einer Bandbreite von bis zu 6400 MT/s.

Was ist der Unterschied zwischen Chip und Halbleiter?

Chips sind hochkomplexe elektronische Schaltungen, die das Kernstück vieler elektronisch gesteuerter Geräte bildet. Halbleiter sind der Grundbestandteil von Chips. Oft werden beide Begriffe synonym verwendet.

Chinesische Hersteller arbeiten an Autochips

Chips der Firma Black Sesame Technologies aus Shanghai
Black Sesame Technologies aus Shanghai stellte auf der IAA Mobility 2023 in München diverse Computerchips und Komplettlösungen vor. (Bild: Thomas Kiefer)

Während noch mehr als 90 Prozent aller leistungsstarken SoC-Chips in China für solche Anwendungen von Qualcomm und anderen ausländischen Herstellern geliefert werden, machen ihnen seit einigen Jahren auch eine Reihe ehrgeiziger Chip-Hersteller aus China Konkurrenz. Neben dem 2018 in Wuhan gegründeten SiEngine sind in diesem Kontext auch Jiefa Technology Autochips und SemiDrive Semiconductor zu nennen. Beide Unternehmen investieren stark in die Forschung & Entwicklung von Autochips. Nicht zuletzt der Halbleiterkonflikt mit den USA hat dazu geführt, dass chinesische Elektroauto-Hersteller wo immer möglich auf in China entwickelte Halbleiter umsteigen, so Branchenanalist Henrik Bork. Auch viele Autohersteller in China, darunter SAIC Motor, investieren seit wenigen Jahren Milliardensummen in die Entwicklung von Autochips. Auch BYD und Geely sind in dem Bereich sehr aktiv.

China versucht auch Entwicklungssprunge zu realisieren. So hat eine chinesische Wissenschaftlergruppe eine Technologie für ultradünne Halbleiter entwickelt, die nur noch eine Atomdicke aufweisen. Den chinesischen Forscherinnen und Forschern gelang es, aus dem Material zwölf-Zoll-Wafer herzustellen. Diese Größe gilt als ein Standardmaß für Wafer in der Halbleitertechnologie. Mehr als 60 Prozent der Halbleiter werden aus solchen kreisrunden zwölf-Zoll-Scheiben hergestellt.

China: Exportmarkt für Europas Chiphersteller

Trotz der Handelsstreitigkeiten machen amerikanische Konzerne einen großen Teil ihrer Gewinne und Umsätze in China. Der amerikanische Konzern Intel erzielte im vergangenes Jahr in China mehr als ein Viertel seines Umsatzes. Kein anderes einzelnes Land ist so bedeutsam für den zweitgrößten Chipkonzern der Welt. Der Münchener Dax-Konzern Infineon kam im zweiten Quartal auf einen China-Anteil von 26 Prozent.

Doch im Handelsstreit läutete China eine weitere Runde ein. Produkte des US-amerikanischen Speicherchip-Herstellers Micron dürfen in China nicht mehr in kritischer Infrastruktur verbaut werden. Wie die Cyberspace Administration (CAC) im Mai bekannt gab, habe eine Überprüfung der Speicherbausteine zahlreiche Sicherheitsrisiken offengelegt. Zu kritischer Infrastruktur zählen beispielsweise Mobilfunknetze.

Bevorzug werden jedoch europäische Konzerne. Die staatliche Telefongesellschaft China Mobile hat in ihrer jüngsten Ausschreibungsrunde 16 Prozent seines 5G-RAN-Netz im Frequenzbereich 2,5 GHz und 4,9 GHz an Ericsson aus Schweden und den finnischen Wettbewerber Nokia vergeben.

Dies bedeutet für beide Unternehmen eine Verdopplung ihres Gesamtmarktanteils im chinesischen Markt. Damit könnten Ericsson und Nokia in China mehr Basisstationen als in Europa installiert haben. Ericsson darf zudem auch auf Anteile im 5G-Netz privater Firmen hoffen, wo ebenfalls sensible Daten fließen. Außerdem bauen die Schweden zusammen mit China Mobile Zhejiang in zehn chinesischen Städten ein 5G-Frühwarnsystem für den Naturkatastrophenschutz auf; ebenfalls ein sicherheitsrelevanter Bereich, berichtet Chinaexperte Frank Sieren.

Die Botschaft an Europa dürfte sein: Eine Kooperation in kritischer Infrastruktur nutzt allen. Sicherheitsbedenken können ausgeschlossen werden, das sollte umgekehrt auch für Unternehmen wie Huawei und ZTE gelten.

Doch die Auseinandersetzungen spitzen sich eher zu. In den öffentlichen 5G-Mobilfunknetzen Deutschlands sollen nach den Vorstellungen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vom 1. Januar 2026 an keine kritischen Bauteile chinesischer Zulieferer mehr verwendet werden dürfen. Dies würde das sogenannte Kernnetz von Telekom, Vodafone und Telefónica betreffen. Es geht dabei nicht nur um Komponenten, die neu eingebaut werden, sondern auch um bereits verbaute Bestandteile des Netzes.

Im "Zugangs- und Transportnetz" solle darüber hinaus die "strukturelle Abhängigkeit von Komponenten der Hersteller Huawei und ZTE" bis zum 1. Oktober 2026 reduziert werden. Die deutschen Mobilfunkanbieter kritisierten die Pläne scharf. Sie warnen vor hohen Mehrkosten und der Gefahr, dass Deutschland im Wettbewerb beim Ausbau der digitalen Infrastruktur noch mehr zurückfällt.

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