Containerhafen mit Terminal und Frachtschiff

Der Welthandel braucht Regeln. Die WTO war bislang der Garant dafür. - (Bild: Pixabay)

Die Deutsche Industrie warnt vor schweren Folgen für die heimische Wirtschaft, falls sich die Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO nicht bald auf neue Streitschlichter einigen.

"Für die stark exportorientierte deutsche Industrie wäre die Blockade der Berufungsinstanz eine Hiobsbotschaft", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, der Deutschen Presse-Agentur. "Ohne verlässliche Regeldurchsetzung droht der deutschen Wirtschaft weiter steigende Unsicherheit auf den Weltmärkten."

Warum es nur drei WTO-Berufungsrichter gibt

Die USA blockieren seit Jahren die Ernennung neuer Berufungsrichter. Ihre Zahl war bereits von sieben auf drei geschrumpft, das ist das vorgeschriebene Minimum. Am 10. Dezember endet das Mandat von zwei weiteren Richtern. Damit fällt ein zentrales Element der Streitschlichtung aus.

"Die USA drohen, dem Welthandelssystem das Kronjuwel zu rauben", sagte Kempf. Er warnte mit Blick auf Zollkonflikte etwa zwischen den USA und China vor einer Umwälzung des internationalen Handels. "Das überwunden geglaubte Recht des Stärkeren verdrängt zunehmend die Stärke des Rechts." Die Folge seien unkalkulierbare Handelskonflikte und starke Auswirkungen auf globale Wertschöpfungsketten und Zukunftsinvestitionen.

BDI-Chef: China muss Zugeständnisse machen

Der BDI-Chef forderte, die EU-Kommission müsse auf eine schnelle Einigung dringen. Dabei müsse auch der "Exportweltmeister China substanzielle Zugeständnisse" machen. Dabei gehe es um "Industriesubventionen, Fragen der Transparenz, Staatsunternehmen und Schutz von Eigentumsrechten", sagte Kempf.

Das Streitschlichtungsverfahren gilt als größte Errungenschaft der WTO. Alle 164 Mitglieder beugen sich den Entscheidungen. Etwa bei zwei Drittel aller Fälle rufen WTO-Mitglieder das Gremium an.

Handelsbilanz von China Infografik
Die Statistik zeigt den Handelsbilanzsaldo von China von 2008 bis 2018. Im Jahr 2018 betrug der Handelsbilanzüberschuss von China rund 351,1 Milliarden US-Dollar. - Grafik: Statista

VDMA warnt: WTO vor dem Herzstillstand

Zur Blockade der Berufungsinstanz des WTO-Handelsgerichts durch die USA unter Präsident Donald Trump erklärt Ulrich Ackermann, Abteilungsleiter Außenwirtschaft im VDMA: "Der Welthandelsorganisation (WTO) droht ab morgen der Herzstillstand. Denn die Berufungsinstanz des WTO-Handelsgerichts muss ab sofort ihre Arbeit einstellen. Das sind schlechte Nachrichten für den stark mittelständisch geprägten Maschinenbau, der wie keine zweite Branche auf offene Märkte für Handel und Investitionen angewiesen ist."

Ab sofort drohe im internationalen Warenverkehr das Recht des Stärkeren. Und das in Zeiten, in denen neue Handelskonflikte, Strafzölle und andere protektionistische Maßnahmen den Welthandel zunehmend behindern. "Bereits heute gehen rund 35 Prozent der Exporte des deutschen Maschinenbaus in Länder mit Handelshemmnissen, Tendenz steigend", so Ackermann.

USA: Handelsbilanzsaldo von 2008 bis 2018 Infografik
Die Statistik zeigt den Handelsbilanzsaldo der USA von 2008 bis 2018. Im Jahr 2018 betrug das Handelsbilanzdefizit der USA rund 950,2 Milliarden US-Dollar. - Grafik. Statista

Warum die WTO so wichtig ist

Die Europäische Union hat schon die WTO als Streitschlichter eingeschaltet. Der jüngste Fall: Weil Indonesien die Ausfuhr von Rohstoffen zur Edelstahlproduktion beschränkt, hat die EU sich an die Welthandelsorganisation gewandt.

Die Exportrestriktionen schränkten den Zugang von europäischen Produzenten zu Stoffen wie Nickel oder Chrom unrechtmäßig ein, ließ EU-Handelskommissarion Cecilia Malmström am 22.11.19 in Brüssel mitteilen. Dadurch würden Arbeitsplätze in der EU gefährdet.

Wenn Indonesien und die EU sich in einem nun beginnenden Streitbeilegungsverfahren nicht einigen können, kann die EU ein unabhängiges WTO-Urteil zu dem Fall anfordern. Dies könnte es der EU im letzten Schritt erlauben, Vergeltungszölle auf Importe aus Indonesien zu verhängen.

Fritten-Streit mit Kolumbien: EU schaltet WTO ein

Ein anderer Fall aus der jüngeren Vergangenheit: Im Streit um kolumbianische Zölle auf Tiefkühl-Fritten aus Deutschland, Belgien und den Niederlanden hat die EU die Welthandelsorganisation WTO eingeschaltet. Das Land habe auf zahlreiche Aufforderungen, die ungerechtfertigten Zölle aufzuheben, nicht reagiert, teilte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Brüssel mit. Deswegen sei nun ein Streitbeilegungsverfahren bei der WTO gestartet worden.

Nach Angaben der EU behindern die 2018 eingeführten Zölle auf ungerechtfertigte Weise den Zugang europäischer Unternehmen zum kolumbianischen Markt. Sie beträfen 85 Prozent der EU-Exporte von Tiefkühl-Pommes in das südamerikanische Land, die jährlich einen Wert von mehr als 19 Millionen Euro hätten.

Wenn Kolumbien und die EU sich in dem Streitbeilegungsverfahren nicht einigen können, kann die EU ein unabhängiges WTO-Urteil zu dem Fall anfordern. Dies könnte es der EU erlauben, Vergeltungszölle auf Importe aus Kolumbien zu verhängen.

Mit Material von dpa, der EU, dem BDI und dem VDMA.

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