Auf dem sogenannten Additive Manufacturing Campus werde BMW künftig seine gesamte Technologiekompetenz in den 3D-Druckverfahren an einem Standort konzentrieren. "Dies ermöglicht es uns, neue Technologien frühzeitig zu erproben und unsere Pionierrolle weiter auszubauen", sagt Udo Hänle, Bereichsleiter für Produktionsintegration und Vorserienwerk bei dem Autobauer.
Jens Ertel, Leiter des Additive Manufacturing Center der BMW Group und zukünftiger Leiter des Campus, ergänzt: „Der neue Standort ist ein großer Meilenstein in der additiven Fertigung bei der BMW Group. Sowohl im Kunststoff- als auch im Metallbereich werden wir dort bestehende und neue Technologien bewerten und zur Serienreife bringen." Ziel sei es, für jeden Einsatzzweck – sei es für kleine Stückzahlen, individuelle Teile oder auch für die Serienproduktion – die optimale Technologie und Prozesskette zur Verfügung stellen zu können.
Innerhalb des Produktionsnetzwerks der BMW Group wird der neue Campus wie ein Pilotwerk neue Technologien der additiven Fertigung vorantreiben und diese dann dem Netzwerk zur Verfügung stellen. Schwerpunkt ist dabei die Produktion von Teilen für die Prototypenfertigung, für die Serienproduktion und für individualisierte Fahrzeugteile.
Darüber hinaus dient der Additive Manufacturing Campus als interdisziplinäre Schulungs- und Projektfläche, beispielsweise für Entwicklungsingenieure. Bis zu 80 Mitarbeiter werden das bereits bestehende Gebäude mit über 6.000 Quadratmetern Grundfläche beziehen. Die Eröffnung des Campus mit mehr als 30 industriellen Metall- und Kunststoffanlagen ist für Anfang 2019 geplant.
BMW sieht Potenzial im Serieneinsatz und bei personalisierten Fahrzeugteilen
Additive Fertigung sei ein fester Bestandteil des Produktionssystems der BMW Group, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Großes Potenzial stecke demnach in der Serienproduktion.
Jüngstes Beispiel ist der Einsatz des Verfahrens in der Produktion des neuen BMW i8 Roadsters. Jens Ertel: „Beim i8 Roadster setzt die BMW Group als erster Automobilhersteller das 3D-Druckverfahren im Metallbereich in einer Serienproduktion von mehreren tausend Stück ein." Das neue Bauteil aus dem 3D-Drucker befindet sich am Soft-Top-Verdeck des BMW i8 Roadsters und dient als Halterung der Verdeckabdeckung.
Das Metall-Bauteil aus einer Aluminiumlegierung weist gegenüber einem üblicherweise eingesetzten Kunststoffspritzgussteil weniger Gewicht bei einer deutlich höheren Steifigkeit auf. Die an bionischen, also den Konstruktionen der Natur angelehnte Geometrie des Bauteils haben die Konstrukteure für den 3D-Druck optimiert.
Auch bei individualisierten Fahrzeugteilen gewinne die additive Fertigung zunehmend an Bedeutung, so der Münchner Autobauer. Das neue Produktprogramm MINI Yours Customised ermöglicht es Kunden unter anderem, ausgewählte Komponenten wie die Einleger des Seitenblinkers und Dekorleisten des Armaturenbretts nach ihren individuellen Vorstellungen zu gestalten und anschließend im 3D-Druckverfahren produzieren zu lassen.
Dezentrale Fertigung – Produktion folgt dem Markt
Langfristig sieht die BMW Group großes Potenzial darin, die Komponenten dort herzustellen, wo sie benötigt werden. Ertel: „Die über das internationale Produktionsnetzwerk verteilten 3D-Drucker sind ein erster Schritt in diese Richtung. So drucken wir heute bereits in den Werken Spartanburg (USA), Shenyang (China) und Rayong (Thailand) Prototypenteile vor Ort."
Bei Kleinserien, Ländereditionen und für individualisierbare Komponenten sei zukünftig eine Integration in lokale Produktionsstrukturen denkbar, wenn sich dadurch Vorteile erzielen lassen. Additive Fertigungsverfahren könnten so künftig die bestehenden Produktionstechnologien ergänzen.
Investitionen im Rahmen von BMW i Ventures
Im September 2016 hat BMW i Ventures – die Venture-Einheit der BMW Group – in das im Silicon Valley ansässige Unternehmen Carbon investiert. Mit der DLS-Technologie (Digital Light Synthesis) gelang Carbon ein Durchbruch bei den flächig arbeitenden Verfahren. Mithilfe dieser Drucktechnologien können laut BMW deutlich größere Flächen schneller bearbeitet werden, als mit herkömmlichen selektiven 3D-Druckverfahren. Die Zusammenarbeit mit der BMW Group besteht bereits seit 2015.
Ein weiteres Investment im Bereich der additiven Fertigung tätigte BMW im Februar 2017. Das Start-up Desktop Metal hat sich auf die additive Fertigung von Metallteilen spezialisiert und entwickelt innovative und hochproduktive Fertigungsverfahren in diesem Bereich. Auch hier besteht eine enge Zusammenarbeit mit dem Additive Manufacturing Center der BMW Group.
Im Bereich Supply-Chain hat die BMW Group im Juni 2017 in die Firma Xometry investiert. Xometry ist eine webbasierte Plattform, die Lieferanten und Hersteller unterschiedlicher Branchen miteinander vernetzt. Pilotprojekte laufen bereits erfolgreich unter anderem für die Ersatzteilfertigung. Ziel von BMW ist es, durch Kooperationen mit solchen Partnern den Einsatz der Technologie zu beschleunigen.