Ein KI-Konzept des Fraunhofer IPA soll bei Schweißprozessen mit Lorch-Anlagen Rohmaterial und Energie sparen.

Ein KI-Konzept des Fraunhofer IPA soll bei Schweißprozessen mit Lorch-Anlagen Rohmaterial und Energie sparen. (Bild: Parilov - stock.adobe.com)

Fachpersonal ist rar. Betriebe müssen daher vielfach auf unerfahrenes Personal zurückgreifen. Bedienfehler werden somit wahrscheinlicher – was den Ausschuss an fehlerhaft produzierten Produkten und damit auch den Material- und Energieverbrauch in die Höhe treibt.

Zwar kann Künstliche Intelligenz solche Bedienfehler ebenso wie Fehler durch Verschleißprozesse frühzeitig erkennen und somit reduzieren. Doch sind KI-Systeme sehr datenhungrig, sie müssen schließlich erst einmal mit entsprechenden Daten trainiert werden. Hier tritt ein weiteres Problem zutage: Kunden wollen diese Daten üblicherweise nicht herausgeben.

 

Föderiertes Lernen macht den Datenaustausch verzichtbar

Vor diesem Problem stand auch Lorch Schweißtechnik – und holte daher das Fraunhofer IPA an Bord. Die Frage von Lorch: Wie lassen sich Anwenderfehler bei Schweißprozessen via KI zuverlässig erkennen, ohne dass die Kunden ihre sensiblen Schweißdaten aus der Hand geben müssen? Die Antwort des Fraunhofer IPA: Mit dem Ansatz des föderierten Lernens.

Das Besondere daran erklärt Can Kaymakci, Wissenschaftler am Fraunhofer IPA: "Wir trainieren die Künstliche Intelligenz mit den Daten der Kunden, ohne dass die Daten das jeweilige Unternehmen verlassen." Der Clou liege darin, dass jeder Kunde mit seinen Daten ein eigenes KI-Modell trainiert – ausgetauscht werden nicht die Daten, sondern lediglich die KI-Modelle. Diese werden zu einem einzigen, besser optimierten Gesamtmodell zusammengefasst.

KI-Modell erkennt Fehler anhand des Energieverbrauchs

Zunächst einmal galt es für die Forschenden des Fraunhofer IPA, ein geeignetes KI-Modell zur energetischen Anomalieerkennung auszuwählen – ein Modell also, das Anwenderfehler vor allem durch Energieverbrauchsdaten erkennt. Dafür erhoben sie im Labor von Lorch Daten rund um den zu beobachtenden Schweißprozess, den absichtlichen Einbau von "Anwenderfehlern" inklusive. Etwa 200 Schweißversuche führten sie durch. Viel, doch zu wenig, um eine Künstliche Intelligenz zu trainieren.

"Wir haben die Daten daher vervielfältigt, aus den ursprünglich 200 Datensätzen wurden so 2200", erläutert Kaymakci. Wie das funktioniert, lässt sich am besten am Beispiel von Fotos nachvollziehen: Man kann sie drehen, spiegeln, in Schwarz-Weiß umrechnen, den Zoom verändern – und auf diese Weise mehr Daten generieren. Zudem untersuchte das Team, wie viele Messungen pro Sekunde nötig sind, um Anwenderfehler zuverlässig zu erkennen.

Das Ergebnis: Es reichen weniger Messpunkte als gedacht. "Auf diese Weise können wir die benötigte Speicherkapazität reduzieren, die Kommunikation vereinfachen und weniger Daten verarbeiten, was wiederum Zeit, Kosten und Energie spart", fasst Kaymakci zusammen. Das erstellte Modell implementierten die Forschenden auf einer Schweißstromquelle des Unternehmens Lorch.

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Das sind die Vorteile des föderierten Lernens

Welchen Vorteil bringt das föderierte Lernen? Diese Frage beantworteten die Forschenden über ein eigens dafür erstelltes Simulationstool. Dabei analysierten sie drei Szenarien:

  1. eine Künstliche Intelligenz, die mit sämtlichen Kundendaten trainiert wurde (eine hypothetische Annahme, da diese Daten für den Schweißgerätehersteller nicht verfügbar sind),
  2. Modelle, die jeweils nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden,
  3. föderiertes Lernen, bei dem die Modelle der Kunden zusammengeführt werden.
Im Labor von Lorch werden Daten des Schweißprozesses erhoben, um Künstliche Intelligenz zu trainieren.
Im Labor von Lorch werden Daten des Schweißprozesses erhoben, um Künstliche Intelligenz zu trainieren. (Bild: Lorch)

"Die Ergebnisse sprechen für sich", sagt Kaymakci. "Die Erkennungsrate eines Modells, das über föderiertes Lernen trainiert wurde, liegt bei 0,81 und ist damit vergleichbar gut wie die eines Systems, für dessen Training alle Kundendaten zur Verfügung standen. Hier liegt die Erkennungsrate bei einem Wert von 0,86. Systeme dagegen, die nur mit den Daten eines einzigen Kunden trainiert wurden, erkennen Fehler nur mit einer Rate von 0,45."

Für den Schweißgerätehersteller Lorch heißt das: Er kann seinen Kunden in Zukunft über das KI-System einen Mehrwert bieten, ohne die Daten zentral bei Lorch speichern zu müssen. Für die Kunden wiederum bietet sich der Vorteil, Fehler schneller erkennen zu können und vom Wissen aller Kunden zu profitieren. Selbstverständlich lässt sich das föderierte Lernen nicht nur für Schweißprozesse verwenden. Vielmehr eignet sich das System für jegliche Fragestellungen, in denen Künstliche Intelligenz einen Mehrwert bietet, die dafür benötigten Daten jedoch sensibel sind.

Quelle: Fraunhofer IPA

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