Die Batteriefertigung in Europa ist noch durch eine hohe Ausschussrate geprägt. Doch es gibt nicht die eine Lösung, sondern es muss an vielen Stellschrauben gedreht werden, um die Fertigung kosteneffizienter sowie mit einem kleineren CO2-Fußabdruck zu gestalten.

Die Batteriefertigung in Europa ist noch durch eine hohe Ausschussrate geprägt. Doch es gibt nicht die eine Lösung, sondern es muss an vielen Stellschrauben gedreht werden, um die Fertigung kosteneffizienter sowie mit einem kleineren CO2-Fußabdruck zu gestalten. (Bild: IM Imagery - stock.adobe.com)

Am eLAB der RWTH Aachen loten die Forschenden gerade aus, wie sich die Produktion von Batteriezellen günstiger gestalten lässt und wie sich die hohe Ausschussrate reduzieren lässt. Dazu erklärt Timon Elliger, Research Assistant Battery Components & Recycling beim Lehrstuhl PEM der RWTH, dass sich die Batteriezellfertigung von morgen nicht radikal von der heutigen unterscheiden wird. „Wir können zeigen, wie aktuell Batterien gefertigt werden und darüber hinaus haben wir Teile in unserer Pilotfertigung, die innovativen Charakter haben und die aktuell so in Serie nicht eingesetzt werden. Es ist aber nicht so, dass plötzlich ein völlig neuer Prozess entstehen wird.“

Ist der aktuelle Prozess verstanden und aufgezeigt, lasse sich herausfinden, welche Teile dieses Produktionsprozesses eventuell durch andere Prozesse ersetzt werden können. „Das gilt ja nicht nur für die Batterie, sondern überall wird durch Digitalisierung in der Produktion versucht, Prozessdaten aufzunehmen und diese dann zu optimieren“, sagt Elliger.

Trocknungsprozess in der Batterieproduktion sehr platzintensiv

Veränderungen bei der Batterieproduktion wären vor allem bei dem platzintensiven Trocknungsprozess nötig. So liegt laut Elliger der größte Hebel beim Produktionsprozess der Anode und Kathode, wobei auf die Elektrodenfolien die Paste (Slurry) aufgetragen und getrocknet werden muss. Die Folie durchläuft in einer Massenproduktion kontinuierlich mehrere Bearbeitungsschritte. „Ein aufwändiger Prozess ist das Trocknen, damit das Lösemittel entweichen kann", beschreibt Elliger.

Damit das schnell laufende Band einige Minuten erhitzt werden kann, braucht es einen sehr langen Ofen. „Das führt dazu, dass aktuell in der Batterieproduktion der allergrößte beziehungsweise längste Teil der Ofen ist. Das ist nicht nur platzmäßig höchst ineffizient, sondern auch höchst energieintensiv“, findet Elliger. Die Trocknung ist demnach ein Produktionsschritt, bei dem viel Energie benötigt wird und womit große CO2-Emissionen verbunden sind.

Trocknung mittels Laser deutlich kostengünstiger

Doch Elliger beschreibt, wie sich der Prozess verbessern lässt. „Ein möglicher Ansatz ist die Lasertrocknung, indem man mit dem Laser entweder komplett trocknet oder vortrocknet. Da ist auch das größte Potenzial, um die Produktion kostengünstiger und weniger CO2-intensiv zu machen“, so Elliger. Valentin Mussehl ergänzt dazu, dass man „mittels Lasertrocknung die Energie zum Trocknen viel gezielter dahin lenken kann, wo man sie haben will - nämlich auf die Elektrode. Wir wollen gezielt die Elektroden trocknen und nicht die gesamte umliegende Luft beheizen.“

Die Laserbeschichtung würde demnach einen Teil des Trockenprozesses ersetzen, lediglich die Paste müsste noch feucht aufgetragen und getrocknet werden. „Meines Wissens produziert noch kein Batteriehersteller mit Lasertrocknung, sondern da laufen Forschungsprojekte - auch bei uns“, erklärt Mussehl.

Trockenbeschichtung spart Trocknungsprozess komplett ein

Ein Weg, den Trocknungsprozess komplett zu umgehen, ist die Trockenbeschichtung. „Das versucht Volkswagen jetzt. Die Alternative ist somit, gar nicht feucht aufzutragen, sondern direkt fest aufzutragen. Das hat andere Herausforderungen. Und VW hat angekündigt, demnächst so produzieren zu wollen“, sagt Elliger.

Valentin Mussehl vom Lehrstuhl für Production Engineering of E-Mobility Components (PEM) der RWTH Aachen fügt hinzu, dass „das Trockenmaterial vom Prinzip her genauso aufgetragen wird, wie feuchtes Material, also durch Sprühbeschichtung. Die Schwierigkeit daran ist, dass sich Trockenmaterial deutlich schlechter binden lässt und der Prozess somit volatiler ist. Somit ist es schwieriger, die gleiche Qualität auf der Elektrode zu gewährleisten“, schränkt Mussehl ein.

Laut Mussehl sind sich alle einig, dass die Trockenbeschichtung von Vorteil ist. „Die Batterieproduzenten sehen den Vorteil, allein weil ihre Anlagen deutlich kleiner wären und die Energie zur Trocknung nicht mehr notwendig ist“, erklärt er.

Formierung der Batterie langwierig und energieaufwändig

Elliger fährt darauf mit dem Thema Formierung fort: „Andere Energieeinträge lassen sich nicht ganz so deutlich vermindern, wie bei der Trocknung. Ein weiterer großer Energieverbraucher ist die Formierung. Da geht es nicht um den Platz, stattdessen ist es ein Zeitthema.“

Fehlproduktionen müssen früher erkannt werden

Mussehl wiederum sieht großes Verbesserungspotenzial in der Produktion, Fehlproduktionen viel früher zu erkennen: „Denn ein Problem ist tatsächlich, dass Fehlproduktionen oft erst nach der Formierung auffallen.“ Demnach wurde gegebenenfalls eine fehlerhafte Batterie produziert, was nicht erkannt wurde und dann lagert diese mehrere Tage bis Wochen und wird formiert.

„Erst danach wird klar, dass man über mehrere Wochen eine Batterie eingelagert und aufgeladen hat, diese jedoch von Anfang an defekt war. Somit erhoffen wir uns von der Batterieproduktion der Zukunft, weniger Ausschüsse zu erhalten und vor allem fehlerhafte Zellen bereits am Fehlerort als solche zu erkennen“, betont Mussehl.

Das wiederum ist nicht so trivial, wie Elliger zu verstehen gibt: „Für eingelaufene Fabriken, gerade in China, geht man immer noch von einem Ausschuss von ungefähr fünf bis zehn Prozent aus. Was verglichen mit anderen Industrien extrem viel ist. Dabei sind die Produzenten in China bereits sehr gut darin, Batterien zu produzieren, verglichen mit europäischen Herstellern.“

Extrem hohe Fehlerrate in der Batterieproduktion

In Europa ist man laut Elliger längst noch nicht so weit, „denn gerade während der Hochlaufphase von Batterieproduktionen liegt die Fehlerrate noch deutlich höher, eher Richtung 30 Prozent. Da ist die Batterieproduktion noch höchst verschwenderisch mit ihren Ressourcen.“

Elliger hat aber die Hoffnung, dass durch Lerneffekte, welche die Hersteller jetzt durchlaufen müssen, diese hohen Ausschussraten reduziert werden. Künftig auch durch mehr Digitalisierung und mitunter vereinfachte Prozesse. Denn umso weiter die Ausschussrate verringert wird, desto günstiger werden die Batterien, auch weil weniger Material als Schrott endet. Demnach wären zudem weniger CO2-Emissionen mit den einzelnen Batterien verknüpft.

Elliger beschreibt, dass man allerdings nicht auf einen Prozess mit dem Finger zeigen kann: „Tatsächlich sind die Beschichtung und danach die Trocknung zwei von den Prozessschritten, die anfällig sind. Entlang dieser ganzen Kette kann fast überall etwas schiefgehen, was sich zu den hohen Fehlerraten summiert.“

Kameratechnologie detektiert Fehler in der Batterieproduktion

So müssen viele kleine Schwierigkeiten angegangen werden. „Was irgendwo gut ist, denn so lassen sich überall Fortschritte für eine niedrigere Ausschussrate erzielen. Es gibt aber nicht die eine Silver Bullet, die alle Probleme löst“, verdeutlicht Elliger.

Mussehl wiederum spricht von interessanten Ansätzen, Ausschuss frühzeitig zu erkennen. „So sollen fehlerhafte Komponenten nicht erst den kompletten Produktionsprozess durchlaufen, sondern fehlerhafte Folien oder eine fehlerhafte Beschichtung sollte man sofort ausschießen können. Da reden wir beispielsweise von Kameratechnologie, welche in der Lage ist Fehler zu detektieren“, erläutert Mussehl.

So erlaubt die Kameratechnologie laut Mussehl, entweder Agglomerationen - also kleine Klümpchen - auf der Folie zu erkennen. „Oder sogar Bereiche der Folie, die gar nicht beschichtet wurden. Diese könnten dann direkt ins Recycling gegeben werden, anstatt damit weiterzuarbeiten“, denkt Mussehl laut nach.

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Späte Fehlererkennung defekter Batterien erhöht CO2-Fußabdruck

Da geht es laut Mussehl nicht nur um die Verbesserung des Prozesses, sondern auch um die bessere Erkennung von fehlerhaften Folien. „Denn die Zeit bis zur verspäteten Fehlererkennung kostet viel Geld und erzeugt letztlich auch höhere Gesamtemissionen“, so Mussehl.

Als Erklärung für die noch recht hohe Ausschussrate verweist Mussehl auch darauf, dass die Industrie die Herstellung der Batterien in so einem großen Maßstab noch gar nicht so lange praktiziert. „Erst seit wenigen Jahren reden wir überhaupt von der Gigawatt-Skala innerhalb der Produktion. Anfang des letzten Jahrzehnts haben wir noch über Megawatt-Factories gesprochen. Das entspricht dem Faktor 1.000“, rechnet Mussehl vor.

Die Fabriken sind mittlerweile schon gigantisch groß geworden. „Dadurch sinkt auch zum Teil der CO2-Fußabdruck um das 10- bis 20-fache. Aber Industrien mit Ausschussraten von ein paar wenigen Prozent machen ihre Prozesse auch schon um Jahrzehnte länger“, verdeutlicht Mussehl.

Lernkurve bei der Batteriefertigung nicht abgeschlossen

Elliger zieht noch den Vergleich zur Automobilfertigung, bei der mit über 100 Jahren Erfahrung die aktuellen Kostenpunkte erreicht worden sind. „Die Lithium-Ionen-Batterie hingegen wurde konzeptionell erst in den 90ern erfunden. „sagt Elliger.

Selbst die langjährigsten, erfahrensten Hersteller können laut Elliger maximal 20 Jahre Erfahrung mit dieser Technologie haben. „Dementsprechend wird es auch bei der Batteriefertigung zwangsläufig wie bei jeder andere Technologie eine Lernkurve durch den Zeitfaktor geben. Jedes Jahr gibt es positive Entwicklungen, so steigt die Energiedichte und die Kosten sinken. Es ist einfach eine Frage der Zeit, aber die Leute sind ungeduldig“, beschreibt Elliger.

Chemische Prozesse geben Limits bei der Batteriefertigung vor

Mussehl vergleicht die Fertigung von Mikrochips und Batterien, was die Qualität und die Steigerung über die Jahre angeht. „Bei den Mikrochips hat man alle zwei Jahre eine Verdopplung der Leistung erreicht, indem sie immer dichter gepackt werden konnten. Das wiederum ist bei Batterien aufgrund der chemischen Prozesse nicht möglich. Da ist man an andere Limits gebunden“, erklärt er.

Schnelle Verbesserungen, wie eine höhere Energiedichte, hat es laut Mussehl vor allem durch wesentlich mehr Investitionen gegeben. „Dafür, dass es sich um eine reife Technologie handelt, die ja schon in Serienfahrzeugen verwendet wird, gibt es immer noch sehr viel Entwicklungen auf der Zellebene von Batterien. Da ist auf jeden Fall der Zenit noch nicht erreicht, was Energiedichte und Leistung angeht“, unterstreicht Mussehl.

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Dietmar Poll, Redakteur mi connect
(Bild: mi connect)

Der Autor Dietmar Poll ist Redakteur bei mi-connect und fokussiert sich auf Themen rund um die klimaneutrale Industrie. Nach einem Geographiestudium (ja, er wollte die Welt retten) und mehrjähriger Arbeit als wissenschaftlicher Angestellter wechselte er in den Fachjournalismus, arbeitete in verschiedenen Verlagen und betreute dort unterschiedlichste Ressorts. Spannend findet er, bei der Recherche die Geschichte hinter der Geschichte zu entdecken. Privat erwischt man in häufig auf seinem Mountainbike durch die Berge rumpeln.

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