So kann sich Deutschland aus Rohstoffabhängigkeiten lösen
Deutschland und die EU importieren viele als kritisch eingestufte Rohstoffe aus wenig demokratisch verfassten Ländern. Wie sich die extreme Abhängigkeit begrenzen lässt, erfahren Sie hier.
Sabine KöniglSabineKönigl
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Als kritisch gelten Rohstoffe laut EU-Kommission, wenn sie ökonomisch wichtig sind, ihr Angebot aber gleichzeitig als riskant eingestuft wird.(Bild: Phawat - stock.adobe.com)
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Deutschland ist von Rohstoffimporten extrem abhängig – und vulnerabel: Die Wirtschaft ist zu über 90 Prozent auf entsprechende Importe angewiesen. Auch EU-weit sieht die Lage nur wenig besser aus. Zudem ist die Konzentration auf wenige Lieferländer alarmierend hoch, die zudem oft keine Demokratien sind.
Für die Studie haben die Autoren die Importabhängigkeit Deutschlands und der EU bei 30 kritischen Rohstoffe unter die Lupe genommen. Als kritisch gelten Rohstoffe laut EU-Kommission, wenn sie ökonomisch wichtig sind, ihr Angebot aber gleichzeitig als riskant eingestuft wird, wie Seltene Erden, Magnesium, Lithium, Kobalt oder Bauxit. Anhand des Voice-and-Accountability-Index der Weltbank haben die Forscher zudem analysiert, wie es um die demokratische Lage der Lieferländer steht. „Die Kombination extremer Konzentration kritischer Anbieter mit einem zwingenden Importbedarf der deutschen und europäischen Wirtschaft ist extrem beunruhigend“, sagt Studienautor Marius Zeevaert.
Die Lieferrisiken sind gerade bei dringend benötigten Rohstoffen extrem hoch. Mineralische Rohstoffe wie Seltene Erden, Lithium und Magnesium werden vor allem in Industrien benötigt, die als zukunftsträchtig gelten, wie die Auto- und Mobilfunkproduktion oder die Energiewirtschaft, was die Rohstoffnachfrage um ein Vielfaches steigen lassen wird. Seltene Erden und Magnesium bezieht die EU derzeit zu mehr als 90 Prozent von China. Bei Lithium ist die Abhängigkeit mit einem Importanteil von 63 Prozent von Chile sehr groß.
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Eine Diversifizierung der Lieferstaaten liegt zunächst nahe: Bei allen drei kritischen Rohstoffen könnte die Versorgung auch auf andere Länder ausgeweitet werden. Seltene Erden könnten zusätzlich über Brasilien, Indien und Australien bezogen werden, Lithium über Australien, China und Argentinien. Das kurzfristige Diversifizierungspotenzial ist wegen der großen Mengen aber nur begrenzt.
(Bild: sashagrunge - stock.adobe.com)
Rohstoffe: Preise und Infos zu Kupfer und Schrott
Rohstoffe sind in der heutigen globalisierten Welt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Besonders Kupfer und Schrott haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Das liegt auch an den aktuellen Nachhaltigkeitsbemühungen der Industrie. Kupfer wird unter anderem für die Herstellung von elektrischen Leitungen und Bauteilen verwendet, während Stahlschrott als wichtiger Rohstoff für die Stahlproduktion dient. Erfahren Sie hier alles Wissenswerte über Kupfer und Stahlschrott - zu welchen Preisen sie gehandelt werden, wo sie herkommen und wozu sie benötigt werden.
„Es ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen erforderlich, die am besten alle gleichzeitig vorangetrieben werden sollten“, empfiehlt Zeevaert. Neben der Diversifizierung der Lieferländer schlagen die Autoren vor, die Lagerhaltung um verpflichtende Mindestreserven zu ergänzen und die Beschaffung relevanter Rohstoffe europaweit zu bündeln, um der Marktmacht der wenigen Anbieter etwas entgegen zu setzen.
Längerfristig kann die Sicherheit der Rohstoffversorgung erhöht werden, indem Rohstoffimporte teilweise ersetzt werden. Hierzu gehört ein verbessertes Recycling. Weiterhin können eigene Produktionsmöglichkeiten stärker genutzt werden. Gerade Magnesium und Lithium ließen sich auch in der EU abbauen. Zudem lassen sich technische Innovationen fördern, die den Einsatz kritischer Rohstoffe reduzieren oder sogar komplett ersetzen. „Durch alle genannten Maßnahmen würden zwar auch die Kosten der Rohstoffe steigen, aber Deutschland würde stark an Versorgungssicherheit gewinnen – vor allem dann, wenn die Länder der Europäischen Union kooperieren würden“, schlussfolgert Studienautor Menkhoff.
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Quelle: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.