Immer mehr Unternehmen setzen auf eine Kombination beider Verfahren: 3D-Druck für schnelle Prototypen und Kleinserien, Spritzguss für die Serienfertigung. So lassen sich Entwicklungskosten senken und Markteinführungszeiten drastisch verkürzen.
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Blick in die Spritzgussmaschine: Spritzguss lohnt sich bei großen Stückzahlen mit konstant hohen Qualitätsanforderungen.)(Bild: Rodinger Kunststoff-Technik (RKT))
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Kunststoffteile sind in vielen Bereichen des täglichen Lebens unverzichtbar. Für medizin-technische Komponenten sind bestimmte Kunststoffe wegen ihrer Eigenschaften wie Biokompatibilität, chemische Beständigkeit, Sterilisierbarkeit und Festigkeit besonders gut geeignet. Zur Herstellung dieser Komponenten hat sich der Spritzguss bewährt. Mittlerweile gibt es jedoch auch 3D-Druck-Verfahren, die sich für die Fertigung von Kunststoff-teilen eignen. Der Spritzguss-Spezialist Rodinger Kunststoff-Technik (RKT) hat Erfahrung mit beiden Verfahren. Ein Vergleich der Besonderheiten zeigt, welche Kriterien für die Anwendung des einen oder des anderen Verfahrens sprechen. Letztlich zählt immer der Anwendernutzen. Prinzipiell ist jedoch zu beachten, dass in vielen Branchen ein Spritzgussteil nicht ohne vorherige Validierung durch ein 3D-Druck-Teil ersetzt werden darf.
Das Spritzgussverfahren ist ein hochpräziser Fertigungsprozess, bei dem thermoplastische Kunststoffe in Granulatform unter Wärmeeinwirkung verflüssigt werden. Diese geschmolzene Masse wird anschließend unter hohem Druck in eine speziell gefertigte Form (Spritzgusswerkzeug), die sogenannte Kavität, eingespritzt. Die Kavität definiert die exakte Geometrie des gewünschten Endprodukts. In der Kavität kühlt der Kunststoff ab und verfestigt sich, wodurch er die Form der Kavität annimmt. Nach dem Abkühlen öffnet sich die Form, und das fertige Bauteil wird entnommen. Dieses Verfahren ermöglicht die Serienproduktion von komplexen Kunststoffteilen mit hoher Wiederholgenauigkeit und Effizienz.
Im 3D-Druck, der oft auch als ‚additives Fertigungsverfahren‘ bezeichnet wird, werden Werkstücke schichtweise aufgebaut. Je nach Verfahren (z.B. SLS, SLA, FFF, …) werden pulverige, flüssige oder strangartige Materialien verarbeitet. Einige 3D-Drucker sind so konzipiert, dass sie thermoplastische Kunststoffe verarbeiten können, wie sie auch im Spritzguss verarbeitet werden.
Ein hochkavitätiges 32-fach-Werkzeug von RKT, mit dessen Hilfe Dichtungsringe im Spritzguss produziert werden.(Bild: RKT)
Spritzguss und 3D-Druck – ein Vergleich
Der Spritzguss eignet sich ideal für die Massenproduktion von Kunststoffteilen:
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Spritzgussverfahren zeichnen sich durch eine sehr hohe Wiederholgenauigkeit hinsichtlich Spritzparameter und Abmaße der Teile aus.
Für jede Art von Kunststoffteil ist allerdings ein speziell angefertigtes Werkzeug, eine sogenannte Spritzgieß-form nötig.
Der Prozessablauf und die Prozessparameter wie auch die Produktqualität bleiben immer gleich und können leicht überwacht werden. Spritzgussverfahren er-möglichen kurze Fertigungszeiten.
Der 3D-Druck wird für schnelle Prototypen und Kleinserien verwendet:
Für den 3D-Druck werden keine Werkzeuge benötigt.
Es lassen sich Teile mit komplexen Formen, Strukturen, Hinterschnitten und Hohlräumen fertigen, die durch Spritzguss nur schwer oder überhaupt nicht herstellbar sind.
Für den Aufbau eines Teils wird im Vergleich zum Spritzguss viel Zeit benötigt. Je nach Verfahren kann diese Zeit allerdings, zum Beispiel durch den Einsatz mehrerer parallel arbeitender Laserköpfe oder Extruder beim 3D-Druck weiter verkürzt werden.
Dieses additiv gefertigte Teil stellt ein 3D-gedrucktes Verbindungsstück einer kavitäten-getrennten Teileablage dar.(Bild: RKT)
Entscheidungskriterien
Kriterien für die Wahl des Fertigungsverfahrens sind die Geometrie, Oberflächen-struktur, mechanische Festigkeit und Größe der herzustellenden Teile. Komplex geformte Teile mit inneren Hohlräumen lassen sich, wie erwähnt, durch Spritzguss nur schwer oder überhaupt nicht herstellen. Kämen für eine Fertigungsaufgabe beide Verfahren in Betracht, müssen weitere Kriterien miteinander verglichen werden. Hierzu gehören die Menge der herzustellenden Teile, die einzuhaltenden Toleranzen, die Fertigungszeit für ein Teil und damit verbunden der Maschinenstundensatz, die Materialkosten und im Falle vom Spritzguss die Kosten zur Herstellung der Spritzgießform.
Eine weitere Frage ist, ob die Teile einbaufertig sind oder noch einer Nachbearbeitung unterzogen werden müssen. Aus diesen Kriterien lassen sich die zu erwartenden Stückkosten berechnen. Bei einer bestimmten Losgröße wird ein sogenannter „Break-even-Point“ erreicht, an dem die Wirtschaftlichkeit beider Verfahren gleich groß ist. In der Regel wird bei einer höheren Stückzahl der Spritzguss, bei einer niedrigeren Stückzahl der 3D-Druck wirtschaftlicher sein.
Die Konstruktion der Teile
Bei der Konstruktion eines Teiles sind Richtlinien zu beachten, die für das 3D-Druck-Verfahren anders sind als für den Spritzguss.
Beim Spritzgießen muss unter anderem auf die Wandstärken und das Wandstärkenfließverhältnis geachtet werden. Außerdem muss ein Bauteil so gestaltet sein, dass es sich leicht entformen lässt.
Beim 3D-Druck kann es sein, dass bestimmte Geometrien nur erzeugt werden können, wenn zuvor Stützstrukturen gebildet wurden, die am fertigen Teil wieder entfernt werden müssen. Das bedeutet mehr oder weniger meist händische, aufwendige Nacharbeit beim 3D-Druck.
Ein aus Aluminium additiv gefertigter Robotergreifer, der zur Entnahme der Spritzgussteile in der Produktion verwendet wird.(Bild: RKT)
Kunststoffwahl und mechanische Eigenschaften
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Ein im 3D-Druck erzeugtes Teil hat nicht die gleichen mechanischen Eigenschaften wie ein aus demselben Kunststoff durch Spritzguss erzeugtes Teil. Die Haftung der im 3D-Druck aufeinander aufgebrachten Schichten ist in der Regel schwächer als die Festigkeit eines komplett aus einer Schmelze erzeugten Teils, weil die auf eine gedruckte, aufgetragene schmelzflüssige Schicht gewissermaßen nur „anhaftet“.
Nicht alle Kunststoffe, die im Spritzguss verarbeitet werden, lassen sich ohne Weiteres auch im 3D-Druck verarbeiten. Werden faserverstärkte Kunststoffe verarbeitet, ist die Orientierung der Fasern beim 3D-Druck anders, als wenn sie, wie im Spritzguss, in einer Schmelze eingespritzt werden. Die Folge sind deutliche Unterschiede in den mechanischen Eigenschaften der Teile.
Umgekehrt sind nicht alle Kunststoffe, die im 3D-Druck verwendet werden, auch im Spritzguss verarbeitbar, wie z.B. Harze, die im 3D-Druck ausgehärtet und somit vernetzt werden (z.B. mittels UV-Licht).
Dieser Einsatz wurde im MSLA (Masked Stereolithografie Apparatus) 3D-Druckverfahren aus einem fotoreaktiven Polymer hergestellt und wird zur Herstellung erster Prototypen-kunststoffteile eingesetzt.(Bild: RKT)
Oberflächenqualität
Im Spritzguss werden Teile in einem Arbeitsgang aus einer Schmelze gespritzt, wodurch eine glatte Oberfläche entsteht.
Die Oberfläche von 3D-Druck-Teilen ist im Regelfall wegen des schichtartigen Aufbaus der Wände nicht so glatt wie die von Spritzgussteilen.
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Qualitätssicherung
Beim Spritzguss sind die Maschinen-Einstellungen und die Prozessparameter bekannt, beispielsweise die Temperatur der Schmelze, und werden überwacht. RKT arbeitet meist mit einer statistischen Versuchsplanung wie DOE (Design of Experiment), um die Bandbreite der für die Produktion zulässigen Spritzparameter im Hinblick auf die Qualitätsanforderungen zu definieren. Aufgrund dieser Vorgehensweise bei der Bestimmung der Prozessparameter haben alle Spritzgussteile einer Produktion die gleichen mechanisch-physikalischen Eigenschaften sowie die Maße dieser Kunststoffteile eine sehr geringe Schwankungsbreite.
Beim 3D-Druck ist es schwierig, Fertigungsparameter und Einzelheiten der Teilequalität zu überprüfen und nachzuweisen. Hochwertige 3D-Druck-Teile werden häufig mit Röntgenstrahlen durchleuchtet und so auf Fehlstellen überprüft. Daraus lassen sich jedoch nur bedingt Rückschlüsse auf die mechanisch-physikalischen Eigenschaften ziehen. In Einzelfällen müssten spezielle Verfahren definiert werden, um zu prüfen, ob so gefertigte Teile die vorgegebenen Qualitätsanforderungen erfüllen.
3D-Druck – eine interessante Ergänzung
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Der Blick auf die Fertigungszeiten sowie die Materialkosten, die für ein Teil nötig sind, lässt erkennen, dass 3D-Druck-Verfahren für eine Massenproduktion oftmals weniger geeignet sind. Sie sind deshalb auch keine Alternative zum Spritzguss, wohl aber eine interessante Ergänzung.
Im 3D-Druck lassen sich Teile fertigen, die mit Spritzguss nur schwer oder überhaupt nicht herstellbar sind.
Mit dem 3D-Druck ist es möglich, rasch und kostengünstig Prototypen herzustellen, was Entwicklungsprozesse beschleunigt.
Außerdem lassen sich innerhalb kurzer Zeit und mit großer Flexibilität Muster von Teilen herstellen, die später in großen Mengen im Spritzguss hergestellt werden sollen. Genauso ist es möglich, für Studien- und Anschauungswecke die Geometrie und Struktur von Teilen individuell zu verändern oder Teile, die im Original winzig klein sind, stark vergrößert darzustellen. Für derartige Aufgaben muss nicht einmal derselbe Kunststoff verwendet werden, der für die späteren Spritzgussteile vorgesehen ist.
Massenfertigung und Individualität
Während im Spritzguss immer gleiche Teile in großen Mengen entstehen, ist beim 3D-Druck jedes Teil ein Einzelteil. Der 3D-Druck hat dort seine Berechtigung, wo Indivi-dualität nötig ist. Die Wahl zwischen Spritzguss und 3D-Druck hängt von den spezifischen Anforderungen und Randbedingungen eines Projekts ab. Für eine Massenproduktion ist Spritzguss meist die bessere Wahl, während 3D-Druck für Prototypen und individuelle Aufgaben vorteilhaft ist.
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(Bild: ANXC)
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Der Kunststoffverarbeiter RKT verfügt über mehr als 50 Jahre Erfahrung als Hersteller von Kunststoffspritzguss-Teilen für Hightech-Branchen wie Medizintechnik, Diagnostik und Life Science. RKT besitzt einen eigenen Werkzeug- und Formenbau und nutzt den 3D-Druck für interne Aufgaben wie die Herstellung von Betriebsmitteln und Prototypen, für Entwicklungsprojekte und für Vorführzwecke gegenüber Kunden und Zulieferern.