Die Werkzeugmaschinenbranche muss mit einigen Problemen kämpfen. Eines davon: der Fachkräftemangel. Eine Ausbildungsinitiative soll gegensteuern.

Die Werkzeugmaschinenbranche muss mit einigen Problemen kämpfen. Eines davon: der Fachkräftemangel. Eine Ausbildungsinitiative soll gegensteuern. (Bild: Monkey Business - stock.adobe.com)

Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie steht aktuell vor einigen Herausforderungen, sowohl konjunkturell als auch strukturell. Auch die politischen Rahmenbedingungen machen den Unternehmen das Arbeiten schwer. Daher fordert der Branchenverband VDW auf verschiedenen Ebenen Maßnahmen und Veränderungen. Wir haben die aktuelle wirtschaftliche Lage, die Marktentwicklungen und die Herausforderungen zusammengefasst.

Das ist die aktuelle wirtschaftliche Lage in der Werkzeugmaschinenbranche

2023 konnte die Werkzeugmaschinenbranche mit einem guten Ergebnis beenden. Die Produktion war um ungefähr acht Prozent auf 15,2 Milliarden Euro gestiegen, der Export um neun Prozent. Der Inlandsabsatz konnte mit fünf Prozent nicht ganz so stark zunehmen. Dies spiegelt auch die schwächere Nachfragesituation bei heimischen Kunden wider.

Dieses Jahr läuft es aber schon deutlich schlechter. Bereits seit Anfang des vergangenen Jahres verliert der Auftragseingang an Geschwindigkeit. 2023 ist er nominal um zehn Prozent gesunken. Dies konnte zunächst noch durch einen hohen Auftragsbestand und Monate mit stärkerem Projektgeschäft abgefedert werden, doch mittlerweile wirkt sich der geringere Auftragseingang bereits auf Umsätze und Produktion aus.

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Ausblick: So wird sich die WZM-Branche 2024 entwickeln

Aufgrund dessen erwartet der VDW für 2024 einen Produktionsrückgang von knapp drei Prozent auf 14,8 Milliarden Euro. „Das bisherige Rekordvolumen der Jahre 2018 und 2019 von 17 Milliarden Euro wird abermals deutlich verfehlt“, berichtet Franz-Xaver Bernhard, Vorsitzender des VDW, anlässlich der Jahrespressekonferenz des Verbands. „Der Verlust von fünf Milliarden Euro im Jahr 2020, bedingt durch die Transformation in der Automobilindustrie und die Corona-Krise, kann damit auch nach fünf Jahren nominal noch nicht ausgeglichen werden.“

Franz-Xaver Bernhard ist Vorsitzender des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) und im Vorstand der Hermle AG zuständig für Vertrieb, Forschung und Entwicklung.
Franz-Xaver Bernhard ist VDW-Vorsitzender. (Bild: VDW)

Bernhard rechnet erst für 2025 mit einer verbesserten Nachfragesituation und damit, dass dann auch die Produktion auf den Wachstumspfad zurückkehren wird.

Auch die Weltwirtschaft verhilft nicht zu mehr Schwung. Die Wachstumsraten für Bruttoinlandsprodukt und Investitionen gehen im Vergleich zum Vorjahr weiter zurück. Hohe Zinsen, große geopolitische Unsicherheiten und Verwerfungen, kräftiger Lagerabbau und hohe Energiepreise in der Eurozone drücken auf die Nachfrage.

Der VDW beobachtet aktuell eine gespaltene Entwicklung: „Wachstumssektoren wie Elektromobilität, Windkraft, Medizintechnik, Aerospace und Rüstung stützen vor allem das Projektgeschäft, während das Standardmaschinengeschäft schwächer läuft“, so der Vorsitzende des Verbands. „Kleine und mittelständische Kunden, wie Job Shops, sind unsicher und halten sich bei den Investitionen zurück.“ Auch Maschinenkäufe seien aufgrund gestiegener Zinsen zudem schwieriger zu finanzieren.

So hat sich die Werkzeugmaschinenbranche in den vergangenen Jahren entwickelt

Redakteurin Julia Dusold mit additiver Greiferlösung
  (Bild: PRODUKTION)

Die Autorin Julia Dusold ist Technik-Redakteurin bei mi connect. Sie beschäftigt sich mit verschiedenen Fertigungstechnologien, zum Beispiel der Zerspanung, der Lasertechnik und dem 3D-Druck. Außerdem in Julias Portfolio: Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Quantentechnologie. Gemeinsam mit der Wirtschaftsredakteurin Anja Ringel produziert und moderiert sie den Interview-Podcast Industry Insights.

Vor ihrer Arbeit bei mi connect hat Julia zuerst Physik und dann Wissenskommunikation studiert. In ihrer Freizeit ist sie gerne am, im und auf dem Wasser unterwegs oder reist auf diverse Weisen in fiktive Welten.

Wie sich die weltweiten Märkte für Werkzeugmaschinen entwickelt haben

China ist noch immer der größte Exportmarkt für deutsche Werkzeugmaschinen (17,7 Prozent der Exporte), doch die USA rücken immer näher dank einer sehr dynamischen Entwicklung (15,5 Prozent der Exporte).

Das könnte sich in nächster Zeit aber ändern, denn die Nachfrage aus China ist laut VDW derzeit schwach. „Eine geringe Konsumnachfrage und der kriselnde Immobiliensektor belasten die Wirtschaft des Landes“, so Bernhard. „Gestützt von der Erholung des Passagierverkehrs und dem Ausbau der heimischen Produktionskapazitäten, wird die Luftfahrtindustrie am ehesten noch Impulse liefern.“

Nordamerika hingegen stütze aktuell das Geschäft. Aufgrund des Inflation Reduction Act werden Investitionen innerhalb der USA unterstützt und geringere Energiepreise stärken den Standort. Davon profitiere auch Mexiko, denn viele internationale Investoren bauen ihr Engagement aufgrund der Nähe zum Absatzmarkt USA aus.

Hoffnungsmärkte mit deutlichen Zuwachsraten sind laut Branchenverband Indien und Südostasien. Insbesondere aus Indien seien die Aufträge deutlich gewachsen. Viele Investoren richten ihre Augen auf den Zukunftsmarkt mit der weltweit größten Bevölkerung. „Entsprechend sorgt ‚Make in India‘ [Initiative der indischen Regierung zur Förderung der Produktion im eigenen Land] bei steigendem Werkzeugmaschinenverbrauch für Wachstumsimpulse“, erläutert Bernhard. „Aber es ist auch Geduld und langer Atem angesagt, zumal es sich um einen nach wie vor sehr preissensitiven Markt handelt.“

Die europäischen Märkte werden voraussichtlich erst 2025 wieder anziehen. Punktuelle Chancen sieht der VDW in Osteuropa. Dort setzen Investitionen der Automobilindustrie und Entwicklungen im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien Wachstumsimpulse.

Das sind die größten Herausforderungen der Werkzeugmaschinenindustrie

Doch nicht nur die momentane wirtschaftliche Lage sorgt für Unruhe in der Branche. Auch bürokratische Hürden und der weiter zunehmende Fachkräftemangel machen es der Branche schwer.

Bürokratie nimmt weiter zu statt ab

Der VDW hebt dabei besonders zwei Gesetze hervor: das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die Corporate Sustainable Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Union.

Der Verband betont, dass Berichtspflichten und Bürokratie eine große Last für die Werkzeugmaschinenhersteller, aber auch für viele der Kunden darstellt. „Dass kleine und mittelständische Unternehmen durch die immer weiter steigende Bürokratie über Gebühr belastet werden, steht außer Frage“, unterstreicht der Vorsitzende. „Sie bindet personelle und finanzielle Ressourcen und hält die Unternehmen von ihrem eigentlichen Geschäftszweck ab, Maschinen zu entwickeln, zu produzieren und zu verkaufen.“

Die Unternehmen brauchen diverse Mitarbeitende, die sich ausschließlich damit beschäftigen, die notwendige Organisation zu etablieren, Daten zu sammeln und Berichte zu erstellen. „Ist die Man- und Womanpower nicht verfügbar, müssen externe Dienstleister eingeschaltet werden“, sagt Bernhard. „Aus unserer Sicht sind die Reporting-Pflichten in erster Linie eine ‚Gelddruckmaschine‘ für Berater und Wirtschaftsprüfer.“

 

Ausfuhrgenehmigungen werden zu langsam erteilt

Auch Ausfuhrgenehmigungen stellen aktuell ein Problem dar. Da Werkzeugmaschinen sogenannte Dual-use-Produkte sind, die sowohl für die Produktion ziviler und militärischer Güter eingesetzt werden können, unterliegt der Export einer Genehmigungspflicht. „Seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs häufen sich die Beschwerden unserer Mitglieder über lange Wartezeiten zwischen Antragstellung und der Genehmigung“, berichtet Bernhard.

Besonders betroffen seien Ausfuhren nach China, in ehemalige GUS-Staaten und in die Türkei. Selbst bei Folgeprojekten, bei denen der Kunde zuvor schon genehmigte Maschinen gekauft hat, oder bei Bestellungen deutscher Tochterunternehmen dauere die Bearbeitung der Anträge oft sehr lange.

„Es besteht die Gefahr, dass Kunden wieder abspringen, wenn der Werkzeugmaschinenhersteller oft erst sechs bis acht Monate oder noch länger nach der Bestellung die Freigabe erhält und dann erst mit dem Bau der Maschinen beginnen kann“, betont der VDW-Vorsitzende. „Teils haben Firmen einen nicht unerheblichen Teil ihres Umsatzes bei den Behörden zur Genehmigung liegen.“

Geballter Input zum Thema Werkzeugmaschinen

Fachkräftemangel ist weiterhin eine starke Bremse

Es gibt einen alarmierenden Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in Berufen des Maschinen- und Anlagenbaus. Im Vergleich zu 2018 haben nach Informationen des Deutschen Industrie- und Handelskammertags DIHK 2022 zirka 20 Prozent weniger junge Menschen eine Ausbildung zum Industriemechaniker und ungefähr 30 Prozent weniger eine Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker begonnen.

„Neben den sinkenden Zahlen ist es auch die nachlassende Qualität der Bewerbungen, die uns zu schaffen macht“, sagt Bernhard besorgt. Daher sei zuallererst die Bildungspolitik gefragt: Es müsse zum Beispiel mehr in die Berufsorientierung investiert werden und der Übergang zwischen Schule und Beruf besser gestaltet werden.

Die Nachwuchsstiftung Maschinenbau startet daher eine Nachwuchsoffensive, um Jugendliche mit Unterstützungsbedarf zu fördern und so den Fachkräftemangel zu bekämpfen. Diese Offensive will unter anderem Unternehmen zu allen Fragen rund um die Ausbildung und zur Gestaltung eines innovativen Azubi-Recruitings beraten. Des Weiteren sollen in Workshops gezielt die fachlichen, persönlichen und sozialen Kompetenzen der Jugendlichen vor und während der Ausbildung entwickelt werden, um sie optimal im Hinblick auf die Anforderungen der Ausbildung zu stärken und Ausbildungsabbrüche nachhaltig zu verhindern.

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