Aus eins mach zwei: Hat sich die Schleiftechnik in den vergangenen Jahren hauptsächlich auf der GrindTec getroffen, gibt es künftig zwei Möglichkeiten zum Austausch und Vernetzen. Denn neben der bestehenden Messe kommt noch eine weitere hinzu: Die GrindingHub vom VDW.
Die neue Messe positioniere „sich ganz klar als Wettbewerb zur GrindTec“, sagt VDW-Geschäftsführer Wilfried Schäfer auf Nachfrage von PRODUKTION. „Wir streben an, gemeinsam mit unseren Partnern Swissmem und Messe Stuttgart eine neue Leitmesse für die Schleiftechnik in Stuttgart zu etablieren“, erklärt er. Das habe man sich jedoch nicht einfach am grünen Tisch ausgedacht. Er berichtet: „Vielmehr haben wichtige Aussteller der GrindTec uns gegenüber ihren Bedarf an einer neuen Lösung an einem geeigneten Standort formuliert, um sich für die Zukunft sattelfest zu machen, und uns aufgefordert, ein Angebot zu machen.“ Dem sei der Verband nachgekommen.
Und wie reagiert die GrindTec? Henning Könicke, Geschäftsführer des Veranstalters AFAG erklärt auf Anfrage: „Es gibt einen neuen, zusätzlichen Marktbegleiter. Auch diesen Wettbewerb nehmen wir an und überzeugen weiterhin mit unseren Konzepten und Ideen.“ Dass diese funktionieren und zukunftsfähig seien, habe sich bereits gezeigt.
Die zwei Messen finden kurz hintereinander statt
In der Messewirtschaft gebe es gelegentlich die Situation, dass erfolgreiche Konzepte auch die Neugier und das Interesse anderer Standorte oder Veranstalter wecken, sagt Könicke weiter. AFAG habe bereits 1998, gemeinsam mit seinem Partner FDPW das Potential und die Bedeutung dieser sehr speziellen Branche erkannt und ihr mit der GrindTec eine Heimat geschaffen. „Wir sind daher nicht verwundert, dass andere jetzt an dieser Entwicklung partizipieren möchten, jedoch haben uns die dahinterstehenden Protagonisten ein wenig verwundert“, erklärt er.
Somit wird es 2022 zwei Messen für Schleiftechnik geben – und das auch noch kurz hintereinander: Die GrindTec wird vom 15. bis 18. März 2022 in Augsburg stattfinden. Die GrindingHub ist dann rund zwei Monate später vom 17. bis 20. Mai im 160 Kilometer entfernten Stuttgart.
Eine Tatsache, die viele Unternehmen vor eine Entscheidung zwischen beiden Messen stellen wird, wie das Beispiel von Studer zeigt. Geschäftsführer Sandro Bottazzo erklärte diese Woche auf Nachfrage auf einer Pressekonferenz: „Die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen. Wir denken, dass es vermutlich keinen Sinn hat im März und dann gleich im Mai wieder an einer Messe teilzunehmen.“
Und weiter: „Insofern gehen wir davon aus, dass wir sicher am neuen Format der GrindingHub in Stuttgart teilnehmen werden und die GrindTec ist noch nicht final entschieden, aber es wird vermutlich so sein, dass zwei Messen so kurz hintereinander für uns — jetzt nicht nur für uns als Studer, aber auch für uns als United Grinding Group — einfach zu viel ist und keinen Sinn macht.“ Bottazzo erklärte, die GrindingHub habe ein gutes Potenzial. Er sei überzeugt, dass viele Kunden ein zusätzliches Format begrüßen.
Das sind die Konzepte von GrindTec und GrindingHub
Es zeigt sich also: Die Messen müssen sich abheben, um Aussteller und Kunden zu überzeugen. Auf die Frage, wie sich die GrindTec von der GrindingHub abheben möchte und ob der Fokus nun mehr auf dem Werkzeugschleifen liegen wird, antwortet Geschäftsführer Könicke: „Die Frage ist doch vielmehr, wie sich eine neue und noch nicht erprobte Veranstaltung von einer erfolgreichen und bewährten Messe abheben möchte.“ Seine Messe werde an der über Jahrzehnte entwickelten Struktur und der spezialisierten Nomenklatur der GrindTec festhalten. In dieser habe natürlich auch das Werkzeugschleifen einen festen Platz.
Könicke erklärt weiter: „Wenn wir uns die aktuell rund 200 vorliegenden Anmeldungen ansehen, stellen wir keine nennenswerten Veränderungen in der Zusammensetzung des Angebots fest.“ Vielmehr stehen für die GrindTec andere Aufgaben im Fokus: Für die Jahre 2022-2026 sehe die Internationalisierung, unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der Branchenfamilie im Vordergrund. Viele Partner hätten dafür Interesse und Unterstützung angemeldet und die internationale Grinding-Community werde mit dem starken Netzwerk zusammenwachsen, sagt Könicke.
Auch die GrindingHub hat sich natürlich überlegt, welchen Fokus sie als neue Messe setzen möchte. „Der Name ‚GrindingHub – Brings Solutions to the surface‘ beschreibt genau, worum es geht, um das Schleifen und das Superfinishing“, erklärt VDW-Geschäftsführer Schäfer. „Im Zentrum stehen Schleifmaschinen und Schleifmittel, aber auch das gesamte Produktionsumfeld wie Software, Prozessperipherie sowie Mess- und Prüfsysteme für alle Qualitätsmanagement-Prozesse rund um das Schleifen.“
Die Fachbesucher sollen sich über Produkte und Lösungen für die gesamte Wertschöpfungskette Schleifen informieren können, von der Produktionsplanung bis hin zur Automatisierung, so Schäfer. Ergänzt werde das Messekonzept durch die Präsentation aktueller Trends in einem Sonderausstellungsbereich „Grinding Solution Park“ und durch digitale Angebote für Aussteller und Besucher sowie eine Web-Konferenz in den messefreien Jahren.
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Beide Veranstalter sind optimistisch
Neben Studer beziehungsweise United Grinding haben schon weitere Unternehmen ihre Teilnahme an der GrindingHub bestätigt, erklärt Schäfer. „Weil der Bedarf nach einem neuen Messekonzept aus der Branche kommt, ist unser Angebot aus dem Stand heraus von vielen potenziellen Ausstellern sehr positiv bewertet worden“, sagt er. Zu den weiteren Ausstellern werden unter anderem Vollmer, Liebherr, und Anca gehören. „Die Anmeldeunterlagen sind seit gut zwei Wochen im Markt und wir werden sehr bald sehen, wie der Markt entscheidet“, so der VDW-Geschäftsführer.
Auch in Augsburg ist man positiv gestimmt. Der Messe liegen nach eigener Aussage rund 200 Anmeldungen vor. „Unser über viele Jahre gewachsenes und stets internationalisiertes Netzwerk besteht aus rund 50.000 Kontakten“, erklärt Könicke. Dieses bilde das Zentrum der Kommunikationsarbeit. Wie sich Besucherzahlen nach Corona entwickeln, könne momentan niemand mit Sicherheit sagen.
Die aktuelle Stimmung in der Branche sei geprägt von Verunsicherung, aber auch von Unverständnis. Die Branchenkonjunktur sei vor und während der Coronakrise angespannt gewesen. Mittlerweile sei eine leichte Aufhellung absehbar, die mit großer Kraftanstrengung genutzt werden müsse. „In diese Phase einen weiteren Treffpunkt setzen zu wollen, löst zumindest Verwunderung aus“, erklärt Könicke. „Tradition mit einer internationalen, markterprobten Erfolgsstory versus Newcomer lautet wohl das Motto.“
Messen während der Corona-Pandemie
Corona hat den Messekalender ganz schön durcheinander gewirbelt. Welche Messen fallen aus? Welche werden verschoben oder finden nur digital statt? In unserem Überblick halten wir Sie auf dem Laufenden.
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Der Chef der Messe München erklärt außerdem, warum Messeveranstalter vom Hallen-Vermieter zum Plattform-Manager werden. Zum Artikel geht es hier.
Und eine Messebauerin berichtet, welchen Plan B sie sich für internationale Gäste überlegt hat. Das Interview gibt es hier.
(Bild: ake1150 - stock.adobe.com)
Warum die GrindingHub nicht mit Steuergeldern subventioniert wird
In den vergangenen Tagen wurde dann auf verschiedenen Plattformen noch ein Vorwurf diskutiert: Die GrindingHub sei durch die Messe Stuttgart eine mit öffentlichen Geldern geplante Gegenveranstaltung zur privatwirtschaftlichen GrindTec. Eine Aussage, die so nicht stimmt, wie Schäfer erklärt: Der VDW habe die GrindingHub als neues Messeprojekt konzipiert, zwei Messestandorte bezüglich Hallenkapazitäten angefragt und sich schließlich für Stuttgart entschieden. „Somit sind die Äußerungen zu Steuersubventionen ein Ablenkungsmanöver, um das eigentliche Problem der unbefriedigenden Abwicklung der Messeabsage für die Aussteller in Augsburg zu überdecken.“
Der VDW sei als Organisator der GrindingHub ebenfalls ein privater Messeveranstalter. „Wir organisieren Messen, wie die EMO Hannover oder die METAV in Düsseldorf, mit vollem geschäftlichem Risiko und haben keine Hilfe zu erwarten, wenn eine Messe schlecht läuft. Damit unterscheiden wir uns nicht von anderen Veranstaltern in Deutschland, die kein eigenes Messegelände haben“, so Schäfer.
(mit Material von Julia Dusold)