Am eLab der RWTH Aachen versuchen Forscher Wege zu finden, eine automatisiertes Demontage von Batterien zu ermöglichen, da diese bisher noch rein manuell ausgeführt werden kann und somit kostenintensiv ist.

Am eLab der RWTH Aachen versuchen Forscher Wege zu finden, eine automatisiertes Demontage von Batterien zu ermöglichen, da diese bisher noch rein manuell ausgeführt werden kann und somit kostenintensiv ist. (Bild: Dietmar Poll)

Im Rahmen des Recyclings gebrauchter Lithium-Ionen-Batterien läuft die Demontage noch zu einem großen Teil manuell ab. Inwieweit hier eine Automatisierung möglich sein kann, beschreiben Forscher des eLAB der RWTH Aachen.

Zu beachten ist dabei die neue EU-Batterieverordnung 2023, die die Kreislaufwirtschaft, Ressourcennutzung und -effizienz sowie den Lebenszyklus von Batterien bezüglich Klimaneutralität und Umweltschutz verbessern soll.

Ein wesentlicher Aspekt darin ist das Recycling ausgedienter Akkumulatoren. Valentin Mussehl vom Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen beschreibt, wie dies in Zukunft aussehen könnten: „Kommt zum Beispiel ein VW ID.3 in zehn Jahren zum Recycling, wird zuerst das Batteriesystem entnommen. Die Batterie muss tiefenentladen werden, damit keine Spannung mehr vorhanden ist. Anschließend wird optimalerweise automatisiert demontiert. Im Anschluss daran werden diese demontierten Module oder Zellen mechanisch aufbereitet, um die sogenannte schwarze Masse – wobei es sich um Pulver handelt - herzustellen. Diese kann dann im chemischen Recycling aufbereitet werden.“

Valentin Mussehl vom Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen
Zitat

Es gibt den Battery Passport, den digitalen Zwilling, der für jede Batterie erstellt werden soll. Wenn man das auf System-Ebene denkt, wäre es möglich, in der Demontage auszulesen, ob eine Batterie automatisiert demontierbar ist oder nicht, weil die Anforderungen an die Demontage in dem digitalen Zwilling hinterlegt sind.

Valentin Mussehl vom Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen
(Bild: RWTH Aachen)

Erst nach der Demontage sind die Prozesse automatisiert

Stand heute sind aber erst die Prozesse nach der Demontage automatisiert, wie Timon Elliger, Research Assistant Battery Components & Recycling beim PEM der RWTH, darstellt: „So gibt es verschiedene Siebprozesse und andere Separationsprozesse, um die Batteriematerialien beispielsweise von Aluminium oder anderen Fremdstoffen zu trennen.“

Was laut den Forschern aktuell noch gar nicht automatisiert ist und woran sie forschen, um es zumindest teilweise zu automatisieren, ist die Demontage. „Das heißt, das Auseinandernehmen dieser Batterie-Packs. Diese können noch nicht automatisiert demontiert werden, weil es schwer vorhersagbar ist, was da eigentlich vor dem Roboter liegt. Denn jede Batterie ist anders, jedes Batteriesystem sieht erst mal anders aus“, beschreibt der Forscher.

So hat ein Recycler keinen Bauplan von den Batterien. „Man muss zuerst klären, wie diese überhaupt zu öffnen sind. Wo muss ich welche Schrauben lösen? Wo ist vielleicht irgendwas verklebt? Wo muss ich dementsprechend vielleicht etwas schneiden?“, fragt Elliger.

Sämtliche Batterie-Packs unterscheiden sich voneinander

Diese Komplexität kann laut Elliger im Moment noch nicht von Robotern abgebildet werden und deswegen wird grundsätzlich nur manuell demontiert. „Ein händischer Prozess beinhaltet, dass zwei Arbeiter sehr lange jede Batterie auseinandernehmen, was der kostenintensivste Punkt im Recycling ist“, beschreibt Elliger.

Das ist auch notwendig, weil alle Batterie-Packs unterschiedlich sind. „Da wird mit Hartplastik, teilweise Schaum oder Klebedichtung gearbeitet.  Zusätzlich zu diesen verschiedenen Materialien haben Batterien verschiedene Formen“, so Elliger.

Nachdem jede Batterie auch von außen völlig anders aussieht, „ist das im Moment über automatisierte Prozesse noch nicht abbildbar. Deswegen reden wir immer von der sogenannten Teilautomatisierung, weil wir nicht davon ausgehen, dass es in den nächsten zehn Jahren so kommen wird, dass Roboter das komplett allein erledigen können“, sagt Elliger. Aber es ist laut dem Forscher denkbar, dass Roboter gewisse Arbeitsschritte übernehmen können – sei es zum Beispiel erst einmal 60, 70 oder 80 Schrauben zu lösen.

Automatisierungsgrad mittels Robotern Stück für Stück erhöhen

Wenn Roboter diese Aufgaben zukünftig automatisiert erkennen und lösen, „dann hat der Mitarbeiter vielleicht schon deutlich weniger zu tun und kann sich währenddessen um ein anderes Batteriepack kümmern“, hofft Elliger.

Genauso könnte es in Zukunft sein, dass der Roboter selbstständig weitermacht, indem er über Bilderkennung versucht, die nächsten Schritte zu erledigen. „Sobald er an ein Problem kommt, meldet er sich und dann kann ein Mitarbeiter hinzukommen, diesen Prozessschritt für den Roboter übernehmen und danach wieder an den Roboter übergeben, sodass ein Mitarbeiter eventuell drei Roboterstationen zeitgleich betreuen kann“, blickt Elliger in die Zukunft.

Das sind Modelle, wie der Automatisierungsgrad Stück für Stück erhöht werden kann. „Bis dieser Prozess komplett automatisiert ist, wird es auf jeden Fall noch sehr lange dauern“, schränkt Elliger ein.

Battery Passport liefert Anleitung für Roboter

Mussehl verweist in diesem Zusammenhang auch auf andere Ziele: „Es gibt den Battery Passport, den digitalen Zwilling, der für jede Batterie erstellt werden soll. Wenn man das auf System-Ebene denkt, wäre es möglich, in der Demontage auszulesen, ob eine Batterie automatisiert demontierbar ist oder nicht, weil die Anforderungen an die Demontage in dem digitalen Zwilling hinterlegt sind“, erläutert Mussehl. Diese Entwicklung wäre in der automatisierten Demontage laut ihm möglich.

Elliger verweist darauf, dass dies jedoch in der aktuellen Batterieverordnung noch nicht vorgegeben ist, dass die Hersteller Demontageanleitungen zur Verfügung stellen müssen. „Aber wenn ein Roboter zum Beispiel schon einige Audi-Packs zerlegt hat, dann kann er sich merken, wie das in der Vergangenheit funktioniert hat, so dass es wieder Lernkurven gibt. Wenn man allerdings betrachtet, wo wir aktuell stehen, braucht man schon sehr viel Fantasie, um davon auszugehen, dass die Demontage in zehn Jahren komplett automatisiert stattfindet“, gibt Elliger zu Bedenken.

Die automatisierte Demontage von Batterien von Elektroautos ist noch schwierig, weil sich alle Batterie-Packs der jeweiligen Hersteller voneinander unterscheiden.
Die automatisierte Demontage von Batterien von Elektroautos ist noch schwierig, weil sich alle Batterie-Packs der jeweiligen Hersteller voneinander unterscheiden. (Bild: Dietmar Poll)

Mit Schaum ausgefüllte Batteriesysteme kaum trennbar

Auch Mussehl äußerst sich eher skeptisch, denn „aus der Industrie höre ich, dass sie erstmal nicht an eine vollständige Automatisierung glaubt. Nichtsdestotrotz ist allen klar, in diese Richtung gehen zu müssen, weil es die Demontage deutlich günstiger und schneller macht.“

Elliger erklärt zudem, dass nicht jedes Batterie-Pack demontierbar ist. „So fährt Tesla den Ansatz, das komplette Batteriesystem mit einem Schaum auszufüllen, der dann aushärtet. Das ist für die Batterie im Betrieb von Vorteil, weil sie in sich sehr steif wird. Man spricht dann auch von der strukturellen Batterie, denn sie kann selbst Kräfte aufnehmen, wodurch sich Tesla sogar Teile der Außenhülle spart, da die Batterie selbst Teil der Struktur des Autos ist“, erläutert Elliger.

Timon Elliger, Research Assistant Battery Components & Recycling beim PEM der RWTH Aachen
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Tesla fährt den Ansatz, das komplette Batteriesystem mit einem Schaum auszufüllen, der dann aushärtet. Die Schwierigkeit dabei ist, dass dieser Schaum kaum trennbar ist. Demnach lässt sich eine Tesla-Batterie nur schreddern und nicht demontieren. Setzen sich solche Ansätze dauerhaft im Markt durch, brauchen wir gar nicht mehr von Demontage zu sprechen, weil dann nichts zu demontieren ist.

Timon Elliger, Research Assistant Battery Components & Recycling beim PEM der RWTH Aachen
(Bild: RWTH Aachen)

Die Schwierigkeit dabei ist jedoch, dass dieser Schaum laut Elliger kaum trennbar ist. „Demnach lässt sich eine Tesla-Batterie nur schreddern und nicht demontieren. Setzen sich solche Ansätze dauerhaft im Markt durch, brauchen wir gar nicht mehr von Demontage zu sprechen, weil dann nichts zu demontieren ist“, warnt Elliger. Das macht das gesamte spätere Recycling deutlich schwieriger, schlechter und ineffizienter.

„Da wurde im Zuge der EU-Batterieverordnung auch viel diskutiert, ob da Verbote sinnvoll sind. Doch die Angst ist groß, in einem so innovativen und sich schnell entwickelnden Markt über harte Verbote vielleicht Technologiechancen zu verpassen. Deswegen wurde da sehr wenig reguliert.“

Elliger sieht darin eher einen Fehler, weil dies für das Recycling ungeeignet ist. „Und ja, da muss sich zeigen, wie später Batteriepacks von Tesla recycelt werden können“, findet der Forscher.

Hydrometallurgischer Recyclingpfad

Nach der Demontage folgt der chemische Prozess des Recyclings. Die Rede ist von der Hydrometallurgie. „Wir versuchen die Batterie erst mechanisch, also mit einem Schredder und mit Separationsschritten zu einem schwarzen Pulver zu bringen. Dieses wird dann chemisch Stück für Stück aufgelöst, bis die einzelnen Batteriesalze vorliegen“, beschreibt Elliger. Das ist der hydrometallurgische Recyclingpfad.

Alternativ dazu gibt es den pyrometallurgischen Recyclingpfad, der über Hitze funktioniert. Elliger dazu: „Dabei wird die Batterie auf 1.600 Grad erhitzt, damit die Metalle ihren Schmelzpunkt erreichen und die Nichtmetalle verdampfen.“ Bei diesen Prozessen wird alles Elektrolyt verdampft und das Graphit verbrannt, aber die Metalle werden nur geschmolzen. Diese haben unterschiedliche Schmelzpunkte und können so separiert werden. „Dann bekommt man eine Legierung, in der zum Beispiel Nickel und Kobalt vorhanden sind und der Rest in einer Art Schlacke, die dann meist nicht weiterverwendet wird oder aufwendig chemisch weiterverarbeitet werden muss“, führt Elliger aus.

Welche Stoffe nach dem Recycling wiederverwendet werden können

Pyrometallurgische Prozesse sind laut Elliger zwar einfacher und oft auch billiger, aber sie haben eine viel niedrigere Effizienz. „Somit bekommen wir von unseren Rohstoffen weniger zurück. Denn Graphit verbrennt komplett, Lithium ist schwer zurückzugewinnen und der Elektrolyt wird einfach verbrannt“, sagt Elliger.

Somit ist die thermische Verwertung hoch und der Verwerter erhält die Metalle zurück. „Das ist auch auf Batteriepack-Ebene möglich, denn diese Öfen können groß sein und lassen auch die Verwertung ganzer Batterie-Packs zu. Das wäre somit eine Möglichkeit, Tesla-Packs zu recyceln“, erläutert Elliger.

Nachdem die Recycling-Effizienz in diesem Fall niedriger ausfällt, „bekommen wir entsprechend weniger von unseren Rohstoffen zurück. Das wiederum kann eine Schwierigkeit sein, weil in der EU-Batterie-Verordnung auch Mindest-Recycling-Effizienzen pro Rohstoff vorgesehen sind“, gibt Elliger zu Bedenken.

Mussehl führt aus, dass „wir für das Recycling berechnet haben, welche Stoffe wieder in der nächsten Batterie verwendet werden können. Das sind üblicherweise Nickel und Kobalt als Sulfate bei einer NMC-Batterie.“ Nickel-Sulfat ist ein türkises Salz, Kobalt-Sulfat sieht rostig-rötlich aus. „Lithiumcarbonat kann man auch direkt aus dem Recycling mit der richtigen Einstellung wiedergewinnen. Mangan wird wieder der Mangan-Produktion zugeführt, also nicht direkt der Batterie, es kann aber auch wiederverwertet werden“, beschreibt Mussehl.

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30 bis 40 Prozent einer gesamten Batteriezelle direkt wiederverwendbar

Grafit und Kupfer – soweit vorhanden - werden meistens in anderen Industrien verwendet. „Das macht tatsächlich nach unseren Berechnungen weniger als 20 Prozent aus, die man direkt wieder für einen Batteriepack verwenden kann. 30 bis 40 Prozent einer gesamten Batteriezelle kann man dank des Recyclings direkt wiederverwenden. Der Rest geht nicht verloren, sondern in andere Recyclingpfade und somit wird eine hohe Recyclingeffizienz von über 80 Prozent der Zelle erreicht“, rechnet Mussehl vor.

Elliger weist darauf hin, dass immer von der Zelle die Rede ist. „Denn im gesamten Batteriepack macht die Hülle der Batterie einen Großteil der Masse aus. Die besteht oft aus Aluminium, das sehr einfach zu recyceln ist. Aber es ist halt nur das Aluminium und betrifft nicht die eigentliche Batteriezelle.“

Das Recycling von Batterien – egal von welchem Hersteller - ist somit technisch möglich. Inwieweit es wirtschaftlich sinnvoll ist, ist wiederum unterschiedlich. „Denn bei der NMC-Batterie ist es aktuell so, dass es sich derzeit nicht lohnt. Aber in den nächsten drei bis vier Jahren wird es sich finanziell lohnen, diese Batterie zu recyceln.“, beschreibt Elliger.

LFP- und auch bei Natrium-Ionen-Batterien weniger wertvoll

Ganz anders sieht es hingegen bei LFP- und auch bei Natrium-Ionen-Batterien aus. „Denn bei diesen Batterietypen sind die Ausgangsstoffe deutlich günstiger. Wir reden von einem Bruchteil des Werts von NMC, doch der Recyclingprozess ist ähnlich. Dann habe ich gleiche Kosten im Verhältnis zu sehr viel niedrigeren Umsätzen“, weiß Elliger.

Lediglich über Regularien ließe sich dafür sorgen, solche Batterien zu recyceln, einfach weil es technisch möglich ist. „Dann muss man sich aber klar machen, dass dieses Recycling auch die Batterieproduktion verteuert“, unterstreicht Elliger.

Dietmar Poll, Redakteur mi connect
(Bild: mi connect)

Der Autor Dietmar Poll ist Redakteur bei mi-connect und fokussiert sich auf Themen rund um die klimaneutrale Industrie. Nach einem Geographiestudium (ja, er wollte die Welt retten) und mehrjähriger Arbeit als wissenschaftlicher Angestellter wechselte er in den Fachjournalismus, arbeitete in verschiedenen Verlagen und betreute dort unterschiedlichste Ressorts. Spannend findet er, bei der Recherche die Geschichte hinter der Geschichte zu entdecken. Privat erwischt man in häufig auf seinem Mountainbike durch die Berge rumpeln.

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