Ein Paar ist in einem Autohaus und wird von einem Verkäufer herumgeführt.

Autobauer fordern Kaufprämien, um den Fahrzeugkauf wieder anzukurbeln. - (Bild: Adobe Stock/harbucks)

Die Automobilindustrie ist mit am stärksten von der Coronakrise betroffen: Es mussten nicht nur Werke wochenlang geschlossen werden, auch die Nachfrage sank dramatisch. Autobauer fordern deshalb eine Kaufprämie, um die Industrie wieder anzukurbeln. Das rief einige Kritik hervor. Besonders umstritten ist, ob Diesel und Benziner bezuschusst werden sollen.

VW-Betriebschef Bernd Osterloh erklärte bereits Ende April in einem Brief an die Mitarbeiter, man werde sich dafür starkmachen, dass die Politik Geld für einen Impulsstoß für die Branche bereitstelle. „Wir wissen, dass wir damit nach Steuermitteln rufen“, schrieb Osterloh weiter. „Aber wir wissen auch, dass sich dieses Geld für unsere Gesellschaft klug anlegen ließe und sich so gleich mehrfach rechnen könnte – nämlich ökonomisch, ökologisch und sozial.“

BMW-Chef Oliver Zipse sagte Anfang Mai, eine Kaufprämie könne helfen, die Konjunktur in Deutschland insgesamt anzuschieben. Sie müsste aber auch für saubere Verbrenner bezahlt werden, denn „der Effekt entsteht durch das Hochlaufen der Stückzahlen“. Daimler-CEO Ola Källenius sprach sich für eine pauschale Lösung aus - so einfach wie möglich und für alle Segmente.

Darum hält Webasto-Chef Kaufprämie für sinnvoll

Neben den Autobauern äußerte sich unter anderem auch der Zulieferer Webasto. Der Vorstandsvorsitzende Dr. Holger Engelmann sagte vergangene Woche auf einer Pressekonferenz, die Frage nach einer Kaufprämie sei sicherlich keine einfache. Er sehe aber das Nachfrageproblem: „Die Fahrzeuge fließen in den Markt nicht ab, weil es eine breite Verunsicherung gibt“, erklärte er. Der Absatz sei jedoch für die Erholung der Branche wichtig.

Keine klare Meinung hatte Engelmann dazu, welcher Kaufimpuls das bessere Instrument sei. Es sei nur wichtig, am Anfang über die allgemeine Verunsicherung hinwegzukommen. „Wenn die Menschen merken, da kommt wieder Bewegung in das Wirtschaftssystem, ist das ein sich selbst verstärkender Effekt“, sagte der Vorstandsvorsitzende. Er erklärte aber auch: All das kann nur ein Stimulus sein, am Ende müsse die Wirtschaft von selber – also ohne Hilfen – laufen.

Autoländer unterstützen Forderung nach Kaufprämie

Unterstützung erhalten Autobauer und Zulieferer von den „Autoländern“ Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Sie fordern Prämien von bis zu 4.000 Euro für Neuwagen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erklärte Anfang Mai, der Automarkt in Deutschland müsse dringend angekurbelt werden, auch wegen seiner Bedeutung für vor- und nachgelagerter Arbeiten. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) forderte eine Staatshilfe für die Automobilbranche.

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Andere Politiker setzen sich ebenfalls für den Zuschuss ein: So erklärte zum Beispiel Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein, die Kaufprämie könne sich erhöhen, wenn man ein altes Auto verschrotten lasse. Generell nur den Kauf von Fahrzeugen bis zu einem bestimmten Kaufpreis oder einem begrenzten CO2-Ausstoß zu fördern, lehnte Nüßlein ab. Es gehe zunächst nur darum, aus dem Konjunkturknick zu kommen, erklärte er.

Verbände und Gewerkschaft plädieren für Kaufprämie

Auch der VDA schloss sich dem Ruf nach einer Prämie an. In der ‚Welt am Sonntag‘ erklärte VDA-Chefin Hildegard Müller, es gebe eine doppelte Zurückhaltung. Einerseits seien potenzielle Käufer durch die Corona-Pandemie verunsichert. Andererseits warten die Verbraucher bei einer Debatte um Kaufprämien natürlich ab, bis die Prämie tatsächlich kommt, erklärte Müller. Sie sagte außerdem, die Branche wünsche sich eine „breite Förderung“, also nicht nur für E-Autos und Hybridfahrzeuge, sondern auch für Verbrenner.

Ein Unterstützer der Kaufprämie ist auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). „Auch eine Kaufprämie für Fahrzeuge ist sinnvoll, wenn sie technologieoffen ist und auch für emissionsarme Verbrenner gilt“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der ‚Neuen Osnabrücker Zeitung‘.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall spricht sich ebenfalls für einen Zuschuss aus. Man könne aus vielerlei Gründen sagen „die haben das nicht verdient“, meinte Verbands-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. „Aber wir haben da das größte Loch und wir könnten erwarten, dass das einen positiven Effekt auf die Nachfrageseite und damit die Konjunktur hätte.“

Wirtschaftsweisen stehen Kaufprämie skeptisch gegenüber

Kritik kommt dagegen von den fünf Wirtschaftsweisen. Die Bundesregierung dürfe dem Druck einzelner Branchen nicht nachgeben, schreiben die Experten in einem Gastbeitrag für die ‚Süddeutsche Zeitung‘.  Denn: Der Kaufanreiz verfestige die tendenziell bestehenden Strukturen, ohne eine durchschlagende konjunkturelle Wirkung zu erzielen.

Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer kritisierte außerdem im Club Wirtschaftspresse in München, dass Autokonzerne einerseits eine staatliche Kaufprämie fordern, andererseits aber Gewinne an die Aktionäre ausschütten. Die Unternehmen sollten laut Schnitzer zunächst einmal ihre Notgroschen verwenden, so wie jeder Bürger auch.

In der Politik gibt es neben Befürwortern auch Gegner der möglichen Prämie. Dazu zählt der Wirtschaftsflügel der Unions-Bundestagsfraktion. „Wir fordern branchenübergreifende Entbürokratisierungen und Unterstützungen und akzeptieren spezifische Lösungen nur für die Unternehmen, welche weiterhin von staatlichen Auflagen betroffen sind“, sagte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand, Christian von Stetten.

Auch aus Kreisen der SPD gibt es Zweifel: SPD-Chef Norbert Walter-Borjans erklärte zum Beispiel dem ‚Rbb‘, Deutschland sei noch mitten in der Krise. Viele Menschen würden „jetzt alles andere tun als sich entscheiden, ein neues Auto zu kaufen“.

Kritik von Umweltverbänden

„Von einer pauschalen Abwrackprämie für alte Autos halte ich wenig“, sagte Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes. „Selbst Neufahrzeuge mit der neusten Abgasreinigung helfen nur wenig beim Klimaschutz.“ Ihre CO2-Emissionen lägen in der Praxis im Schnitt nur wenig unter denen der Altfahrzeuge. Er könne sich höchstens eine Kaufprämie für sehr sparsame Autos mit CO2-Emissionen unter 95 Gramm pro Kilometer vorstellen, erklärte er.

Daneben kritisierten viele Umweltverbände mögliche Kaufprämien: Kai Niebert, der Chef des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring sagte: „Kein Mensch muss veraltete CO2-Schleudern gegen neue CO2-Schleudern austauschen.“ Die Kassen der Autokonzerne seien gefüllt. Für den BUND sind Anreize für den Autokauf „Anti-Innovationsprämien“. „Statt jetzt Motoren aus dem letzten Jahrhundert zu retten, sollte Kanzlerin Merkel den klimafreundlichen Umbau der Autoindustrie ankurbeln“, sagte Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan. 

Und was sagen die Bürger? Laut einer Umfrage des YouGov-Instituts Anfang Mai halten 45 Prozent der Deutschen eine Kaufprämie – egal für welchen Antrieb – für unangemessen, 31 Prozent halten sie dagegen für vertretbar. Nach Zahlen des ARD-Deutschlandtrends vom 7. Mai sind sogar 63 Prozent gegen staatliche Anreize beim Auto-Kauf. 22 Prozent sprachen sich für eine Kaufprämie für klimafreundliche Autos aus und nur zwölf Prozent befürworteten einen Anreiz für alle Neuwagen.

(mit Materialen von Dpa)

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