Skandal-Schriftzug zwischen Buchstaben - Symbolbild Wirtschaftsskandale Deutschland

Schon so einige deutsche Unternehmen und Manager haben Negativschlagzeilen gemacht. Wir haben die größten Skandale für Sie zusammengestellt. (Bild: Goss Vitalij - stock.adobe.com)

Ob Steuerbetrug, Schneeballsystem oder großflächige Bilanzfälschung: Deutsche Unternehmen haben sich in der Vergangenheit einiges einfallen lassen, um in die (negativen) Schlagzeilen zu kommen. Wir haben die 10 größten Wirtschaftsskandale zusammengetragen – garantiert subjektiv und ausdrücklich nicht wertfrei.

Platz 10: Arcandor – Thomas Middelhoff veruntreut Millionen

Thomas Middelhoff
Vorstandschef Thomas Middelhoff lässt sich kurz vor der Pleite des Handelskonzerns Arcandor rund 2,3 Millionen Euro Bonus auszahlen. Das beschert ihm Platz 10 der größten deutschen Wirtschaftsskandale. (Bild: World Economic Forum Annual Meeting Davos 2007, CC BY-SA 2.0)

Obwohl es ihm nicht gelungen war, den Handelskonzern Arcandor und seine Töchter Karstadt, Quelle, Primondo und Thomas Cook zu retten, lässt sich Vorstandschef Thomas Middelhoff kurz vor der Pleite im Jahr 2009 rund 2,3 Millionen Euro Bonus auszahlen. Dafür wurde er wegen Veruntreuung zu drei Jahren Haft verurteilt, von denen er zwei absitzen musste.

Middelhoff pendelte außerdem auf Firmenkosten für 1,1 Millionen Euro mit dem Hubschrauber von seiner Villa in Bielefeld zur Arbeit in die Essener Arcandorzentrale und ließ sich mit Privatjets in seine Villa in St. Tropez und nach New York fliegen.

Einen Beigeschmack hinterließ auch der Verkauf von fünf Immobilien an einen Fonds, an dem Middelhoff und seine Frau beteiligt waren. Der Fonds vermietete die fünf Kaufhäuser für durchschnittlich gut 8,5 Millionen Jahresmiete an Karstadt. Für ihre 164 anderen Filialen zahlte die Kette dagegen nur jeweils 1,7 Millionen Euro Miete.

Platz 9: Mannesmann-Vodafone – Abfindungsaffäre bei Übernahme

Vodafone Zentrale
30 Millionen Euro „Anerkennungsprämien“ an Topmanager bei Mannesmann: Nach dem Übernahmedeal von Mannesmann durch Vodafone gingen in den obersten Management-Etagen viele Scheine über den Tisch - Verdacht auf Untreue. Das bringt Platz 9. (Bild: Vodafone)

Der Deal ist perfekt. Am 4. Februar 2000 stimmt nach einer spektakulären Abwehrschlacht der Mannesmann-Aufsichtsrat der Übernahme des Industriekonzerns durch Vodafone für 178 Milliarden Euro zu. Noch am selben Tag verteilen im Aufsichtsratsausschuss für Vorstandsangelegenheiten Deutsche-Bank-Vorstand Josef Ackermann, Mannesmann-Aufsichtsratschef Joachim Funk und IG-Metall-Boss Klaus Zwickel 30 Millionen Euro „Anerkennungsprämien“ an Topmanager bei Mannesmann.

Obwohl eine Stuttgarter Kanzlei deshalb am 24. Februar 2000 Anzeige wegen des Verdachts auf Untreue erstattet, verteilt der Ausschuss im März weitere 32 Millionen Euro an bereits pensionierte Mannesmann-Vorstände. Das Oberlandesgericht Düsseldorf spricht Ackermann, Funk und Zwickel zunächst vom Vorwurf der Untreue frei. Später hebt der Bundesgerichtshof das Urteil auf. Im zweiten Anlauf wird das Verfahren gegen eine Zahlung von 5,8 Millionen Euro  eingestellt.

Platz 8: Flowtex - Schneeballsystem mit fiktiven Bohrmaschinen

Beispiel für eine Horizontalbohrmaschine
Horizontalbohrmaschinen gibt es in verschiedenen Gewichtsklassen - hier ein schweres Modell. (Lizenz: CC BY-SA 4.0) (Bild: LKyle89)

In den 90er Jahren betrog der badische Unternehmer Manfred Schmider Banken und Versicherungen um rund zwei Milliarden Euro. Seine Firma Flowtex produzierte Horizontalbohrsysteme, mit denen man unterirdisch Kabel verlegt, ohne die Straßen aufzureißen. Flowtex verkaufte zahlreiche dieser Systeme an Investoren und leaste sie anschließend zurück. Dieses Vorgehen ist an sich nicht unüblich, nur dass in diesem Fall die meisten der Geräte gar nicht existierten.

Das Unternehmen täuschte einen hohen Bestand an Bohrern vor, indem es an die wenigen real exisiterenden Systeme immer neue Seriennummern schraubte. Um die Leasingraten zahlen zu können, musste die Firma im Laufe der Zeit immer mehr fiktive Maschinen verkaufen – es war ein Schneeballsystem. Im Februar 2000, nur Tage vor dem geplanten Börsengang, wurden Schmider und weitere Verantwortliche festgenommen. Er war sieben Jahre in Haft, bevor er auf Bewährung entlassen wurde. Im Jahr 2016 wurde er in der Schweiz dann erneut zu einer Haftstrafe verurteilt - wegen Geldwäsche.

Das sind die 6 größten Schneeballsysteme der Geschichte

  1. Madoff Investment Securities. Anlageverluste: 60 Milliarden Euro - Die nach ihrem Gründer Bernhard Madoff benannte Investmentfirma galt lange Zeit als einer der zuverlässigsten Partner an der Wall Street. Allerdings stellte sich 40 Jahre später heraus, dass Madoff die Renditen seiner Kunden mit den Einlagen neuer Kunden bezahlte. Seine Söhne zeigten ihn schließlich an und ein Gericht verurteilte ihn zu 150 Jahren Gefängnis. Sein Betrug betraf Millionen von Menschen und trieb etliche in den Selbstmord.
  2. MMM. Anlageverluste: Über 1,85 Milliarden Euro - 1989 gründete Sergey Mavrodi in Moskau mit seinem Bruder und seiner Frau MMM. Das Unternehmen verkaufte sehr erfolgreich Bürogeräte, bis Probleme mit dem Finanzamt auftraten. Daraufhin wechselte MMM in den Finanzsektor und gab alsbald eigene Aktien heraus. Diese wurden ohne erkennbaren Grund stetig teurer. Die Zahl der Anleger stieg rapide an, nachdem eine Rendite von bis zu 1.000 Prozent kolportiert wurde. Innerhalb von sechs Monaten stieg der Wert der Wertpapiere um das 127-fache. Im Jahr 1994 versprach das Unternehmen Dividenden in Höhe von 3.000 Prozent pro Jahr. Allerdings wurden die hohen Zinsen auf alte Einlagen immer nur durch das Anziehen neuer Einlagen finanziert. Als das Geld nicht mehr ausreichte, reduzierte MMM die Papiere auf den Ausgabewert. Das System brach zusammen. Unmittelbar nach dieser Nachricht begingen 50 Menschen Selbstmord. Mavrodi wurde verhaftet und verurteilt. Seine Machenschaften betrafen rund 15 Millionen Menschen.
  3. Stanford International Bank. Anlageverlust: 7,4 Milliarden Euro - Der erfolglose Immobilienmakler Robert Allen Stanford gründete 1986 in Antigua und Barbuda die Stanford International Bank. Diese Bank gab Einlagenzertifikate als Alternative zu einer Einlage aus und warb mit Renditen weit über dem Marktwert. Die Einlagen schienen durch das Vermögen gedeckt zu sein, da Stanford die Bilanzen der Bank frisierte. Die hohen Zinsen auf die Einlagenzertifikate wurden tatsächlich nur durch das Geld neuer Anleger gezahlt.  Dies funktionierte 23 Jahre lang, bis Robert Allen Stanford im Jahr 2012 wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von 110 Jahren verurteilt wurde.
  4. European Kings Club. Anlageverlust: 1 Milliarde Euro´- Der Fall 'European Kings Club' war das größte europäische Schneeballsystem und war von 1992 bis 1994 im DACH-Bereich aktiv.  Der Klub sollte seinen Mitgliedern, KMU-Unternehmern, finanzielle Unterstützung bieten. Um Mitglied zu werden, musste man sich einen Anteil für umgerechnet 715 Euro kaufen. Dafür sollten dann jeden Monat etwa 102 Euro ausgezahlt werden - natürlich mit den Anteilserlösen der neuesten Mitglieder. Das funktionierte, bis die Behörden die Gründerin des Clubs, Damara Bertges, und ihren Partner verhafteten. Die Finanzämter beschlagnahmten 255,6 Millionen Euro und gaben sie an die Investoren zurück.
  5. Caritas / John Stoica. Anlageverluste: 930 Millionen Euro - Innerhalb eines Jahres betrog John Stoica mit seiner Firma Caritas (die Namensgleichheit mit der karitativen kirchlichen Organisation war beabsichtigt) rund 4 Millionen Rumänen. Er versprach Zinsen von 800 Prozent in 3 Monaten. Sogar Teile der Regierung und Verwaltung unterstützten das Unternehmen. Das Schneeballsystem brach schnell zusammen. Viele Rumänen hatten investiert und es bestand die Furcht vor Straßenprotesten und weiteren Reaktionen wütender Investoren. Caritas nahm etwa 3 Milliarden US-Dollar ein und besaß auf dem Höhepunkt des Erfolgs ein Drittel aller rumänischen Banknoten. John Stoica verbrachte 1,5 Jahre im Gefängnis.
  6. Mutual Benefits Corporation. Anlageverluste: 1,15 Milliarden Euro - Im Jahr 1994 gründete Joel Steinger die Mutual Benefits Corporation, obwohl die US-Börsenaufsichtsbehörde den Verkauf von Wertpapieren bereits verboten hatte. Die Vorgehensweise war folgende: Die Mutual Benefits Corporation kaufte Versicherungspolicen von Patienten mit unheilbaren Krankheiten, verkaufte sie an Dritte weiter und wurde zum Vermittler zwischen der Versicherungsgesellschaft und den neuen Eigentümern. Diese zahlten monatliche Beiträge und sollten im Gegenzug einen guten Prozentsatz der Sterbegeldzahlung erhalten. Das Unternehmen lieferte falsche Berichte über die Krankheiten der Versicherungsnehmer. Da jedoch kaum jemand tatsächlich starbst, wurden mit dem Geld neuer Investoren alte Investoren bezahlt. Im Jahr 2001 übergab ein Mitarbeiter von Mutual Benefits Informationen an die Polizei. Joel Steinger wurde daraufhin im Jahr 2014 zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.

 

Platz 7: MAN – Schmiergeldauszahlungen in bar

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Wer im Dienste der Volkswagentochter MAN bis 2009 Kunden schmieren wollte, ließ sich die erforderliche Summe in bar an der Kasse auszahlen. Später verschleierte der Münchner Nutzfahrzeughersteller die Korruption. Dafür gibt's Platz 7. (Bild: Flickr MBWA PR-CC BY-SA 2.0)

Dreist: Wer im Dienste der Volkswagentochter bis 2009 Kunden schmieren wollte, ließ sich die erforderliche Summe in bar an der Kasse auszahlen. Später verschleierte der Münchner Nutzfahrzeughersteller die Korruption mit Briefkastenfirmen und Scheinverträgen mit vermeintlichen Beratern in Slowenien und Liechtenstein.

Die insgesamt rund 50 Millionen Schmiergelder schlug MAN auf den Preis für seine Busse und Lkw drauf. So ließen sich die Münchner den Betrug von den Steuerzahlern in den Abnehmerstaaten finanzieren. Im Jahr 2009 flogen die Machenschaften auf.

Die Affäre kostete MAN über 250 Millionen Euro – größter Posten war mit 150,6 Millionen Euro die Geldbuße der Staatsanwaltschaft.

Platz 6: Scania - Rekord-Bußgeld für LKW-Kartell

New heavy trucks in truck store, trucks lined up - LKW beim Händler, Symbolbild LKW-Kartell
Insgesamt 3,81 Milliarden Euro Strafe verhängte die EU gegen die Firmen, die am LKW-Kartell beteiligt waren. (Bild: Delta Studio - stock.adobe.com)

1997 bis 2010 sprachen sich mehrere europäische LKW-Hersteller über Preise ab und über die Einführung neuer Emissionstechnologien sowie die Weitergabe der damit verbundenen Kosten. Die ersten Treffen der leitenden Manager:innen fanden in Brüssel und auf Messen statt. Später verlagerte sich die Organisation zu den Tochterunternehmen der deutschen Hersteller. MAN ließ das Kartell schließlich auffliegen und ging als Kronzeuge straffrei aus, während die anderen Hersteller Geldbußen zahlen mussten.

DAF, Daimler Iveco und Volvo/Renault teilten sich eine Rekord-Kartellbuße von insgesamt 2,93 Milliarden Euro. Scania arbeitete nicht mit den Ermittlern zusammen und büßte deshalb in einem getrennten Verfahren mit 880 Millionen Euro.

Platz 5: Siemens – Größter Schmiergeldskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte

Siemens Hauptsitz
Platz 5 unter den größten deutschen Wirtschaftsskandalen geht an Siemens. 2006 fanden Fahnder Beweise für wenigstens 4.300 Schmiergeldzahlungen des Konzerns. (Bild: Siemens)

Am 15. November 2006 durchsuchen Fahnder Büros an 30 Siemens-Standorten. Auch Privatwohnungen führender Manager des Konzerns blieben nicht unbehelligt. Sie finden Beweise für wenigstens 4.300 Schmiergeldzahlungen. Damit hatte sich der Elektronik- und Telekommunikationskonzern zwischen 1999 und 2006 Aufträge in Ägypten, Saudi-Arabien, Indonesien und Griechenland erkauft. Insgesamt 1,3 Milliarden Euro blätterten die Münchner dafür hin.

Außerdem unterhielt der Dax-Konzern mit mehreren Hundert Millionen Euro gefüllte schwarze Kassen in Österreich, Liechtenstein und der Schweiz und machte sich so der Geldwäsche schuldig. Aufsichtsratchef Heinrich von Pierer und Vorstandsvorsitzender Klaus Kleinfeld müssen ihren Hut nehmen. Der Skandal kostet Siemens rund 2,9 Milliarden Euro an Strafen, Steuernachzahlungen und Anwaltskosten.

Platz 4: Deutsche Bank - dienstbar für Geldwäsche im großen Stil

Malerischer Sonnenuntergang mit der Frankfurter Skyline und den Türmen der Deutschen-Bank-Gebäude 2019
Der Ruf der Deutschen Bank ist inzwischen stark ramponiert; Geldwäsche ist nur ein Punkt auf der Liste krimineller oder zumindest fragwürdiger Vorgänge, die in den vergangenen Jahren aufgeflogen sind. In Summe hat sie sich einen prominenten Platz 4 in diesem Ranking verdient. (Bild: manfredxy - stock.adobe.com)

Wenn es um Skandale geht, darf die Deutsche Bank nicht fehlen. Jahrelang drückte sie gern ein Auge zu, wenn es um verdächtige Geldflüsse ging und musste in den USA und Großbritannien deshalb diverse Strafen begleichen: 2017 zahlte sie 630 Millionen US-Dollar, weil sie verdächtigen Geldflüssen aus Russland nicht nachgegangen war. Zusätzlich kam im selben Jahr noch eine Geldstrafe in Höhe von 41 Millionen US-Dollar dazu, weil sie Vorschriften zur Bekämpfung von Geldwäsche nicht eingehalten hatte.

Dagegen ist die diesjährige Strafzahlung gar nicht so teuer: "Nur" 186 Millionen Dollar forderte die FED im Juli 2023 von der Bank - auch diesmal wegen ungenügender Maßnahmen gegen Geldwäsche. Es geht um die frühere Geschäftsbeziehung zur estnischen Tochter der Danske Bank. Die Danske Bank hatte in den Jahren 2008 bis 2016 diverse US-Banken betrogen und wurde in einem der größten US-Geldwäscheskandale zu einer Milliarden-Geldbuße verurteilt. Die Deutsche Bank wickelte verdächtige Transaktionen im Wert von mehr als 267 Milliarden US-Dollar für die Danske Bank ab.

Platz 3: Volkswagen-Dieselbetrug – Größter Industrieskandal der deutschen Geschichte

VW-Emblem - Symbolbild für Volkswagen / VW, ein Unternehmen, das mit Dieselgate einen der größten Industrieskandale der deutschen Geschichte auslöste.
Der gigantische Betrug zog nicht nur Geld- und Haftstrafen nach sich, sondern beschädigte die Marke VW international. (Bild: Tobias Arhelger - stock.adobe.com)

In der Motorsteuerung von wenigstens elf Millionen Fahrzeugen verbaute Volkswagen bis 2015 illegale Abschalteinrichtungen. Damit ist „Dieselgate“ der größte Industrieskandal der deutschen Geschichte und ein schamloser Betrug an Kunden und Behörden.

Verwickelt in die kriminellen Machenschaften sind fast alle Marken des Konzerns sowie der Zulieferer Bosch. Die Konzerntochter Audi soll bei der Entwicklung der verbotenen Software eine Vorreiterrolle gespielt haben.

Der Dieselbetrug kostete den langjährigen VW-Chef Martin Winterkorn den Job. Ein Strafverfahren wegen möglicher Marktmanipulation gegen VW-Konzernchef Herbert Diess und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch wurde gegen eine Zahlung von neun Millionen Euro eingestellt. Rupert Stadler wurde wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie einem Bußgeld von 1,1 Millionen Euro verurteilt.

Platz 2: Wirecard - spektakulärster Bilanzskandal der deutschen Wirtschaftsgeschichte

Hauptquartier Wirecard in Aschheim bei München
Wirecard-Hauptquartiert in Aschheim bei München: Im Juni 2020 muss der DAX-Konzern Wirecard Insolvenz anmelden, weil knapp zwei Milliarden Euro, die in der Bilanz vorkommen, real nicht aufzufinden sind. Wirtschaftsprüfer gehen von "kriminellen Machenschaften" des Münchner Bezahldienstleisters aus. Betroffen sind weltweit mehr als 5.100 Mitarbeitende (lt. Geschäftsbericht 2018). (Bild: tina7si - stock.adobe.com)

An der Geschäftspraxis und den Bilanzzahlen des deutschen Fintech-Hoffnungsträgers Wirecard kamen schon mehr als ein Jahrzehnt vor der Insolvenz Zweifel auf, aber die Firma schaffte es trotzdem in den Dax. Im Jahr 2019 deckt ein Bericht der britischen Zeitung 'Financial Times' Unregelmäßigkeiten bei Geschäften in Singapur auf. Nach einigem Hin und Her kam 2020 der jähe Absturz des Unternehmens, als klar wurde, dass auf Treuhandkonten 1,9 Milliarden Euro fehlen. CEO Markus Braun trat zurück und wurde festgenommen, während Vorstandsmitglied Jan Marsalek unter einem Vorwand das Land verließ und die Flucht ergriff.

Am 25. Juni 2020 meldete der Dax-Konzern Insolvenz an. Es stellte sich heraus, dass wesentliche Teile des Geschäfts tatsächlich nie stattgefunden hatten. Der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz geriet unter Druck, weil die ihm unterstellte Bafin trotz aller Hinweise wenig gegen den Zahlungsdienstleister unternommen hatte.

2022 begann der Strafprozess gegen Markus Braun, Oliver Bellenhaus und den ehemaligen Wirecard-Chefbuchhalter. Sie sind angeklagt wegen Marktmanipulation, Untreue, falscher Darstellung und gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Marsalek wäre sicherlich mit auf der Anklagebank, ist aber bis heute flüchtig und wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Im Juli 2023 meldete er sich mit einem Brief beim Landgericht München, welcher Braun entlasten sollte.

Zeugenaussagen zeichneten im Prozess das Bild eines Konzerns, in dem es chaotisch zuging und der Vorstand kein besonderes Interesse an der Rechtstreue zeigte. Auch die Firmenkultur ließ wohl zu wünschen übrig: "Pornografie war ganz normal bei uns", gab ein ehemaliger Mitarbeiter der internen Revision im Zeugenstand zu Protokoll. Brauns Anwälte versuchten unterdessen mit 450 Beweisanträgen zu belegen, dass Marsalek und Kronzeuge Bellenhaus sowie zahlreiche Mittäter die Schuld tragen, während Braun ahnungslos war. Ob sie das Gericht überzeugen können? Aktuell zeichnet sich erstmal eine Verlängerung der Verhandlung ab. Für diesen filmreifen Skandal gibt es hier im Ranking Platz 2.

Platz 1: Cum-Ex-Skandal – Größter Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik

Zentrale Deutsche Bank
Die Deutsche Bank schafft es auf den traurigen 1. Platz der größten Wirtschaftsskandale Deutschlands. Mit „Cum-Ex“- und „Cum-Cum“-Wertpapiertransaktionen zwischen mehreren Anlegern rundum den Dividendenstichtag einer Aktie verwirrten die Kreditinstitute von 2005 bis 2011 gezielt den Fiskus. (Bild: Deutsche Bank)

Die kriminelle Energie deutscher Banken und ihrer Anleger kennt keine Grenzen. Mit „Cum-Ex“- und „Cum-Cum“-Wertpapiertransaktionen zwischen mehreren Anlegern rundum den Dividendenstichtag einer Aktie verwirrten die Kreditinstitute von 2005 bis 2011 gezielt den Fiskus. So sehr, dass Finanzbeamte am Schluss nicht mehr erkennen konnten, welcher Bankkunde auf die Ausschüttung Kapitalertragsteuer gezahlt hatte, und welcher nicht.

So konnten sich auch Anleger die Steuer zurückerstatten lassen, die sie gar nicht bezahlt hatten. Insgesamt prellten Banken und Aktionäre den deutschen Steuerzahler so um bis zu 32 Milliarden Euro – der größte Steuerbetrug in der Geschichte der Bundesrepublik.

Überarbeitet von Julia Dusold und Dagmar Merger (14.08.2023)

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