Was steckt also dahinter? Und warum ist der deutsche Manager von den chinesischen Chefs bei Midea – die Kuka vor zwei Jahren übernommen haben – plötzlich nicht mehr gewollt? Die Reputation von Reuter innerhalb der Belegschaft sei nach wie vor sehr hoch, obwohl man ihm angekreidet hatte, dass er den Deal mit den Chinesen durchgezogen hatte, berichtet ein Insider ‚Produktion‘ gegenüber.
„You will be missed, Till!“
Dass Reuter bei seinen Mitarbeitern beliebt ist, zeigt sich auch auf Linkedin. Als ich ein Bild von Reuter mit der Nachricht, dass er Kuka verlässt, poste, melden sich Wegbegeleiter aus der ganzen Welt zu Wort. „Dr. Reuter, thank you for your leadership and guidance over your succesful time at Kuka, best wishes for your future“, heißt es dort zum Beispiel. Andere schreiben „TR made us and Kuka great again“ oder „for me he was a real and honest Chief and Friend“ und schließlich „you will be missed, Till!“. Warum muss ein so beliebter Chef also gehen?
Wie mir ein ehemaliger Kuka-Manager berichtet, sei der Einstieg in die Robotik und auch die Übernahme von Kuka seitens Midea von langer Hand geplant gewesen. Geld floss dabei wohl auch seitens des chinesischen Staates, denn einen Deal in dieser Größe gebe es in China nicht ohne Staatsbeteiligung.
„Und die Chinesen ziehen so etwas dann brachial durch“, erklärt der Insider ‚Produktion‘ gegenüber. Eines ist auf jeden Fall klar: China ist laut der International Federation of Robotics (IFR) seit Jahren der größte Robotermarkt der Welt und zugleich der am schnellsten wachsende Markt. Investitionen in die Robotik werden daher massiv vom Staat gefördert.
Midea will Einfluss auf das direkte Geschäft von Kuka nehmen
2015 hat Midea mit dem Kuka-Rivalen Yaskawa bereits zwei Joint-Venture geformt. Eines, um Serviceroboter zu entwickeln, eines für Industrieroboter. 2016 übernimmt Midea das Unternehmen Kuka, das neben Fanuc, ABB und Yaskawa zu den unangefochtenen Top 4 auf dem weltweiten Robotermarkt zählt. Und wieder ein Jahr später steigt der Ex-Fanuc-Europa-Chef Olaf Gehrels (siehe Bild oben) als General Manager bei der ‚Midea Robotics Company‘ ein.
Midea hätte nun gezielt Informationen von drei der größten Roboterhersteller bei sich vereint, erklärt mir ein Brancheninsider. Das sei von vornherein das Ziel gewesen. Und nun sei laut dem Insider bei Midea auch eine Art Vorbereitungszeit abgeschlossen und man wolle nun mehr Einfluss auf das direkte Geschäft von Kuka nehmen. Die 2017 gestartete 100-Millionen-Investition in den Kuka-Standort Augsburg sei nach Einschätzung des ehemaligen Kuka-Managers „eine reine Beruhigungspille“.
Viel interessanter ist stattdessen, dass Kuka im März 2018 angekündigt hat, in einem Joint-.Venture mit Midea 400 Millionen Euro in einen neuen Roboterpark in Shunde, China, zu investieren. In Shunde liegt auch die Firmenzentrale von Midea. Bis 2024 ist dort die Produktion von 75.000 Robotern geplant. In Shunde entstehen laut Angaben eines Insiders auch 4.000 Arbeitsplätze für F&E. Midea wolle also ganz klar einen Teil der Robotik-Forschung nach China abziehen.
Kuka-CFO Peter Mohnen rückt nach
Der nächste logische Schritt seitens der Chinesen sei es dann wohl gewesen, den langjährigen deutschen Kuka-Firmenchef abzusägen. Dabei sei ihnen laut dem Insider zugute gekommen, dass Reuter im vergangenen Jahr rein nach KPIs nicht so gut performt hätte – auch wenn es dafür stets nachvollziehbare Gründe gab. Und wenn dann bei den KPI-Vorgaben nunmal beispielsweise vier von fünf Kästchen rot seien, könne man sich von einem Manager leicht trennen, erklärt der Insider.
Nun ist Reuter also weg und damit auch das langjährige Gesicht der Kuka AG. Ab dem 6. Dezember 2018 übernimmt der bisherige Kuka-CFO Peter Mohnen interimsweise die Funktion des CEO. Dem Konzern ist es wichtig, mitzuteilen, dass Kontinuität sichergestellt ist: Alle bestehenden Investorenverträge, die Kuka mit Midea als Mehrheitsaktionär unterzeichnet hat, einschließlich der Abschirmvereinbarung zum Schutz des geistigen Eigentums von Kuka, bleiben unverändert bestehen. Das teilt das Unternehmen mit. Ob dies der Fall ist, wird sich zeigen. Brancheninsider können sich jedoch auch vorstellen, dass Kuka gerade im Automotive-Markt in Zukunft Vertrauen und schließlich Marktanteile verliert.
Automatisierungsquote: Wo arbeiten die meisten Roboter?
Global betrachtet arbeiten im Schnitt 74 Roboter pro 10.000 Mitarbeiter in der Fertigungsindustrie. Das gab die International Federation of Robotics (IFR) in der jüngsten Statistik bekannt. Klicken Sie sich durch und sehen Sie, wie die Roboterdichte laut IFR weltweit verteilt ist.