Isabel Grupp leitet gemeinsam mit ihrem Vater den Kunststoffhersteller Plastro Mayer. Laut 'Handelsblatt' ist sie eine der Top 50 Unternehmerinnen Deutschlands. Im Podcast spricht sie mit (von links) Julia Dusold und Anja Ringel unter anderem über Nachfolge in Familienunternehmen und moderne Führungskultur.

Isabel Grupp leitet gemeinsam mit ihrem Vater den Kunststoffhersteller Plastro Mayer. Laut 'Handelsblatt' ist sie eine der Top 50 Unternehmerinnen Deutschlands. Im Podcast "Industry Insights" sprach sie mit den Redakteurinnen Julia Dusold und Anja Ringel unter anderem über Nachfolge in Familienunternehmen und moderne Führungskultur. Einen Auszug aus dem Gespräch lesen Sie hier. (Bild: Sabina Radkte)

Frau Grupp, was bedeutet eine moderne Führungskultur für Sie?

Isabel Grupp: Moderne Führungskultur ist vor allem Zuhören. Ein partizipativer Führungsstil. Also weg von einst sehr top-down geführten Unternehmen, hin zum Netzwerkgedanken, dass auch junge Neuankömmlinge sich abgeholt und verstanden fühlen.

Sie haben bereits in anderen Interviews erwähnt, dass für Sie der Mensch im Mittelpunkt sein muss. Besonders im Umfeld der Digitalisierung.

Grupp: Ja, absolut. Wir sind ein Familienunternehmen. Für uns ist es sehr wichtig, dass die Menschlichkeit im Fokus bleibt, dass wir auf Augenhöhe miteinander respektvoll umgehen, sodass wir hier auch ein gesundes Miteinander haben. Denn wenn Substitutionsgedanken durch künstliche Intelligenz oder durch eine Überforderung durch digitalisierte Prozesse aufkommen, dann schlägt es sich auch negativ auf die Belegschaft nieder. Krankenquoten gehen nach oben aufgrund von Überforderung, aber teilweise auch durch Unterforderung von dynamischen Nachwuchskräften, die natürlich gerne digitale Wege gehen wollen.

Hier gilt es, eine Balance zu halten zwischen Überforderung der einen und Unterforderung der anderen, dass man hier einen gesunden Mittelweg findet, sodass jeder sich abgeholt fühlt. Da gehört viel Menschenfeeling dazu, Empathie und emotionale Führung

Wie setzen Sie das konkret um?

Grupp: Wir versuchen, für den Menschen an sich da zu sein. Wir haben beispielsweise ein betriebliches Gesundheitsmanagement eingeführt. Mit einer Position, die sich ausschließlich um die Gesundheit der Mitarbeiter kümmert und auch hier eine gewisse Systematik aufgebaut hat.

Und wir machen viel rund um den Menschen an sich. Sehr viele Programme, die ihn unterstützen, zum Beispiel in der Freizeitgestaltung. Aber wir machen auch sehr viele Team-Events, wo wir den Menschen in den Fokus nehmen. Wir versuchen, uns dort, wo es geht, was auch wirtschaftlich noch zu vertreten ist, anzubieten. Es gibt viele, die das gar nicht wünschen, aber es gibt einige, die das in Anspruch nehmen.

Aber auch es gibt Themen rund um Out-of-Box-Themen, die eigentlich gar nicht mit der Firma zu tun haben. Wie beispielsweise, wenn jemand Termine benötigt für besondere Fachärzte oder auch mentale Themen hat, die wir unterstützen können. Da sind wir auch da. Deshalb sind wir Familienunternehmen. Wir wollen eine erweiterte Betriebsfamilie darstellen und für unsere Mitarbeiter da sein, wenn sie unsere Hilfe benötigen.

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(Bild: mi-connect)

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Ein weiteres Programm, dass Sie bei Plastro Mayer anbieten, ist das sogenannte Reverse Mentoring. Was hat es damit auf sich?

Grupp: Das bedeutet, dass nicht, wie ursprünglich Mentoring auch bekannt war, dass die Erfahrenen den Jungen zeigen, wie Dinge funktionieren. Das ist schon längst auf den Kopf gestellt. Man sieht es auch im privaten Alltag. Jeder Familienpapa oder jede Familienmama, die die 60 Jahre überschritten haben, fragen bei digitalen Themen meistens die Kinder.

Und das ist natürlich auch im Berufsalltag so. Früher war es schon so, dass die Erfahrenen eher den Jungen gesagt haben, wie es geht. Weil es keine Themen gab, die die Jungen besser konnten. Zwischenzeitlich hat sich das umgekehrt, beziehungsweise miteinander funktioniert es sehr gut. Das heißt, die Jungen können auch sehr viel den erfahrenen Menschen auf den Weg geben und andersrum auch.

Das Programm läuft nun schon eine Weile. Wie sind denn die bisherigen Erfahrungen damit?

Grupp: Interessant war, dass das am Anfang gar nicht so richtig verstanden wurde. Also dass sich die Youngsters wirklich äußern können, dass sie auch mal Verbesserungsvorstellungen oder Kritik anbringen können. Aber wir fordern es ausdrücklich ein, dass wir auch ein gutes Feedback bekommen, sodass sich auch die Führungskräfte oder auch die Ausbildungsleitungen entwickeln können.

Wir stellen auch Fragen in Richtung: Hey, können wir noch irgendwas besser machen? Und wenn man da auch mehr rauskitzelt aus den Menschen, dann kommen wirklich extrem gute Impulse. Zum Beispiel, dass sie einfach auch selbst Projekte betreuen wollen, dass sie selbst die Verantwortung übernehmen wollen, dass sie nicht immer von den Fehlern von anderen lernen wollen, sondern selbst Fehler machen wollen. Dass sie einfach das Ziel vorgegeben bekommen wollen und nicht genau den Weg beschrieben haben wollen.

Und das kommt nach und nach. Aber das ist nicht ein Prozess, der von heute auf morgen umgestellt ist, sondern das ist sehr, sehr langwierig. Und wir brauchen da auch noch eine Zeit, bis das wirklich richtig gut und fruchtbar in allen Köpfen drin ist.

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Das ist bestimmt dann auch spannend, da die Entwicklungen zu sehen. Es gibt noch eine weitere Sache, für die Sie sich einsetzen: Sie wollen mehr Frauen in technischen und auch führenden Positionen in der Industrie haben. Welche positiven Veränderungen bringt denn Diversität in der Unternehmensführung Ihrer Meinung nach?

Grupp: Ich finde, je diverser ein Umfeld ist, desto besser und kreativer sind am Ende die Ergebnisse. Und je homogener ein Team ist, desto gleichartiger sind die Ergebnisse.

Deshalb sollte man wirklich diverse Teams aufstellen, wenn man gute Ergebnisse möchte. So kommt auch die unbequeme Meinung mal zutage und hier werden dann auch Schritte gegangen, die vielleicht sonst nie gesehen wurden. So kommt man nach vorne, man bewegt sich und vielleicht gehen auch die Prozesse schneller nach vorne.

Dieses Interview ist ein gekürzter Auszug aus dem Podcast 'Industry Insights'. Das ganze Gespräch über Führungskultur, Nachfolge in Familienunternehmen und die Digitalisierung der Qualitätssicherung, hören Sie hier:

Isabel Grupp über Nachfolge, moderne Führungskultur und KI in der Qualitätskontrolle

Die Folge finden Sie außerdem hier: Spotify | Apple Podcasts | YouTube | Google Podcasts | Podigee.

Industry Insights: Das sind die Moderatorinnen

Julia Dusold und Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Julia Dusold (links) ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Gemeinsam mit der Wirtschaftsredakteurin Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights. Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten. Folgen Sie Julia Dusold auch auf LinkedIn, Xing und Twitter.

 

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel (rechts) schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen. Nach Stationen bei diversen Tageszeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken. Folgen Sie Anja Ringel auch auf LinkedIn, Xing und Twitter.

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