Wie steht es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) am Produktionsstandort Deutschland? In welchem Umfang werden Anwendungen mit KI-Lösungen bereits in der Produktion genutzt und in welchen Bereichen kommen sie konkret zum Einsatz? Welche Entwicklungen sind bis zum Jahr 2025 zu erwarten? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich die aktuelle Studie „Modernisierung der Produktion“ des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass KI im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland zwar angekommen ist, auf absehbare Zeit aber nur moderate Entwicklungen zu erwarten sind.
Künstliche Intelligenz (KI) läutet zusammen mit der zunehmenden Digitalisierung eine neue Ära in der Industrie ein. Mithilfe von KI können auch in der Produktion viele Aufgaben effizienter und präziser erledigt werden, was Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen sowie Variantenvielfalt bei weiterer Prozessautomatisierung verspricht. Die Möglichkeiten und Potenziale von KI für die Produktion sind grundsätzlich bekannt, ihre tatsächliche Verbreitung und Umsetzbarkeit in Produktionsprozessen ist jedoch kaum erfasst. Die vorliegende Studie des Fraunhofer ISI gibt nun auf Basis der aktuellen Daten der regelmäßigen Industrieerhebung einen Überblick über die Verbreitung intelligenter Technologien für grundlegende Anwendungsbereiche in der Produktion in Deutschland.
„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass KI-Lösungen schon heute im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland eingesetzt werden. Etwa 16 Prozent der Industriebetriebe integrieren intelligente Systeme direkt in ihren Produktionsprozess“, so Angela Jäger, Projektleiterin im Geschäftsfeld Industrieller Wandel und neue Geschäftsmodelle. Wie zu erwarten, spielt die Betriebsgröße eine relevante Rolle. Allerdings sind große Betriebe in Deutschland beim Einsatz von KI im Produktionskontext deutlich aktiver. Etwa 30 Prozent der Betriebe mit mindestens 500 Beschäftigten nutzen KI, während es bei den mittelgroßen Betrieben ab 100 Beschäftigten nur etwa 16 Prozent sind. Unter den kleinen Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten setzen 13 Prozent eine KI-Lösung im Produktionsprozess ein.
Verbreitung von KI-Lösungen derzeit noch stark strukturell geprägt
Deutliche Unterschiede zeigen sich auch mit Blick auf die Branchen sowie die Produktionsbedingungen der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes. Mit Abstand am weitesten verbreitet sind KI-Lösungen derzeit im Fahrzeugbau. Hier nutzt bereits jeder dritte Betrieb in mindestens einem Bereich der Produktion eine KI-Anwendung. In der Chemie- und Pharmabranche setzen dagegen nur acht Prozent eine KI-Anwendung ein. Dies deutet auf die auch heute noch große Bedeutung der Produktionseigenschaften für die Verbreitung von KI in der Produktion hin. Vor allem Unternehmen mit großen Serien und komplexen Produkten nutzen derzeit bereits KI. Heutige KI-Lösungen scheinen eher für bestimmte Produktionsdesigns geeignet zu sein.
Dieses Bild wird sich in naher Zukunft sicherlich ändern. Die Planungen der Unternehmen lassen für ausgewählte Branchen einen deutlichen Anstieg der Verbreitung von KI erwarten: Insbesondere in der Elektroindustrie liegt der Anteil der Unternehmen, die bis 2025 erstmals KI-Lösungen in der Produktion einsetzen werden, mit 19 Prozent deutlich über dem Durchschnitt.
Digitaler Kontext für KI-Einsatz entscheidend
Neben den strukturellen Besonderheiten zeichnen sich Unternehmen bereits durch die Nutzung komplexer digitaler Systeme in der Produktion aus. Sie verfügen über eine grundlegende digitale Basis sowie die Kompetenz, mit komplexeren Daten umzugehen. Dabei kommen KI-Lösungen gezielt für spezifische Anwendungen zum Einsatz. Die Analyse des Fraunhofer ISI macht deutlich, dass produzierende Betriebe KI-Lösungen meist nur in einem Bereich verwenden und auch in naher Zukunft keine hohen Nutzungszahlen zu erwarten sind.
Vertiefende Analysen zeigten darüber hinaus, dass insbesondere Betriebe mit bereits einer vorhandenen KI-Anwendung den KI-Einsatz in weiteren Anwendungsbereichen der Produktion planen: »Jeder fünfte Betrieb, der aktuell bereits KI nutzt, plant bis 2025 die KI-Anwendung zu erweitern. Wenn grundlegende Fragen eines KI-Einsatzes geklärt sind und notwendige Voraussetzungen geschaffen wurden, sind die wesentlichen Hürden für weitere Anwendungsbereiche oft genommen«, erläutert Heidi Heimberger, Doktorandin im Team. Dennoch rechnen die Wissenschaftler:innen für die Zukunft zunächst nur mit einem weiteren moderaten Anstieg an Unternehmen, welche KI in der Produktion einsetzen. Lediglich unter großen Betrieben werden diese Technologien bald Standard sein.
KI-anwendende Unternehmen investieren stärker in Weiterbildungen
Auffallend ist, dass Betriebe mit KI-Anwendungen verstärkt in Weiterbildungsmaßnahmen investieren und hierbei insbesondere Lösungskompetenzen und Kreativität fördern. Interessant sind dabei die Rahmenbedingungen und die Qualifizierungsbedarfe, um dieser Herausforderung zu begegnen. »Für die erfolgreiche Einführung und den Einsatz von KI-Lösungen spielen nicht nur technische Anwendungsfähigkeiten eine Rolle, sondern insbesondere ein grundlegendes Verständnis für die Verwendung von Daten sowie für Lösungsstrategien und kreatives Denken«, resümiert Heidi Heimberger.
Fraunhofer ISI