"Es ist ein großer Wurf": BMW-Produktionsvorstand Dr. Milan Nedeljković hat in München die Strategie der iFactory als den Masterplan seines Unternehmens zur Automobilproduktion der Zukunft präsentiert. "Und wir starten jetzt damit, ihn umzusetzen," zeigt sich Nedeljković entschlossen. Die BMW iFactory soll dem steigenden Kundenwunsch nach Elektrofahrzeugen Rechnung tragen und ebenso einen erheblichen Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit leisten.
Lean, green, digital – und vor allem höchst flexibel
"Im Zentrum der BMW iFactory steht der Mensch", so Nedeljković. Daher investiere das Unternehmen bereits massiv in eine hochqualifizierte Belegschaft. 50.000 Mitarbeiter seien auf dem Weg, fit für die iFactory zu werden. Im laufenden Transformationsprozess haben sie das ausgeblobte, strategische Zielbild fest im Blick: Die Belegschaft einer iFactory denkt und handelt lean, green und digital - weltweit. Denn: "Die iFactory ist kein singuläres Vorzeigestück", betont Nedeljković, "sondern wird künftig in allen Werken umgesetzt. Im 100 Jahre alten Münchner Stammwerk mit seinen spezifischen Herausforderungen einer urbanen Produktion ebenso wie am jüngsten BMW-Produktionsstandort, der aktuell auf der grünen Wiese im ungarischen Debrecen entsteht".
Wissenswertes rund um Elektromobilität und Batterien
Sie interessiert, was es Neues zu den Themen Elektromobilität und rund um das Thema Batterien gibt? Dann können Ihnen die nachfolgenden Beiträge helfen:
- Recycling von Batterien lohnt sich, vor allem bei hohen Rohstoffpreisen. Zudem fordert die Gesetzgebung bei der Produktion neuer Akkus den Einsatz verwendeter Materialien. Doch was wird aus dem Second Life?
- Während Batterien nur manuell zerlegt werden, ist das nachgelagerte Recycling bereits automatisiert. Doch Forscher der RWTH Aachen arbeiten daran, auch die Demontage mittels Robotern zu automatisieren. Was dabei schon möglich ist und was noch nicht.
- Der Ausschuss bei der Batteriefertigung ist in Europa viel zu hoch. Aber auch die Kosten können reduziert werden. Hier kommen Lösungsvorschläge dafür, wie Trocknung, Formierung und Ausschussrate gewinnbringender umgesetzt werden können.
- Forscher am KIT haben ein Verfahren entwickelt, im Zuge dessen beim Recycling von Lithium-Ionen-Batterien mechanische Prozesse chemische Prozesse induzieren sollen. Das bringt eine höhere Ausbeute an Lithium bei niedrigerem Aufwand sowie mehr Nachhaltigkeit.
- Forscher der RWTH Aachen wagen einen Blick in die Zukunft, aus welchen Materialien die Batterie von morgen bestehen wird. Hier folgt ein Überblick, welchen neuen Technologien mehr Zukunftschancen eingeräumt werden und welchen weniger.
- Mercedes-Benz realisiert eine Recyclinganlage für E-Auto-Batterien. Das mechanisch-hydrometallurgische Verfahren steigert die Recyclingquote auf über 96 Prozent.
- Im Bereich der Elektromobilität besteht enormer Bedarf an Batterie-Tests. Dafür sind vielseitige, energieeffiziente und platzsparende Prüfräume nötig. Ein spezielles Prüflabor für Batterietechnologie ermöglicht dabei mehr Effizienz.
- Elektromobilität: Feststoffbatterien sollen übliche Lithium-Ionen-Batterien künftig in fast allen Leistungsparametern übertreffen. So weit ist die Technologie. Lesen Sie dazu den Beitrag "Mehr Spannung: Festkörperbatterie vs. Lithium-Ionen-Batterie"
- Siliziumkarbid-Halbleiter ermöglichen größere Reichweiten und schnellere Ladevorgänge von E-Autos. Deshalb fertigt Bosch Siliziumkarbid-Chips jetzt in Serie.
- Peter Carlsson war erst Manager bei Tesla. Jetzt will er mit seiner Firma die grünste Batteriezelle der Welt herstellen. Wie das gelingen soll, zeigt dieser Beitrag auf: "Batterie-Pionier: Die Pläne von Ex-Tesla-Manager Carlsson"
- Für die automatisierte Batterieproduktion kooperieren Kuka und Webasto. Roboter übernehmen die Montage der Batteriezellen. Doch der Clou kommt erst noch. Was der Clou ist, lesen Sie im Beitrag "Wie Kuka und Webasto die Batteriefertigung revolutionieren"
- Immer mehr Elektroautos kommen auf den Markt - und damit auch Batterien. OEMs wie Daimler, VW, Audi und BMW haben verschiedene Strategien entwickelt, um gebrauchte Lithium-Ionen-Akkus anderweitig weiterzuverwenden. Auch Recycling bleibt ein Thema. Genaue Infos dazu gibt es im Beitrag "Elektromobilität: Zweites Leben für Lithium-Ionen-Akkus".
Neue Fahrzeugarchitektur setzt konsequent auf E-Antrieb
Mit ihrer Strategie zur iFactory legt die BMW Group die Voraussetzungen für eine grundlegende Transformation: Ab 2025 wird die Neue Klasse in Debrecen produziert. Sie basiert auf einer vollkommen neu konzipierten Fahrzeugarchitektur mit dem klaren Fokus auf einen vollelektrischen Antrieb. Die Neue Klasse soll die erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen, künftige Fahrzeuggenerationen nach den Profitabilitäts- und Qualitätszielen des Unternehmens zu fertigen – weltweit in allen Automobil- und Motorradproduktionen.
Versorgungsengpässen noch schneller abfedern
Hohe Maßstäbe will die BMW Group dabei mit einer hohen Reaktions- und Anpassungsgeschwindigkeit setzen, um laut Nedeljković "vergleichsweise spontan Versorgungsengpässe beziehungsweise Unterversorgung abzufedern und äußerst schnell auf Schwankungen der Nachfrage zu reagieren." In mehrerlei Hinsicht: Die Produktionsstrukturen sind so flexibel, dass verschiedene Antriebsarten und Fahrzeugmodelle auf einer Linie produziert werden können beziehungsweise eine Unterversorgung abfedern und damit schnell auf Schwankungen der Nachfrage reagieren. Zusätzlich sollen Kunden bestimmte Elemente ihrer Fahrzeugkonfiguration noch sechs Tage vor dem Produktionstermin ändern können.
Echtzeit-Daten zu Volumen- und Marktplanung sowie für die Steuerung der Lieferkette und das Bestandsmanagement sollen in Zukunft die weltweite Produktion über den gesamten Fertigungsprozess hinweg noch präziser, transparenter und mit höchster Reaktionsgeschwindigkeit steuern.
Erstes CO2-freies Fahrzeugwerk der BMW Group entsteht in Ungarn
Mit einem Superlativ geht die BMW Group beim Thema Ressourcenschonung an den Start. "Die Position als nachhaltigster Hersteller von Premium-Automobilen" wolle man unterstreichen und zwar über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg: "Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2030 die in der Produktion anfallende CO2-Emission um 80 Prozent im Vergleich zu 2019 zu reduzieren", gibt Nedeljković die Richtung vor. Der Blueprint für eine nachhaltige Automobilproduktion entstehe im ungarischen Debrecen: "Hier verzichten wir bei unseren Produktionsprozessen vollständig auf den Einsatz fossiler Energieträger." Ein bedeutender Anteil wird direkt auf dem Werksgelände produziert, für weitere Anteile will das Unternehmen regenerative und überwiegend regionale Energiequellen nutzen und so für mehr Preisstabilität und Versorgungssicherheit sorgen.
Wettbewerbsvorsprung im Lackierprozess und Karosseriebau
Als weiteres Element nachhaltiger Produktion in der BMW Group gilt die konsequente Zirkularität. Wann immer möglich, wolle man beispielsweise Metallverschnitte und -späne recyceln und wiederverwenden sowie Abwärme von Kühlung in einen Kreislauf einspeisen, um Räume zu heizen und Wasser zu erwärmen.
Einen Wettbewerbsvorsprung konstatiert Produktionsvorstand Nedeljković mit effektiven Lösungen, wie dem Einsatz von Gleichstrom im Karosseriebau, um Solarenergie effizient zu nutzen, der Rekuperation der Bremsenergie von Robotern und einem ressourcenschonender Nass-in-Nass-Lackierprozess – Maßnahmen, die sich bereits im Tagesgeschäft bewähren.
Weltweit beziehen alle Werke ausschließlich Grünstrom, während sich der Standort Leipzig zum Wasserstoff-Kompetenzzentrum entwickelt. Darüber hinaus soll die Verknüpfung aus Eigenerzeugung und Speicherung von Energie mit flexiblen Lastprofilen in der gesamten Produktion dazu führen, dass die Werke der BMW Group unabhängiger gegenüber externen Energielieferanten und äußeren Einflüssen werden.
Neue Dimension der Datendurchgängigkeit
Mit der BMW iFactory treibt auch den Digitalisierungsprozess weiter voran. „Wir schaffen eine neue Dimension der Datendurchgängigkeit entlang der Wertschöpfungskette und über alle Prozessketten hinweg. Aus digitalen Innovationen generieren wir wirksame Use Cases in der Produktion,“ lobt Produktionsvorstand Dr. Milan Nedeljković auch das Engagement der Belegschaft, die den Transformationsprozess aktiv mitgestalte.
Ein bedeutendes Element der Digitalisierung ist die Visualisierung. In einem ersten Schritt werden weltweit alle Produktionsstandorte in einem 3D-Scan bis Ende 2022 vollständig erfasst sein. So können einzelne Anlagen analog Google Streetview vermessen werden. Das Ziel: Die virtuelle Darstellung einer gesamten Fabrik als digitaler Zwilling. Der Schlüssel zu iFactory.
Video: Die BMW iFactory