Ein Mann schaut auf einem Containerhafen auf sein Handy.

Funktionierende Lieferketten sind für Unternehmen extrem wichtig. - (Bild: TimeStopper - stock.adobe.com)

Die Industrie erholt sich langsam von den Auswirkungen der Coronakrise – dem positiv verlaufenden Exportgeschäft sei Dank. Doch der Aufwärtstrend steht auf wackeligen Füßen:  Die Nürnberger Volkswirtschafts-Professorin und Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, Veronika Grimm, sagt die Situation könne sich ändern, wenn Grenzen geschlossen würden. „Alles was Grenzschließungen betrifft, kann zu einem signifikanten Einbruch führen. Die Effekte sind schwer abzuschätzen, oft reichen kleine Störungen der internationalen Lieferketten aus, um größere Teile der Industrie stillzulegen“, sagte sie der Deutschen Presseagentur.

Die veränderten Lieferketten sind deshalb auch Teil unserer Industrietrends. Der VDMA, VDW, ZVEI und die Unternehmen ZF und Ceratizit haben bereits erklärt, welche Noten sie der Konjunktur 2021 geben würden, was sie sich von der neuen US-Regierung erwarten (die Antworten gibt es hier) und wie Corona die Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmen verändert hat (Mehr dazu lesen Sie hier).

Im dritten und letzten Teil der Industrietrends 2021 wollten wir nun wissen:

Werden die Firmen Lieferketten infolge des Corona-bedingten Zusammenbruchs der Supply Chains dauerhaft anpassen? Werden die Lieferketten wieder regionaler?

Etwa zwei von fünf Unternehmen hatten im Frühjahr 2020 Probleme in den Liefer- und Wertschöpfungsketten, berichtet ZVEI-Chefvolkswirt Andreas Gontermann. Die Schwierigkeiten konnten im weiteren Jahresverlauf zügig wieder behoben werden, berichtet er. In einer Umfrage des ZVEI haben mehr als 40 Prozent der Unternehmen geantwortet, ihre Lieferketten künftig strategisch anders aufstellen zu wollen. Dabei gingen die Überlegungen in Richtung mehr Regionalisierung, aber auch mehr Diversifizierung und Lagerhaltung. 

„Die Coronakrise hat Schwächen des globalen Wertschöpfungssystems schonungslos offengelegt“, sagt VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers. Welche Folgen die Lieferkettenprobleme im Maschinenbau haben werden, steht noch nicht fest. „Während die einen in Richtung einer größeren Wertschöpfungstiefe im eigenen Haus denken oder ihre Zulieferungen aus dem unmittelbaren regionalen Umfeld präferieren, setzen andere zur Verminderung ihrer Krisenanfälligkeit auf den planmäßigen Ausbau eines globalisierten Wertschöpfungsgefüges – also breitere, regional diversifizierte Liefernetzwerke“, sagt Wiechers. Solche Veränderungen bräuchten in einer hochspezialisierten Branche wie dem Maschinen- und Anlagenbau aber immer ihre Zeit.

Auch VDW-Geschäftsführer Wilfried Schäfer kann nicht pauschal sagen, welche Folgen der Corona-bedingte Zusammenbruch der Supply Chains haben wird. Einige Unternehmen prüfen verstärkt, wo sie ihre A-Teile beziehen, wie zuverlässig die Lieferanten auch in Krisenzeiten liefern können und was der Ausfall dieser Teile für die eigene Lieferfähigkeit bedeuten und im Zweifelsfall kosten würde, berichtet er.

Hier könne es schon zu Veränderungen kommen, um das eigene Risiko zu minimieren. „Werkzeugmaschinenhersteller beziehen jedoch den größten Teil ihrer Komponenten aus Deutschland oder Europa, weil sie qualitativ hochwertige Produkte benötigen. Umfragen zu den Hochzeiten der Coronakrise haben ergeben, dass die Lieferketten schnell stabilisiert werden konnten“, erklärt Schäfer.

ZF und Ceratizit: Lokale oder internationale Lieferketten?

„Wir bei ZF setzen bereits heute häufig auf lokale Lieferketten“, erzählt Gabriel González-Alonso, Senior Vice President Corporate Production. Das heißt:  Die Zulieferbetriebe sitzen in jenen Ländern, in denen ZF auch für seine Kunden produziert. „Eine Verschiebung der Lieferketten hin zu mehr internationalen Lieferbeziehungen wird also allenfalls auf noch mehr Flexibilität abzielen, weniger auf den Aspekt ‚mehr lokal oder mehr international‘“, erklärt er.

Die Herausforderungen der Corona-Pandemie hätte die ZF-Strategie bestätigt: Das Unternehmen werde künftig noch intensiver daran arbeiten, alternative Lieferanten vorzuhalten und auch selbst nicht nur aus einer Region zu liefern. „Da wir uns aber nach wie vor mitten in der Krise befinden, ist kaum vorherzusagen, inwieweit sich die Lieferketten in unserer Branche dauerhaft verändern werden“, meint González-Alonso.

Auch bei Ceratizit wurde die Supply Chain durch eine gezielte Auswahl von Lieferanten aus verschiedenen Regionen der Welt und das Recycling von gebrauchten Hartmetallprodukten bereits vor Jahren so ausgerichtet, dass auch in Zeiten der Corona-Pandemie ein nachhaltiges Handeln möglich sei, erklärt Vorstandsmitglied Thierry Wolter. Unabhängig vom Produktionsstandort sei für die Kunden vor allem wichtig, dass das Unternehmen einen lokalen Service anbieten könne.

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