Autozulieferer visiert Weltraum an

Brose baut Satelliten in Würzburg

Die Raumfahrt wird zum Rettungsanker für den Autozulieferer Brose: In Würzburg startet das Traditionsunternehmen ein Satellitenprojekt mit Potenzial.

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Gemeinsam mit Partnern will Brose Kleinsatelliten in Gewichtsklassen zwischen 50 und 500 Kilogramm entwickeln.
Gemeinsam mit Partnern will Brose Kleinsatelliten in Gewichtsklassen zwischen 50 und 500 Kilogramm entwickeln.

Was steckt hinter dem Raumfahrt-Einstieg von Brose?

Der Automobilzulieferer Brose mit Stammsitz in Coburg wechselt die Branche – zumindest teilweise. Das Familienunternehmen, das in den vergangenen Jahren wirtschaftlich unter Druck geraten war, strebt nun in Richtung Orbit: Mit der Entwicklung und Serienfertigung von Kleinsatelliten will Brose neue Geschäftsfelder erschließen und den Standort Würzburg stärken.

Im Oktober besiegelte Brose strategische Partnerschaften mit zwei Fraunhofer-Instituten und einem Berliner Raumfahrtunternehmen. Gemeinsam sollen Kleinsatelliten mit einem Gewicht von 50 bis 500 Kilogramm entstehen. Die industrielle Fertigung dieser Satelliten soll künftig am Brose-Standort in Würzburg stattfinden.

Zu den Partnern zählen das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik (Ernst-Mach-Institut) in Freiburg, das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC) in Würzburg sowie das Berlin Space Consortium, ein Hersteller elektrischer Hall-Effekt-Antriebe. Diese Antriebe gelten als besonders effizient und langlebig – entscheidende Vorteile für den Satellitenbetrieb im All.

Welche Kompetenzen bringt Brose in die Raumfahrt ein?

Brose setzt auf seine gewachsenen technologischen Fähigkeiten aus dem Automobilbereich und will diese nun für die Raumfahrt nutzbar machen. Raymond Mutz, Geschäftsführer Antriebe bei Brose, verweist auf die technische Expertise des Unternehmens, die durch die Kooperationen gezielt auf Raumfahrtanwendungen übertragen werden könne.

Auch aus wissenschaftlicher Sicht wird der Schulterschluss positiv bewertet. Frank Schäfer, stellvertretender Leiter des Ernst-Mach-Instituts in Freiburg, betont die Synergien zwischen angewandter Forschung und industrieller Fertigung. Die Verbindung aus wissenschaftlichem Know-how und Serienfertigungskompetenz könnte entscheidend für den Erfolg des Projekts sein.

Wie wichtig ist der Standort Würzburg für das Vorhaben?

Würzburg rückt mit dem neuen Projekt in den Fokus. Die unterfränkische Universitätsstadt gilt schon heute als Hotspot für satellitengestützte Technologien. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bezeichnete die Brose-Kooperation als „starkes Signal für Bayern und den Raumfahrtstandort Würzburg“.

Die neue Ausrichtung kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Noch im Frühjahr 2025 stand der Brose-Standort Würzburg in Frage. Nach einem Verlust von 142 Millionen Euro im Jahr 2024 und einem Umsatzrückgang auf 7,7 Milliarden Euro war das Unternehmen in eine Restrukturierungsphase eingetreten. Rückläufige Produktionszahlen hatten die wirtschaftliche Lage zusätzlich belastet.

Wie sichert das Projekt Arbeitsplätze bei Brose?

Die Zusammenarbeit mit den Forschungspartnern soll nicht nur neue Märkte erschließen, sondern vor allem bestehende Arbeitsplätze sichern und neue schaffen. Hülya Düber, Bundestagsabgeordnete der CSU aus Würzburg, erklärte, dass die Partnerschaften ein zentraler Baustein zur Sicherung des Brose-Werks in Würzburg seien. Der Einstieg in die Raumfahrttechnologie ermögliche es, hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig die bestehende Kompetenzbasis zu erweitern.

Partnerschaften mit Forschung und Industrie

Die Kombination aus industrieller Erfahrung, Forschungsnähe und spezialisierter Raumfahrttechnologie bietet Brose einen strategischen Vorteil. Die beteiligten Fraunhofer-Institute bringen wissenschaftliche Exzellenz und Zugang zu neuesten Forschungsergebnissen mit, während das Berlin Space Consortium als erfahrener Partner für Antriebstechnologien in der Raumfahrt auftritt.

Insbesondere die Nutzung von Hall-Effekt-Antrieben stellt eine moderne Lösung dar, um Kleinsatelliten energieeffizient und langlebig zu betreiben. Damit ließe sich eine technologische Basis schaffen, die auch über Würzburg hinaus Bedeutung erlangen könnte.

Wie reagiert die Politik auf das Raumfahrt-Projekt?

Die bayerische Staatsregierung zeigt sich überzeugt vom Nutzen des Projekts. Wirtschaftsminister Aiwanger betonte die Bedeutung des Projekts für den Standort Bayern insgesamt. Bereits heute spiele die Region Würzburg eine zentrale Rolle im Bereich satellitengestützter Technologien. Durch den Einstieg eines industriellen Schwergewichts wie Brose könnte sich diese Position weiter festigen.

Auch lokalpolitisch wird die Entscheidung als strategisch sinnvoll gewertet. Die Gefahr eines Stellenabbaus wird durch die neue Ausrichtung offenbar deutlich reduziert. Damit wird aus einem wirtschaftlichen Problem eine mögliche Zukunftsperspektive.

Industriekrise als Wendepunkt

Der Einstieg in die Raumfahrt ist eine Reaktion auf die strukturellen Herausforderungen der Automobilindustrie. Brose ist mit 32.000 Mitarbeitenden in 24 Ländern aktiv, doch die rückläufige Nachfrage, steigende Kosten und die Anforderungen der Transformation haben das Unternehmen zuletzt stark belastet. Der Blick in Richtung All ist deshalb mehr als eine technologische Spielerei – es ist ein möglicher Neustart.

Zukunft in Serie – Würzburg als Produktionszentrum

Die geplante Serienfertigung der Kleinsatelliten in Würzburg könnte nicht nur Brose wirtschaftlich stabilisieren, sondern auch Würzburg als Industriestandort neu positionieren. Die Kombination aus universitärer Forschung, industrieller Produktion und politischer Unterstützung schafft ein Umfeld, in dem Innovation nicht nur möglich, sondern auch gewünscht ist.

Mit Material der dpa