Industriebrenner: Wasserstoff statt Erdgas?
H2-Rollout revolutioniert die Feuerverzinkung
Grüner Wasserstoff soll die feuerverzinkende Industrie in eine klimaneutrale Zukunft katapultieren. Im Projekt H2Rollout entsteht in einem Kessel von ZINQ die erste Testumgebung, um Erdgas durch Wasserstoff vollständig zu ersetzen.
Die Umrüstung in der Feuerverzinkung auf Wasserstoff spart viel CO2 ein. Im Bild sind eine Zinkwanne und ein Abkühlbecken zu sehen.
Fraunhofer IEG)
Die Verzinkungsindustrie muss die CO2-Emissionen in ihren Hochtemperaturprozessen künftig deutlich reduzieren. Grüner Wasserstoff bietet sich dabei als alternativer Brennstoff zur Umrüstung von Bestandssystemen an. Wegen der – im Vergleich zu Erdgas – abweichenden Flammcharakteristiken müssen die Auswirkungen von Wasserstoffbrennern auf Verzinkungskessel, Abgas und Gesamtwirkungsgrad sorgfältig analysiert werden. So soll die Integration von wasserstoffbetriebenen Brennern in bestehende Prozesse und Anlagen ermöglicht werden.
Das Forschungsprojekt H2Rollout unter Beteiligung der Westfälischen Hochschule untersucht nun das Brennverhalten sogenannter Flachflammenbrenner und deren Umstellung auf Wasserstoff. Diese Form von Brennern wird bei der Stückgutfeuerverzinkung häufig eingesetzt. Ziel des Projektes ist es, einen Wasserstoffanteil von 100 Prozent im Verzinkungsprozess zu erreichen.
Stabile, langfristige und wirtschaftliche Versorgung
Die Firma ZINQ beteiligt sich mit ihrem Standort in Castrop-Rauxel an dem Projekt. Sie stellt einen ihrer Kessel als Pilotanlage zur Demonstration des Wasserstoffeinsatzes zur Verfügung. Konkret soll zunächst einer der verwendeten Flachflammenbrenner durch eine wasserstoffbetriebene Variante ersetzt und in das bestehende Regelungssystem eingebettet werden. Parallel prüft ZINQ mögliche Ansätze für eine stabile, langfristige und wirtschaftliche Versorgung mit Wasserstoff.
„Wir setzen große Hoffnungen in das Projekt“, sagt Robert Mill, Leiter der Anlagentechnik bei ZINQ. „Es legt für uns das Fundament, um technisch vorbereitet zu sein, sobald die Rahmenbedingungen für den Einsatz von Wasserstoff geschaffen sind. Entscheidend wird aber sein, dass am Ende nicht nur die technischen, sondern auch die regulatorischen, infrastrukturellen und wirtschaftlichen Voraussetzungen stimmen.“
Warum ist die Temperaturtoleranz beim Verzinken so kritisch?
Professor Martin Habermehl von der Westfälische Hochschule ist unter anderem für die Strömungssimulationen verantwortlich. Diese bilden die Basis dafür, die Wasserstoffflamme an den bisherigen Betrieb der Erdgasbrenner anzupassen. Er und sein Team begleiten und analysieren außerdem den Probebetrieb. Dabei erfassen sie etwa das Brennverhalten, die Temperaturen sowie den Wassergehalt und die Stickoxide im Abgasstrom der Wasserstoffflamme.
Dazu sagt Habermehl: „Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Verbrennung durchgängig stabil bleibt und dass sie in den bestehenden Prozess integriert werden kann.“ Denn das flüssige Zink in den Kesseln habe nur einen geringen Toleranzbereich, in dem sich die Temperatur bewegen müsse. Zudem dürfe der Kessel, das Herzstück einer jeden Verzinkerei, keinen Schaden davontragen.
Steuerungs- und Regelungstechnik optimieren
Die Firma ProPuls GmbH, eine Ausgründung der Westfälischen Hochschule, ist im Forschungsprojekt für die Steuerungs- und Reglungstechnik verantwortlich. „Die Daten aus den Simulationen und die Messwerte aus dem Pilotbetrieb sind unsere Grundlage für die Optimierung der Prozessregelung“, so Philipp Neuhaus, Teamleiter MSR-Technik bei ProPuls.
Blaupause für Verzinkereien in Deutschland
Das Förderprogramm 'T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen' vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert das Forschungsprojekt. Das Projekt ist Teil der Transfer-Initiative 'H2Raum', initiiert von der Westfälischer Hochschule und dem Fraunhofer IEG, und untersucht bis 2028 die Umrüstung von Flachflammenbrennern auf Wasserstoff am Beispiel der Verzinkerei ZINQ in Castrop-Rauxel. Die Verbundpartner Westfälische Hochschule, ProPuls GmbH und der Industriepartner ZINQ wollen mit den Projektergebnissen eine Blaupause für die Verzinkungsindustrie sowie weitere prozesswärmeabhängige Industriezweige entwickeln.
H2Raum-Initiative: Wasserstoffstrategien für das Ruhrgebiet
Die Initiative H2Raum wird gefördert durch das Förderprogramm 'T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen' des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Ziel des Förderprogramms ist, in strukturschwachen Regionen langfristig zukunftsweisende Innovationen und den Strukturwandel gleichermaßen voranzutreiben. Im Speziellen will H2Raum dafür sorgen, dass die Wasserstoffakteure im Ruhrgebiet voneinander lernen, gemeinsam diskutieren und miteinander Wasserstoffprojekte entwickeln und durchführen. H2Raum adressiert dabei alle Interessierten vom Start-up über kleine und mittelständische Unternehmen, Hochschulen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen über Studierende, Schülerinnen und Schüler bis hin in die Zivilgesellschaft hinein.
Die Westfälische Hochschule forscht seit über 20 Jahren im Bereich der Wasserstofftechnologie. Sie ist Partnerin zahlreicher regionaler und überregionaler Initiativen. Seit dem Wintersemester 24/25 bietet die Hochschule den Studiengang 'Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien' an. Und mit dem 'H2 Solution Lab' entsteht – gefördert im Rahmen des 5-StandorteProgramms von Bund und Land NRW – ein zukunftsweisendes Wasserstofflabor an der Westfälischen Hochschule als wichtige Säule des Wasserstoffstandortes Gelsenkirchen.
Das Fraunhofer IEG beschäftigt sich als Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft schwerpunktmäßig mit Geothermie, Energieinfrastrukturen sowie der industrienahen Wasserstoffforschung. Es leitet mit TransHyDE eines der drei Leitprojekte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zu Wasserstofftechnologien, entwickelt innovative Speicherlösungen und unterstützt bei der Integration von Wasserstofftechnologien in die Energiesysteme.
Quelle: Fraunhofer IEG
FAQ zum Projekt H2Rollout und Wasserstoff in der Feuerverzinkung
1. Was ist das Ziel des Projekts H2Rollout?
Das Projekt untersucht die Umrüstung konventioneller Erdgasbrenner auf wasserstoffbetriebene Systeme in der Feuerverzinkung, um CO₂-Emissionen drastisch zu senken.
2. Warum eignet sich Wasserstoff als Ersatz für Erdgas in der Verzinkung?
Wasserstoff verbrennt emissionsfrei und hat das Potenzial, die Hochtemperaturprozesse in der Industrie klimaneutral zu gestalten – bei passender Regelungstechnik.
3. Welche Brennertechnologie wird im Projekt getestet?
Zum Einsatz kommen modifizierte Flachflammenbrenner, die speziell für den Betrieb mit 100 % Wasserstoff angepasst werden.
4. Welche Herausforderungen bringt der Wasserstoffeinsatz mit sich?
Die Wasserstoffflamme unterscheidet sich in Temperaturverhalten und Flammcharakteristik. Das erfordert eine präzise Regelung und Anpassung an die engen Toleranzen des Verzinkungsprozesses.
5. Wo findet der erste Praxistest statt?
In der Verzinkerei der Firma ZINQ in Castrop-Rauxel wurde ein Brenner auf Wasserstoffbetrieb umgerüstet und in den laufenden Betrieb integriert.
6. Wer sind die Projektpartner von H2Rollout?
Die Westfälische Hochschule, ProPuls GmbH und die Firma ZINQ arbeiten gemeinsam im Rahmen des Projekts an der industriellen Umsetzung.
7. Wie wird das Projekt finanziert?
H2Rollout ist Teil der Initiative „H2Raum“ und wird durch das BMBF-Förderprogramm „T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen“ unterstützt.
8. Was passiert mit den gewonnenen Erkenntnissen?
Die Ergebnisse sollen als Blaupause für andere Verzinkereien und prozesswärmeintensive Industrien dienen, um ebenfalls auf Wasserstoff umzurüsten.
9. Welche Rolle spielt die Westfälische Hochschule im Projekt?
Sie verantwortet u. a. die Strömungssimulationen, begleitet den Testbetrieb wissenschaftlich und ist Initiatorin der H2Raum-Initiative.
10. Wie realistisch ist ein flächendeckender Einsatz von Wasserstoff in der Feuerverzinkung?
Langfristig ist dies möglich – wenn technische, wirtschaftliche und regulatorische Voraussetzungen erfüllt sind, sagen die Projektverantwortlichen.