Aus einer aktuellen Studie des Center Automotive Research der Uni Duisburg-Essen und Leitung von Prof. Ferdinand Dudenhöffer geht hervor: Mit 6 Millionen Neuwagen werden in Indien im Jahr 2030 knapp doppelt so viele Autos verkauft wie in Deutschland.
Dudenhöffer kommentiert: „Dabei ist die Prognose für den indischen Automarkt eher konservativ und geht von einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum des indischen Pkw-Markts von 5 Prozent aus, während etwa in den letzten zehn Jahren – also von 2006 bis 2016 – der indische Automarkt jährlich durchschnittlich um 9 Prozent gewachsen ist.“
Größter Markt für Low Budget Autos
Gleichzeitig weist der indische Automarkt eine weitere Besonderheit auf: Knapp zwei Drittel der in dem Land verkauften Autos laufen unter dem Begriff ‚Low Budget Car‘.
Dabei handelt es sich um Autos, die weniger als 5.000 Dollar kosten. Dudenhöffer sagt: „Wer in Indien erfolgreich sein will, braucht das ‚Budget Car‘.“ Marktführer in diesem Segment ist Maruti-Suzuki mit 47 Prozent Marktanteil.
Skalen-Effekte und damit hohe Verkaufsvolumen spielen besonders beim ‚Budget Car‘ eine wichtige Rolle. „Ohne das Überschreiten von kritischen Größen, die bei jährlichen Produktionen von mehr als 300.000 Fahrzeugen liegen, wird es betriebswirtschaftlich schwer, die Industrialisierung von ‚Budget Cars‘ umzusetzen“, so Dudenhöffer. Damit liegt es nahe, mit Kooperationen und Gemeinschafts-Unternehmen die Hürde der Skaleneffekte zu überspringen.
So wie es etwa PSA und Toyota mit dem Joint- Venture ‚Toyota Peugeot Citroën Automobile‘ seit 2002 im tschechischen Kolín für den europäischen Markt vormacht. Das französisch-japanische Konglomerat fertigt dort die Modelle Citroën C1, Peugeot 108 und Toyota Aygo. Es scheint als habe sich der Volkswagen-Konzern dieses Kooperationsprojekt zum Vorbild genommen.
VW kooperiert mit Tata
VW hat gemeinsam mit seiner Tochter Skoda ein ‚Memorandum of Understanding‘ mit Tata unterzeichnet. Volkswagen-Konzern-Boss Matthias Müller sagte im Rahmen der Unterzeichnung: „Mit der beabsichtigen strategischen Partnerschaft mit Tata Motors wollen wir konzern- und markenübergreifend die Voraussetzungen schaffen, um kundenadäquate Mobilitätslösungen auch für die neuen, schnell wachsenden Automobilmärkte anbieten zu können.“ Damit kann also nur das Budget Car gemeint sein.
Zusammen mit dem indischen Autokonzern unternimmt Volkswagen einen weiteren Anlauf, um in Schwellenländern Fuß zu fassen. Die Wolfsburger hatten sich vor einigen Jahren mit Suzuki zusammengetan, der mit seiner Beteiligung Maruti in Indien stark vertreten ist. Die Allianz ging jedoch in die Brüche, weil sich Suzuki von Volkswagen dominiert sah.
‚Budget Car‘ ist kein Billigstauto
Dabei ist ‚Budget Car‘ nicht zu verwechseln mit einem Billigstauto. „Das musste der indische Tata Konzern mit seiner Sparte Tata Motors feststellen, als er regelrecht Schiffbruch mit seinem Billigstauto, dem Tata Nano, erlitt“, weiß Dudenhöffer Das Fahrzeug sollte für rund 2.000 Dollar den indischen Automarkt aufrollen, wurde aber mit vielen Pannen und wenig Kundeninteresse zum Flop. Der indische Automarkt zeichnet sich durch die Besonderheit aus, dass zwar „Budget“ das weitaus bedeutendste Marktsegment darstellt, aber „Ultra Low Cost“, so wurde der Tata Nano und ähnliche Konzepte von kleineren Anbietern genannt, wenig Kundeninteresse findet.
Hinzu kommt, dass auch für Indien immer stärker Emissions- und Sicherheitsregelungen die Lastenhefte für Neuwagen prägen. „Der indische Automarkt unterscheidet sich dabei nicht nur in seiner Größe von China, sondern deutlich auch in den Kundenansprüchen“, so der Autoexperte der Uni Duisburg-Essen.
Beide Märkte sind nicht nur durch Zölle, sondern auch deutlich durch Kundenpräferenzen voneinander abgetrennt. Während indische Kunden, auch aufgrund der deutlich niedrigeren Einkommen als in China, auf das „Budget Car“ setzen, sind chinesische Autokäufer anspruchsvoller, auch hinsichtlich Internet-Applikationen und Vernetzungsangeboten beim Auto.