Eine gute Datenanalyse kann beim Lichtbogenschweißen an vielen Stellen Verbesserungen bewirken, zum Beispiel beim Energieverbrauch, der Prozessoptimierung oder dem Gesundheitsschutz.

Eine gute Datenanalyse kann beim Lichtbogenschweißen an vielen Stellen Verbesserungen bewirken, zum Beispiel beim Energieverbrauch, der Prozessoptimierung oder dem Gesundheitsschutz. (Bild: ipopba - stock.adobe.com)

In der Lichtbogen-Schweißtechnik hat die Digitalisierung in den letzten drei, vier Jahren einen immer größeren Stellenwert eingenommen. So wird es bereits als Stand der Technik wahrgenommen, Schweißgeräte zu vernetzen und Dokumente für die schweißtechnische Qualitätssicherung digital zu erstellen.

Allerdings haben bisher nur sehr wenige Betriebe wirkliche Schritte unternommen, um die entsprechenden Technologien im Tagesgeschäft zu implementieren. Dennoch: Das Interesse der Anwender ist da und immer häufiger fragen Unternehmen diese Leistungen an. Es ist also nicht mehr die Frage, ob die Digitalisierung in der Lichtbogen-Schweißtechnik kommt, sondern wie schnell sie vollumfänglich da ist und wer den Weg mitgeht.

Digitalisierung hilft, Gesundheitsschutz und Energieverbrauch zu optimieren

Schweißsysteme von heute sammeln zahlreiche Informationen wie Strom, Spannung, Drahtvorschub oder Schweißgeschwindigkeit. Betrachtet man den Schweißprozess selbst, so lassen sich viele relevante Daten wie die effektive Lichtbogenzeit oder die Verbräuche von Strom, Gas und Zusatzwerkstoffen erfassen. Auf diese Weise erhalten Anwender beziehungsweise schweißende Betriebe wertvolle Anhaltspunkte für Optimierungen.

Im Gegensatz zu den analog geregelten Schweißprozessen von früher, lässt sich durch diese Daten gezielt auf bestimmte Eigenschaften einwirken, um die Prozesse hinsichtlich Gesundheit, Energieverbrauch und Performance zu verbessern. Ein Prozess, der durch Digitalisierung 70 Prozent weniger Schweißrauch erzeugt und damit den gestiegenen Anforderungen an den Gesundheitsschutz Rechnung trägt, ist heute ein ebenso wichtiger Faktor, wie ein um 30 Prozent gesteigerter Performance Output aus den Maschinen.

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Maschinendaten auslesen und speichern ist bereits ein großer Schritt

Zusätzlich ist es durch einen digital geregelten Schweißprozess möglich, sogenannte Grenzdaten zu setzen, um einerseits genau in dem vom Kunden zugelassenen Arbeitsbereich zu arbeiten und andererseits nachzuweisen, dass auch innerhalb der Toleranz gearbeitet wurde.

Denn egal, ob Handschweißen oder automatisiertes Schweißen: Heute ist man dazu verpflichtet, mit Daten dem Kunden gegenüber offenzulegen, ob man überhaupt in der Norm gefertigt hat. Hierfür die Daten einfach aus der Maschine auslesen und in einer Datenbank speichern zu können, ist für die traditionelle Schweißtechnik in puncto Nachweispflicht für sicherheitsrelevante Bauteile bereits ein riesiger Schritt.

Datenerfassung ist aktuell noch ein Problem

Die aus den Schweißprozessen gewonnen Daten sinnvoll zu nutzen, um den Prozess selbst zu verbessern, stellt für die Lichtbogen-Schweißtechnik zurzeit jedoch eine Herausforderung dar. Zum einen sind bei vielen Anwendern nicht genügend Daten vorhanden. Dies ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass Schweißen zumeist echte Handarbeit ist, die Datenerfassung in der Vergangenheit deshalb mit sehr viel Aufwand verbunden war.

Auch heute möchte man den Schweißer nicht mit Datenerfassung beschäftigen, weshalb Software-Hersteller bereits Lösungen anbieten, mit denen die Datenerfassung – von Arbeitsplatz und Mitarbeiter unbemerkt – im Hintergrund stattfindet. Zum anderen mangelt es – wie in anderen Branchen auch – an Kapazitäten, um die erfassten Daten auszuwerten. Um also den Schweißprozess allein durch Daten zu verbessern, bedarf es einer noch intuitiveren Software, die selbst Verbesserungsvorschläge liefert.

Ausbildung, Software, Gesundheitsschutz: Viele Bereiche des Schweißens sind bereits digitalisiert

Digitalisierung findet entlang des gesamten Schweißprozesses statt und beginnt bereits bei der virtuellen Schweißausbildung. Hier können angehende Fachkräfte mit Unterstützung von Augmented Reality unterschiedliche Schweißprozesse trainieren – ohne Lärm, Materialeinsatz oder Gesundheitsrisiko.

Alle größeren Stromquellen-Hersteller verfügen über Softwarelösungen, um den Schweißprozess digital abzubilden. So dienen digitalisierte Schweißabfolgepläne dabei nicht nur als Hilfestellung bei Fachkräftemangel. Sie unterstützen auch bei Verbrauchs- und Ausschussanalysen und tragen maßgeblich zur Qualitätssicherung bei.

Der Gesundheitsschutz profitiert ebenfalls von der Digitalisierung: Mit intelligenten Helmsystemen, die sich dank Kommunikation mit dem Schweißgerät zur optimalen Zeit abdunkeln. Genau diese Datenkommunikation ein wichtiger Punkt in Bezug auf Industrie 4.0, in deren Richtung sich auch die als konservativ geltende Schweißtechnik-Branche bewegt.

 

Ein Wechsel von Qualitäts- zu Betriebsdaten ist notwendig

Allerdings hat sie in diesem Punkt sehr viel aufzuholen, um durch die Vernetzung bestehender Insellösungen auch einen betriebswirtschaftlichen Nutzen für das gesamte Unternehmen generieren zu können. Früher lag der Hauptnutzen der Digitalisierung in der Datendokumentation hinsichtlich Qualität. Diese Dokumentation war nur die Schweißaufsicht relevant, wofür die Insellösung auch angebracht war.

Heute müssen aber sämtliche Produktionsdaten abteilungsübergreifend verfügbar sein, um unter anderem Verbrauchsmaterialien, Mitarbeiter und Maschinenverfügbarkeit planen, Stillstände vermeiden oder Aufträge verfolgen zu können. Kurzum: Es geht darum, Transparenz zu schaffen, um sowohl den Produktionsprozess zu verstehen als auch daraus konkrete Handlung zu erstellen, die eine höhere Verfügbarkeit der Maschine, eine Leistungssteigerung des Prozesses oder eine Verbesserung der Qualität des Bauteils ermöglichen.

Technisch möglich wäre viel, aber die Standards fehlen

Doch während genau dies in anderen Branchen bereits völlig normal ist, steckt die Kommunikation der Systeme untereinander in der konventionellen Schweißtechnik noch in den Kinderschuhen. Der Grund, warum der Schweißer immer noch seine Arbeit unterbrechen muss, weil der Draht aus ist, obwohl ihn die Maschine bereits im Vorfeld darüber informieren hätte können, ist einfach: Die Informationen, die bereits in einem Schweißgerät vorhanden sind, werden von niemanden abgerufen.

Und auch das hat einen Grund: es fehlen die Standards. Mit Digitalisierung ist vieles möglich, auch kann vieles aufgezeichnet und dargestellt werden. In welcher Form es allerdings gebraucht wird, weiß noch niemand. Ein Beispiel: Der Nachweis von Emissionseinsparungen, für den es noch keine Kriterien gibt.

Es muss also nicht nur festgelegt werden, welche Daten hinsichtlich Industrie 4.0 wirklich gebraucht werden. Neben der Normung braucht es auch die Standardisierung der Schnittstellen von Schweißgeräten zu Datenbanken und MES-Systemen, an denen kein Weg vorbei führen wird. Momentan gibt es verschiedenste Schnittstellen, wodurch weder die Hersteller wissen, worauf sie sich einstellen sollen, noch die Anwender bereit sind, zu investieren, obwohl das Interesse vorhanden ist.

Der Tenor der Branche ist klar: Die Zeit ist reif, die Werkzeuge vorhanden und der Markt sicherlich auch. Es braucht nur einen, der mutig vorangeht und den Anfang macht. Dafür muss jedoch von vorneherein feststehen, welchen Nutzen man durch Digitalisierung und Industrie 4.0 in der Lichtbogen-Schweißtechnik haben möchte.

Übrigens: Beim Laserschweißen sind Digitalisierung und Vernetzung schon so weit fortgeschritten, dass hier bereits künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. Mittels Bildverarbeitung prüft KI sowohl die Lage des Bauteils vor als auch die Qualität der Schweißnaht nach dem automatisierten Schweißprozess. Mehr dazu lesen Sie beispielsweise hier: „Wie Künstliche Intelligenz die Laserbearbeitung optimiert“. Letzteres könnte sicherlich auch in der Lichtbogen-Schweißtechnik interessant sein, um in Zeiten des Fachkräftemangels weiterhin die Qualität zuverlässig dokumentieren und Schweißfehler erkennen zu können.

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