Frau mit dunklen Haaren in schwarzem Poloshirt steht an der CNC-Steuerung einer Werkzeugmaschine, auf deren Bildschirm man verschiedene Bedienfenster sieht.

Moderne Bedienung der Maschine mit Sinumerik One: Direkt an der Maschine unterstützt der Sinumerik Powerride das Einfahren des Werkstücks in kürzester Zeit. Und mit dem Handbediengerät HT 10 (links) ist auch am mobilen Gerät die durchgängige Bedienung der Maschine möglich. (Bild: Siemens)

Es gibt sie seit gut einem halben Jahrhundert: Computerized Numerical Control, kurz CNC-Steuerungen. Trotz immer leistungsfähigerer IT-Technik, Cloud- und Edge-Lösungen sowie Verlagerung der Intelligenz in die Komponentenebene wird es wohl noch eine ganze Weile bei CNC-Steuerungen bleiben.

Deren Leistungsfähigkeit nimmt stetig zu, wie Ralf Reines, Mitarbeiter Forschung und Technik beim VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken erklärt: „Zum einen wird die Hardware immer leistungsfähiger, zum anderen steigt der Anspruch an moderne Steuerungen, etwa im Zusammenhang mit Industrie 4.0“. Reines verweist in diesem Zusammenhang auf das VDW-Projekt „Konnektivität für Industrie 4.0“ (KonI 4.0) zur Standardisierung von Schnittstellen auf Basis von OPC UA, um große Datenmengen aus der Steuerung in den Edge-Rechner oder die Cloud zu bekommen (mehr dazu unter anderem in diesem Artikel: "Der Maschinenbau hat noch viele IT-Hausaufgaben vor sich").

Andreas Gebhardt ist Gruppenleiter für Bearbeitungstechnologien am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA. Er bestätigt: „Eine Reihe neuer Softwarefunktionen, Module und Schnittstellen ermöglicht eine vollständige Einbindung des Zerspanprozesses in die digitalisierte Fertigung.“ Dadurch verlagere sich die Arbeitsvorbereitung zunehmend vom Shopfloor in den virtuellen Raum. „Komplexe Bearbeitungen können so am digitalen Zwilling vorab simuliert, geprüft und optimiert werden.“

Warum werkstattorientierte Optimierung noch lange nicht out ist

Die werkstattorientierte Programmierung, kurz WOP, hat dennoch weiter ihre Berechtigung, wie der Geschäftsfeldleiter Machine Tool Systems bei Siemens, Uwe-Armin Ruttkamp, feststellt: „Lohnfertiger nutzen werkstattorientierte Programmierung auf jeden Fall.“ Vor allem bei einfacher Zwei- und Drei-Achs-Bearbeitung würden die Bauteile oft direkt an der Maschine programmiert. Wichtig sei die Unterstützung an der Benutzerschnittstelle wie sie die Sinumerik Operate bietet, um eine Maschine einzurichten, egal in welcher Umgebung.

„Bei Lohnfertigern und bei Losgröße 1 in der Fertigung ist WOP auf jeden Fall noch relevant“, pflichtet Agus Atmosudiro, Technical Manager CNC bei Fanuc Deutschland, bei. Vor allem Drehmaschinen würden noch häufig an der Maschine programmiert. Das andere Ende markierten fünfachsige Fräszentren, „da ist man komplett raus aus der WOP“. Allerdings müsse jede CNC die Handhabung von Daten aus dem CAD/CAM-System für Optimierungszwecke unterstützen.

Dabei helfen Dr. Jens Kummetz, Leiter Produktmanagement NC-Steuerungen, zufolge moderne Assistenzfunktionen wie der CAD-Import für 3D-Dateien bei Heidenhain-Steuerungen: „Das ermöglicht, auch in der werkstattorientierten Programmierung voll digitalisiert zu arbeiten. Ein weiterer Vorteil der eigenen TNC-Steuerungen sei die 3D-Simulation, um die an der Maschine erstellten Bearbeitungsprogramme auf fehlende Angaben oder Ungereimtheiten unter Berücksichtigung der tatsächlichen Geometrie der Werkzeugmaschine zu überprüfen. Grenzen setze hingegen eine hohe Bauteilkomplexität: „Für das Bearbeiten von Freiformflächen oder Berechnen von 5-Achs-Simultanbewegungen sind eine hohe Rechenleistung des Programmiersystems und ein hoher Zeitaufwand für das Programmieren selbst erforderlich.“

Geballter Input zum Thema Werkzeugmaschinen

Wohin die Intelligenz des Bearbeitungsprozesses wandert

Für CAM-Systeme spricht ihr meist großer Funktionsumfang: Sie bündeln oftmals applikationsspezifische Verfahren, die sich nur schwer in einer konventionellen Steuerungslösung unterbringen lassen. „Ein wirkliches Zusammenwachsen ist daher kaum zu erkennen“, erklärt Henning Rausch, Produktmanager TwinCat CNC und Branchenmanager Werkzeugmaschinen bei Beckhoff Automation. Einen Katalysator könnten allerdings PC-basierte Systeme bilden: „Sie bringen von Haus aus die Fähigkeit mit, klassische CAD/CAM-Applikationen parallel zur Echtzeitsteuerung mit PLC- und CNC-Funktionen ausführen zu können.“

Für Jan Gesthuysen, Projektmanager Engineering CNC Europe bei Mitsubishi Electric liegt die Intelligenz hingegen eindeutig in der CNC-Steuerung. Wesentlich für den intelligenten Bearbeitungsprozess sei die integrative Umsetzung der im CAM erstellten Programmbefehle auf der CNC-Steuerung. „Die intelligente Verbesserung und automatische Korrektur der CAM-Verfahrpunkte unterliegt dem Steuerungs- und Regelungssystem der CNC-Steuerung. Sie ist somit primär entscheidend für die Qualität des bearbeiteten Werkstücks.“ Beide Systeme wüchsen zusammen, weshalb die Kompatibilität der CAM-Systeme und CNC-Steuerungen immer wichtiger werde. Beispiel „Cutting Load Control“ der M8V-CNC-Steuerung: Sie passt den Vorschub für eine optimale Schnittlast am Werkstück an und reduziere so die Bearbeitungszeit deutlich.

Den Mensch im Mittelpunkt sieht Markus Woitsch. Für den Technikchef von Yamazaki Mazak Deutschland sitzt die Intelligenz für einen optimalen Bearbeitungsprozess „heute noch vor dem Bildschirm. Die Erfahrung des Anwenders mit Einflussfaktoren wie Wahl des Spannsystems, Schneidstoffe, Bearbeitungsfolgen und Bearbeitungsmaterial, wenn es um hochqualitative Bauteile geht, ist unerlässlich.“ Allenfalls könnten Systeme auf Basis künstlicher Intelligenz dem nahekommen, „wenn sie durch die Änderungen des Anwenders lernen, doch Erfahrung ist Stand heute noch das A und O“.

Wie die CNC-Steuerung der Zukunft aussehen muss

Kurz zusammengefasst beschreibt Udo Nowak, Leiter der Technischen Schulung bei Heidenhain, die CNC der Zukunft: „Schnelles, effizientes Programmieren und Testen, intuitives Einrichten von Spannmitteln, Werkzeugen und Bauteilen, schnelles und prozesssicheres Bearbeiten für maximale Produktivität in der Fertigung sowie standardisierte Schnittstellen zur Anbindung an externe Systeme.“

Das sieht Markus Woitsch von Mazak ebenso. Intuitiv bedienbar, leicht vernetzbar und erweiterbar müssen die CNC sein, „um zukünftige Funktionen integrieren zu können“. Der Anwender soll sich auf seine Kernaufgabe der Maschinenbedienung konzentrieren können. Für Mazak ein wesentliches Element: künstliche Intelligenz. „Wir haben mit der Mazatrol SmoothAi-Steuerung das Feld bereitet für die zukunftsfähige Produktion.“

Neue Aufgaben sieht Uwe-Armin Ruttkamp von Siemens auf die CNC zukommen: „Sie muss das Zusammenwachsen mit neuen Technologien wie Additive Manufacturing und Roboteranbindungen fürs Be- und Entladen der Werkzeugmaschinen sowie für kleinere Bearbeitungsaufgaben parallel zur Hauptzeit unterstützen.“ Schnittstellen in der CNC machten Werkzeugmaschinen flexibler und anpassbarer an wachsende Anforderungen.

Henning Rausch von Beckhoff erwartet eine verstärkte Nachfrage nach fein skalierbaren Steuerungslösungen, „eine Voraussetzung, um auch im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu sein und für die Erfordernisse der digitalen Fertigung“. „Offenheit“ sei der Schlüssel, „Maschinen müssen sich ohne großen Anpassungsaufwand in Fertigungslandschaften integrieren lassen sowie nutzbringende Daten schnell und unkompliziert bereitstellen.“

Einfacher werden muss es auch Fanuc zufolge. „Die Nutzbarkeit muss auf allen Ebenen besser gestaltet werden. Das beginnt bei dem Engineering der Maschine und hört bei einer intelligenten Bedienoberfläche wie unser iHMI nicht auf.“ Das erfordere mehr Software, weil die Hardware an Grenzen stoße, wenn sie alle zusätzlichen Funktionen und Aufgaben abbilden soll. „Mithilfe von Software lassen sich bei guter Architektur Funktionen besser skalieren und erweitern.“

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Bearbeitet von Julia Dusold

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