Aluminium ist der Werkstoff der Zukunft, ist sich Prof. Dr.-Ing. Jürgen Rainer Hirsch sicher. Er ist außerplanmäßiger Professor am Institut für Metallkunde und Metallphysik an der RWTH Aachen University und einer der weltweit führenden Experten rund um das Leichtmetall. Woran liegt das? "Zum einen ist Aluminium als dritthäufigstes Element in der Erdkruste fast unbegrenzt verfügbar", so Hirsch. "Und zum anderen ist es sehr leicht zu recyceln – und das oft ohne Qualitätsverluste."
Rund 75 Prozent (zirka 750 Millionen Tonnen) des jemals produzierten Aluminiums werden heute noch verwendet und bilden eine Ressourcenbank für die Zukunft. "Dabei erfordert das Wiederaufschmelzen nur noch 5 Prozent Energie im Vergleich mit der Neuherstellung und der Metallverlust ist gering", erklärt Hirsch. "Wichtig ist diese große Verfügbarkeit wegen der hervorragenden Werkstoff-Eigenschaften: Aluminium ist sehr leicht – nur ein Drittel der Dichte von Stahl – und als Legierung extrem belastbar und fest. Es lässt sich leicht umformen und verarbeiten, bildet umgehend eine schützende Oxidschicht bei Kratzern und leitet Elektrizität und Wärme. So lässt es sich vielseitig einsetzen: Überall, wo Gewichtsersparnis, Schutzfunktion, Stabilität und Korrosionsbeständigkeit gefordert sind, ist Aluminium die erste Wahl."
Einsatzgebiete für Aluminium sind vielfältig
Der derzeit stärkste Wachstumsmarkt für den Einsatz von Aluminium ist das Transportsegment, gefolgt vom Bauwesen, von elektrischen Anwendungen und Verpackungen. Aluminium ist das ideale Leichtgewicht, um bei Flugzeugen, Pkw, Bussen, Lkw, Zügen und Schiffen das Gewicht deutlich zu reduzieren, ohne die Sicherheit zu beeinträchtigen.
Gegenüber Stahlbauteilen beispielsweise wiegen Aluminiumbauteile meist nur die Hälfte. Das senkt den Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß. Zudem verbessert sich das Fahrverhalten. Kein Wunder, dass das Leichtmetall fast überall in den Fahrzeugen verbaut ist – von Karosserie, Heckklappen und Türen über Fahrwerke, Motorblöcke, Zylinderköpfe und Getriebe bis hin zu Felgen.
Auch in der Elektromobilität spielt Aluminium eine immer größere Rolle. Dazu Hirsch: "Eine Gewichtsreduzierung durch Aluminium ist eine kosteneffiziente Möglichkeit, die Reichweite des Elektrofahrzeugs zu erweitern, und wird somit zu einem Schlüsselfaktor für Elektrofahrzeuge werden, um Marktakzeptanz, -wachstum und Rentabilität zu erreichen. Dank der guten Wärmeleitfähigkeit eignet sich das Metall zudem hervorragend für die Herstellung der Batteriewannen, da damit eine bessere Temperaturkontrolle ermöglicht wird."
Das ist Prof. Jürgen Rainer Hirsch
Zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsprojekte in seiner beruflichen Laufbahn haben Prof. Dr.-Ing. Jürgen Rainer Hirsch zu einem der führenden Experten rund um den Werkstoff Aluminium gemacht. Begonnen hat er mit seinem Studium der Hütten-Metallkunde an der RWTH Aachen. Nach seinem Abschluss folgten Promotion und Habilitation. Nach zehn Jahren Universitätslaufbahn wechselte er in die Aluminium-Industrie (Alcoa, VAW, Hydro).
Seit 2001 ist er außerplanmäßiger Professor am Institut für Metallkunde und Metallphysik der RWTH Aachen University. Mit seinem Unternehmen Aluminium Consulting berät der Wissenschaftler Unternehmen zu Aluminium-Metallkunde, -Fertigung, -Einsatz und Ähnlichem für unterschiedlichste Anwendungen. Er bietet ebenfalls Weiterbildungen zum Thema Aluminium-Werkstoffe an.
Für jedes Einsatzgebiet gibt es die passende Aluminiumlegierung
Um die unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen, werden Aluminiumlegierungen in der chemischen Zusammensetzung und Verarbeitung an die jeweilige Anwendung angepasst. Die mechanischen Eigenschaften von Al-Legierungen unterscheiden sich deutlich von denen des reinen Aluminiums. Vor allem die Zugfestigkeit und Dehngrenze werden durch das Zulegieren von Elementen wie Magnesium (Mg), Silizium (Si), Mangan (Mn), Zink (Zn) und Kupfer (Cu) deutlich erhöht (Rm 300 bis 700 mPa).
Die naturharten Al-Mg-Legierungen werden zum Beispiel als Blechform- und Strukturteile im Automobil-Fahrwerk und in der Rohkarosse sowie in Hochgeschwindigkeitsschiffen eingesetzt. Die wichtigsten Werkstoffe für den allgemeinen Leichtbau zum Beispiel für Blechformteile als Außenteile der Automobilkarosserie sind die aushärtbaren Al-MgSi-Legierungen. Sie eignen sich besonders zur Herstellung komplexer Formen, zum Beispiel für Anwendungen im Bauwesen, in der Elektrotechnik und in vielen alltäglichen Gegenständen sowie auch beispielsweise bei Schienenfahrzeugen wie dem ICE 1 bis 3.
Al-ZnMg-Legierungen ohne Kupfer können gut Energie absorbieren und finden deswegen vermehrt Anwendung bei Crash-Elementen und Stoßfängern im Automobilbau. Hochfeste Al-Cu- und Al-ZnMgCu-Legierungen haben wegen der hohen Anforderungen an Materialqualität, Konstruktion und Verarbeitung ihre Einsatzgebiete beim Bau von Luft- und Raumfahrzeugen, aber auch im Werkzeug- und Formenbau sowie bei der Fertigung von Verbindungselementen, wie Schrauben und Nieten.
Aluteile produzieren: Zerspanung sorgt für hohe Qualität
Aluminiumgusslegierungen sind sehr gut gießbar. Das ist laut Hirsch auch der Grund, warum sie so häufig im Leichtbau eingesetzt werden. Etwa 80 Prozent aller Aluminiumgussteile in Deutschland werden dabei aus recyceltem Aluminium hergestellt. "Der Werkstoff erfüllt hohe Anforderungen an Festigkeit und Zähigkeit etwa für Sicherheitsteile im Fahrzeugbau", so der Aluminiumexperte. "Der wichtigste Bestandteil ist wohl das Silizium (Si) für hohe Fließ- und Formfüllungseigenschaften." Oft müssen diese Gussteile mittels Zerspanoperationen nachbearbeitet werden, um die Passgenauigkeit zu verbessern.
Grundsätzlich kann Aluminium mit allen spanenden Verfahren bearbeitet werden. Das ist vor allem beim Flugzeugbau von entscheidender Bedeutung. Hier gelten aus sicherheitstechnischen Gründen verständlicherweise sehr hohe Anforderungen an die Bauteile. Deswegen werden oftmals kleinere Bauteile nicht einfach durch Schweißen verbunden, sondern es wird das komplette Bauteil aus dem Vollen gefräst. Auch Handyschalen bestehen aus den traditionellen Flugzeuglegierungen und werden mittels Fräsen hergestellt. Denn hier sind für eine perfekte Haptik sehr glatte Oberflächen gefordert. Das ist in dieser Güte nur mit Zerspanung möglich.
Diese Vorteile hat Aluminium als Werkstoff
Aluminium bietet mehrere Vorteile als Konstruktionswerkstoff, dazu gehören:
- Hohe spezifische Festigkeit: Aluminium hat eine hohe spezifische Festigkeit, was es zu einem idealen Konstruktionswerkstoff macht.
- Leichtgewicht: Mit einer Dichte von nur einem Drittel der von Stahl ist Aluminium ein Leichtmetall, was es besonders für Anwendungen erfordert, bei denen Gewichtsreduzierung eine Rolle spielt, wie im Transport- und Fahrzeugbau.
- Hohe Wärmeleitfähigkeit: Aluminium besitzt eine hohe Wärmeleitfähigkeit, wodurch es in verschiedenen thermischen Anwendungen eingesetzt werden kann.
- Korrosionsbeständigkeit: Aluminiumlegierungen bieten eine gute Korrosionsbeständigkeit, was sie für den Einsatz in verschiedenen Umgebungen geeignet macht.
- Einfache Verarbeitbarkeit: Die einfache Verarbeitbarkeit von Aluminium ist ein weiterer Vorteil, insbesondere bei handwerklicher Fertigung.
- Breite Anwendbarkeit: Aluminium wird in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt, darunter im Bauwesen, Transport, Elektronik, Verteidigungsindustrie, Luft- und Raumfahrt, Elektrotechnik und vielen anderen Bereichen.
Was gilt es bei der Zerspanung von Aluminium zu beachten?
Mit sehr scharfen Schneiden ist Aluminium prinzipiell gut zerspanbar, neigt aber zu Aufbauschneiden. Zudem bedingen unterschiedliche Legierungsbestandteile auch andere Beschichtungsspezifikationen. So ist zum Beispiel eine Aluminium-Legierung mit Silizium besser zerspanbar als eine mit Lithium. Da sind spezielle Lösungen gefragt, zum Beispiel im Bereich der Werkzeugbeschichtungen.
Deswegen informieren sich Beschichtungsexperten wie beispielsweise CemeCon regelmäßig über Werkstofftrends, Werkzeuggeometrien und Bearbeitungsstrategien. "Es ist wichtig, dass wir mit Experten aus den unterschiedlichsten Sparten zusammenarbeiten", erklärt Manfred Weigand, Produktmanager Round Tools bei CemeCon. "Denn nur wenn wir wissen, wo und wie unsere Beschichtungen eingesetzt werden, können wir exakt auf die Anwendung zugeschnittene Lösungen entwickeln."
Denn abgestimmte Lösungen können für hohe Standzeiten, hervorragende Bearbeitungsergebnisse und eine wirtschaftliche Fertigung sorgen. "Die Basis und 50 Prozent einer Beschichtung machen Schichtwerkstoffe aus, wie zum Beispiel AluCon", ergänzt Weigand. "Die andere Hälfte setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen, wie Schichtdicke, Toleranz, Vorbehandlung, Finishing und mehr."
Beispiel: Beschichtung AluCon erhöht Standzeiten bei Aluminiumzerspanung
Der von Weigand erwähnte HiPIMS-Schichtwerkstoff AluCon basiert auf TiB2. Aufgrund der geringen Affinität zu NE-Metallen und der hohen Härte eignen sich die Schichtwerkstoffe gut für die Zerspanung von Aluminium, Kupfer und Titan (Mehr zur effizienten Zerspanung von Titan lesen Sie hier). Das HiPIMS-Verfahren soll für eine hohe Schichthaftung, Dichte und Härte sorgen.
Dank der Schichtdicke von 2 Mikrometern und der feinen Kristallstruktur eignet sich AluCon gut für die Aluminiumbearbeitung mit scharfen Schneiden. Der HiPIMS-Schichtwerkstoff schützt vor Aufbauschneiden. Die glatte Schichtoberfläche optimiert die Spanabfuhr. Dank der verminderten Reibung wird die Temperatur im Zerspanprozess reduziert. Dabei senkt die dichte, geschlossene Schichtstruktur zudem erfolgreich die Diffusion und damit den Verschleiß bei hohen Einsatztemperaturen.
Das Ergebnis sind deutlich längere Standzeiten. Die gute Haftung gepaart mit der Härte von 5.000 HV0,05 und besserer Duktilität ermöglicht eine optimierte Performance in der Nass- und Trockenzerspanung, und das bei gesteigerten Schnittdaten. So erzielen Werkzeuge mit einer AluCon-Beschichtung hohe Leistungen beim Bearbeiten von Aluminium, Kupfer und Titan.
Quelle: CemeCon