Wer heute noch der Auffassung ist, ein Formel-1-Rennwagen sei nichts anderes als ein mordsgroßer Motor mit einem Lenkrad und vier Reifen, der ist mental in der Ära von Stirling Moss oder Wolfgang Graf Berghe von Trips stehengeblieben. Bei den hochmodernen Fahrmaschinen der heutigen Zeit ist mehr Elektronik verbaut als in so manchem mittelständischen Unternehmen. Denn heute sind es das Wissen um das Verhalten des Fahrzeugs auf der Strecke, den Zustand jeder einzelnen Komponente des Autos und wie der Bolide mit der Strecke harmoniert, die ein Rennen entscheiden.
Schnelle Datenübertragung macht das Auto schneller
Das wissen auch die Ingenieure rund um Clare Lansley, CIO des Aston Martin Formel 1 Teams. Für sie muss die IT des Teams einen elementaren Zweck erfüllen: „Die Fracht schneller machen“. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet Lansley mit dem Softwareunternehmen NetApp zusammen. Ziel der Partnerschaft ist es, den komplexen Rennbetrieb des Teams digital zu transformieren, indem die vorhandenen Daten für die optimale Rennstrategie genutzt werden und dazu hochperformante Cloud-Lösungen eingesetzt werden. Dazu setzt Aston Martin F1 datengesteuerte Lösungen von NetApp ein, die dem Team helfen, Daten in Echtzeit zu sammeln, zu speichern und zu analysieren, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.
Wie Lansley erklärt, verfügt ein Aston Martin F1 über etwa 300 Sensoren, die kontinuierlich Daten über Temperaturen, Verschleiß, Geschwindigkeiten und andere Leistungsparameter liefern. Die Sensoren sind an verschiedenen Stellen im Auto angebracht und können in drei Kategorien eingeteilt werden: Sensoren für die Instrumentierung, Sensoren für die Überwachung und Sensoren für das Fahrerverhalten. Auch die Formel-1-Reifen verfügen über bis zu 26 Sensoren, die in Echtzeit Informationen über Zustand, Druck und Temperatur liefern. Und das bei einem Topspeed von 360 km/h und bei jeder Witterung.
Daten in Echtzeit übertragen und mit KI analysieren
Die Sensoren des Aston Martin Rennwagens werden von den Ingenieuren in Lansleys Team und anderen Abteilungen genutzt, um Daten über verschiedene Aspekte der Fahrzeugleistung zu sammeln, darunter Temperatur, Verschleiß, Geschwindigkeit und Fahrerverhalten. Die Sensoren generieren Telemetrie- und Protokolldaten aus dem Auto selbst, überwachen aber auch das Fahrerverhalten, was für die Teams ein hervorragendes Instrument ist, um den Fahrern quantifizierbares Feedback zu geben, wie sie ihr Fahrverhalten verbessern können.
Die von den Sensoren gesammelten Daten werden von Ingenieuren und Fahrern analysiert und eingesetzt, um die Fahrzeugleistung zu optimieren, Änderungen vorzunehmen und das Fahrverhalten zu verbessern. Zu den spezifischen Arten von Sensoren, die im Auto verwendet werden, gehören Instrumentensensoren wie Druck- und Kraftstoffdurchflusssensoren, Überwachungssensoren, die Meldungen über den Zustand der Fahrzeugsysteme senden, und Sensoren für das Fahrerverhalten. Diese Informationsflut wird in Echtzeit mit datengesteuerten Lösungen von NetApp aus Basis von KI analysiert, um dem Team zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden auch für zukünftige Saisons ausgewertet und aufbereitet.
Das Fahrzeug generiert nicht nur Telemetrie- und Log-Daten der Technik selbst, sondern überwacht auch das Verhalten der Fahrer, was den Teams ein exzellentes Instrument an die Hand gibt, um den Piloten quantifizierbares Feedback zu geben, wie sie ihr Fahrverhalten verbessern können. Die wertvollen Daten werden in mobilen Rechenzentren gespeichert.
Die Entwicklung der Telemetrie in der Formel 1
NetApp hat verschiedene Technologien beim Aston Martin F1 Team implementiert, darunter
- FlexPod-Technologie: FlexPod ist eine vorgefertigte, integrierte und validierte Architektur, die Cisco Unified Computing System (Cisco UCS) Server und NetApp AFF Storage kombiniert. Es handelt sich um ein definiertes Set von Hardware und Software, das eine integrierte Grundlage für virtualisierte und nicht-virtualisierte Lösungen bildet. FlexPod XCS basiert auf einem wachsenden Portfolio von Referenzarchitekturen, die NetApp Storage, Cisco Nexus/MDS Networking, UCS Compute und die Intersight Cloud Operations Platform kombinieren. Die FlexPod Technologie von NetApp und Cisco wird vom Aston Martin F1 Team eingesetzt, um den Remote-Betrieb an der Rennstrecke zu unterstützen und gleichzeitig Kosten und Emissionen zu reduzieren. Die Technologie ist für den Betrieb des Teams an der Rennstrecke von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht es dem Team, seine Rennstrategie zu optimieren, indem Daten effizient erfasst, gespeichert und analysiert werden. Mit der FlexPod Technologie von NetApp konnte das Aston Martin F1 Team seine Betriebsabläufe verbessern, Kosten und Emissionen reduzieren und seine Rennstrategie optimieren.
- Cloud-Dienste: Die Partnerschaft mit NetApp stellt dem Aston Martin Team hochwertige Daten- und Cloud-Services zur Verfügung, mit denen das Team die Vorteile der Cloud nutzen und seinen komplexen Rennbetrieb digital transformieren kann.
- Datenanalyse in Echtzeit: Die Technologie von NetApp ermöglicht es dem Team, Renndaten zu empfangen, zu speichern und zu übertragen, um sie in Echtzeit und nach dem Rennen zu analysieren. Auf diese Weise kann ein Team von mehr als 60 Personen die Daten analysieren und technische Änderungen an den Fahrzeugen vornehmen – teilweise während des Rennens.
So kann das Team potenzielle Verbesserungen des Fahrverhaltens in Echtzeit identifizieren und Daten effizient sammeln, speichern und analysieren.
Daten schneller in die Fabrik transferieren
„Einfach gesagt, hilft uns die Technologie dabei, unsere Daten schneller von Fahrzeug in die Entscheidungszentren wie den Leitstand an der Strecke, die Box und auch unsere Fabrik zu transferieren“, erklärt CIO Lansley. Der Weg der Daten führt dabei vom Auto über das Funknetz der FIA in die Rechner an der Strecke. Dort werden Sie dann für die Renningenieure je nach Zuständigkeit entsprechend aufbereitet. Sogar bis in die Fabrik des Teams in der Nähe der britischen Rennstrecke Silverstone werden die Daten geleitet. „Dort sitzen ebenfalls Ingenieure, dort ist der Windkanal und sogar ein weiterer Fahrer im Simulator, der etwaige Änderungen oder Umstände sofort nachvollziehen oder testen kann“, erklärt Lansley.
Datenübertragung von Australien nach England
Die Übertragung der Daten erfolgt dabei weltweit. „Auch bei einem Rennen in Australien werden die Daten bis nach England übertragen“ sagt Piero Gallucci, Vice President und General Manager von NetApp für das Vereinigte Königreich und Irland. „Dementsprechend schnell muss es gehen und dabei helfen unsere Technologien.“
Dazu setzen das Aston Rennteam und NetApp auf moderne Datenmanagementlösungen, um die Möglichkeiten von Telemetrie und Analytik voll auszuschöpfen. „Durch die Verwendung von Containern mit Kubernetes und NetAppTrident Storage Orchestrator von Astra kann das Aston Martin F1 Team die riesigen Datenmengen nutzen, um jede Millisekunde herauszuholen“, sagt Gallucci. Dass dabei Ausfälle der Übertragung oder der Analytik keine Option ist, ist klar. Sonst wären die Fahrer wie einst Stirling Moss auf das älteste aller analytischen Werkzeuge angewiesen: das Popometer.
Die neue Fabrik von Aston Martin Formula 1
Das Formel 1 Team von Aston Martin hat über 200 Millionen Euro in seine neue Fabrik in der Nähe der britischen Rennstrecke Silverstone investiert. Der neue Campus, wie das Gelände genannt wird, ist mit den neuesten technologischen Innovationen ausgestattet: Von hochmodernen Windkanälen bis hin zu hochmodernen Forschungszentren bietet die Anlage alle Ressourcen, die das Team benötigt, um auf höchstem Niveau zu konkurrieren. Im Inneren des Werks befinden sich zahlreiche Einrichtungen, die speziell auf die Bedürfnisse der Formel 1 zugeschnitten sind. Dazu gehören Forschungszentren, Testanlagen, Büroräume und vieles mehr - alles auf dem neuesten Stand der Technik inklusive 5G und top Datenverarbeitung.
Der Autor Stefan Weinzierl ist Chefredakteur bei mi-connect und hat sich auf Aerospace, Rüstung und Spezialmaschinen sowie alles Neue in der Industrie spezialisiert. Ursprünglich hatte er den Rat seines Opas befolgt und "was gscheids" gelernt, doch sein Talent, Storys spannend, hintergründig und verständlich zu erzählen, trieb ihn in den Journalismus. Stefan hat den Journalismus von der Pike auf gelernt: Praktikum, Volontariat, Redakteur, Chef vom Dienst und schließlich Chefredaktion im besten Fachverlag der Welt. Privat findet man ihn eher im Wald mit einem Bogen in der Hand oder am Grill – dann aber mit einem Steak.