Die Tatsache, dass China mit einem Anteil von mehr als 98 Prozent den Großteil der Lithium-Eisenphosphat-Aktivmaterialien produziert, bedeutet eine unmittelbare Abhängigkeit Europas bei dieser kostengünstigeren Batteriechemie.

Die Tatsache, dass China mit einem Anteil von mehr als 98 Prozent den Großteil der Lithium-Eisenphosphat-Aktivmaterialien produziert, bedeutet eine unmittelbare Abhängigkeit Europas bei dieser kostengünstigeren Batteriechemie. (Bild: CozyNessAI)

Die Produktion von Batterien für Elektroautos erfordert eine komplexe und global vernetzte Lieferkette. In einer aktuellen Studie haben Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer FFB und der Universität Münster die Besitzverhältnisse und geopolitischen Abhängigkeiten entlang dieser Lieferkette analysiert. Das Ergebnis: China beherrscht nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batterien - von der Rohstoffgewinnung bis zur Batterieproduktion. Die Volksrepublik kontrolliert nicht nur Produktionsstätten im eigenen Land, sondern auch im Ausland - und zwar für alle Rohstoffe und Weiterverarbeitungsprozesse. Keine andere Region der Welt verfügt über eine vergleichbare Kontrolle entlang der gesamten Batterie-Lieferkette.

Lithium, Kobalt, Nickel und Mangan sind für die Herstellung von Batteriezellen unverzichtbar. In großen Batteriepacks, wie sie beispielsweise in einem 'Tesla Model S Plaid' verbaut sind, stecken rund 122 Kilogramm der sogenannten mineralischen Rohstoffe. Geografisch gesehen verfügen nur wenige Länder über die Ressourcen, die für den Ausbau der Elektromobilität in großen Mengen benötigt werden. Dazu gehören China, Australien und die Demokratische Republik Kongo. Die Herausforderung: "Mineralische Rohstoffe stehen ganz am Anfang der Lieferkette für die Batteriezellproduktion, und Europa ist zu fast 100 Prozent von Importen abhängig", sagt Professor Simon Lux, Institutsleiter des Fraunhofer FFB.

Chinas weltweite Dominanz in der Batterie-Lieferkette

Die Studie der Münsteraner Forscher skizziert die Besitzverhältnisse hinter Minen, Raffinerien und Produktionsanlagen entlang der gesamten Batterie-Lieferkette. Die Ergebnisse zeigen die Vormachtstellung Chinas: Das Land beherrscht nahezu die gesamte Wertschöpfungskette von Lithium-Ionen-Batterien - von der Rohstoffgewinnung bis zur Fertigung der Batterien - und kontrolliert sowohl die nationalen als auch die internationalen Produktionskapazitäten. Einzige Ausnahme ist Mangan. Die Tatsache, dass China mit einem Anteil von über 98 Prozent den Großteil der Lithium-Eisenphosphat-Aktivmaterialien produziert, bedeutet eine direkte Abhängigkeit Europas von dieser kostengünstigeren Batteriechemie.

"Die wachsende Rohstoffdominanz Chinas gefährdet die Zukunft der europäischen Elektromobilität", mahnt Lux. "Diese Abhängigkeit macht Europa verwundbar. Geopolitische Spannungen oder Exportstopps könnten zu massiven wirtschaftlichen Schäden und Verlusten in Milliardenhöhe führen", warnt Lux.

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Rohstoffsicherung in Europa und den USA: Zwischen Aufholjagd und Abhängigkeit

Ähnlich wie China verstärken auch Europa und die USA ihre Bemühungen, durch den Erwerb von Minen und Raffinerien mehr Kontrolle über die Lieferkette für Lithium-Ionen-Batterien zu erlangen. Während die USA bei der Lithiumförderung weltweit an zweiter Stelle stehen und Europa vergleichsweise geringe Anteile hält, zeigt sich bei Nickel und Kobalt ein umgekehrtes Bild. Besonders betroffen von Firmenübernahmen sind Australien, Indonesien und die Demokratische Republik Kongo - Schlüsselregionen für den Abbau von Lithium, Nickel und Kobalt.

So stammen 74 Prozent des weltweiten Lithiums aus Australien und Chile, die größten Anteile an der Produktion halten jedoch chinesische (29 Prozent) und US-amerikanische Unternehmen (26 Prozent). Europa hat dagegen keine nennenswerten Anteile an Lithium im Ausland. "Diese Entwicklungen unterstreichen den globalen Wettbewerb um kritische Rohstoffe und die strategische Neuausrichtung der Wertschöpfungsketten", sagt Lux.

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Optionen zur Reduzierung der Abhängigkeit von China

Exportrestriktionen im Falle geopolitischer Konflikte hätten weitreichende Auswirkungen auf die Stabilität der globalen Batterielieferkette. Mögliche Hebel für eine sichere und souveräne Batterielieferkette in Europa sind nach Ansicht der Autoren Investitionen in den Ausbau eigener Raffineriekapazitäten, die Förderung strategischer Rohstoffpartnerschaften und die Stärkung der lokalen Kreislaufwirtschaft.

Das gemeinsame Paper von Forschenden des Fraunhofer FFB und der Universität Münster basiert auf einer umfassenden Datenanalyse. Dazu wurden die Eigentumsverhältnisse entlang der globalen Lithium-Ionen-Batterie-Lieferkette analysiert und mit der geografischen Verteilung der Produktionsanteile verglichen. Ziel der Studie ist es, ein ganzheitliches Bild der aktuellen Machtstrukturen in der Branche zu zeichnen.

Übersicht: Eigentumsverhältnisse und Produktionsanteile in der Lieferkette

Für die vier untersuchten Rohstoffe Lithium, Nickel, Kobalt und Mangan ergibt sich ein differenziertes Bild der globalen Besitz- und Einflussverhältnisse:

Lithium: 74 Prozent des weltweiten Lithiums stammen aus Australien und Chile. Nichtsdestotrotz halten Unternehmen wie 'Tianqi Lithium' aus China und Albemarle aus den USA die größten Anteile an der weltweiten Produktion, wobei China auf 29 Prozent und die USA auf 26 Prozent kommen. Europa besitzt nahezu keine Lithiumanteile im Ausland. Eigenanteile sind vernachlässigbar und beschränken sich bisher auf das 'Baroso Lithium' -Projekt in Portugal, das lediglich 0,4 Prozent der Produktion ausmacht.

Nickel: Obwohl 30 Prozent der weltweiten Nickelproduktion in Indonesien stattfindet, liegt der Anteil indonesischer Unternehmen an der Gewinnung bei weniger als fünf Prozent. Von der restlichen Produktion in Indonesien sichern sich chinesische Unternehmen, beispielsweise. Tsingshan, 86 Prozent, wodurch China in Verknüpfung mit der inländischen Produktion die größte Kontrolle (32 Prozent) über die Nickelproduktion hält. Zu den einflussreichsten Regionen nach China zählen Europa, die Philippinen und Russland, die zusammen knapp über 40 Prozent der weltweiten Produktion kontrollieren.

Kobalt: Lokale Unternehmen kontrollieren nur fünf Prozent der Minen, obwohl 68 Prozent der weltweiten Produktion in der DR Kongo dort stattfinden. China (47 Prozent) und Europa (47 Prozent) dominieren die dortige Produktion – mit Akteuren wie CMOC, Glencore und Eurasian Resources Group (ERG). Abseits der chinesischen und europäischen Kontrolle sind die Philippinen, Russland und Kuba einflussreich (zwölf Prozent).

Mangan: Australien weitet seinen Einfluss durch die Akquise von mehr als der Hälfte südafrikanischer Abbaurechte mittels der Unternehmen 'South 32' und 'Jupiter Mines' auf insgesamt 25 Prozent aus. Südafrika liegt mit 20 Prozent an zweiter Stelle, gefolgt von Europa, das insgesamt auf einen Anteil von 16 Prozent an der weltweiten Manganproduktion kommt. Diese Anteile erstrecken sich über Minen in Australien, Gabun und der Ukraine, die von 'Anglo American', Eramet und der ERG erworben wurden.

Quelle: Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertigung Batteriezelle FFB

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