Die Transformation schreitet weiter voran und Zukunftstechnologien werden bald die Technologien von heute. ZF will seine Mitarbeitenden bestmöglich darauf vorbereiten und startet deshalb bald das bisher größte Schulungsprogramm in der Unternehmensgeschichte. In der „E-Cademy“ sollen die Beschäftigten für das Thema E-Mobilität geschult werden, erklärte ZF-Chef Wolf-Henning Scheider heute auf der Jahrespressekonferenz.
Teams sollen so zielgerichtet im Technologiewandel begleitet werden, sagte er. Es gibt unter anderem Ausbildungsprogramme mit einer Dauer von mindestens sechs Monaten, um sich für Zukunftsprofile qualifizieren zu können.
Die Transformation hat auch weiter Einfluss auf den Stellenabbau. 2020 hat ZF weltweit 6.450 Stellen reduziert. Zusätzliche Stellen wurden in den Bereichen Elektromobilität, autonomes Fahren und Softwareentwicklung geschaffen. In Deutschland, wo über den „Tarifvertrag Transformation“ bis Ende 2022 eine Beschäftigungs- und Standortsicherung gilt, haben fast 2.000 Mitarbeitende Abfindungs- und Altersteilzeitangebote angenommen.
Mehr zur teilweise dramatischen Lage der Zulieferer lesen Sie hier:
Stellenabbau: So geht es bei ZF weiter
Im vergangenen Jahr war insgesamt von einem Stellenabbau von 15.000 die Rede. Scheider erklärte nun, die Zahl sei aus internen Maßnahmeprogrammen und sei vor dem Hintergrund der Transformation grundsätzlich richtig. Er erwarte aber nicht, dass sie jemals erreicht werde Der Grund: ZF wächst in neuen Bereichen und will über die Umschulungsprogramme seine Beschäftigten genau dafür qualifizieren.
Neben der Transformation prägt natürlich auch die Pandemie das Handeln von ZF stark. 2020 sei dennoch kein verlorenes Jahr gewesen, sondern ein ambivalentes, sagte Scheider. Im Vergleich zum Vorjahr ist der Umsatz 2020 um rund elf Prozent auf knapp 33 Milliarden Euro zurückgegangen.
Der ZF-Chef sprach dabei von „nur elf Prozent“ denn: „Dass wir diesen Wert nach einem Rückgang von 27 Prozent in der ersten Jahreshälfte noch erreichen konnten, ist vor allem den Aufholeffekten in der zweiten Hälfte zu verdanken“, sagte er. ZF profitierte wie alle anderen Zulieferer auch von den anziehenden Märkten, vor allem in China.
In Europa macht ZF den meisten Umsatz
Auf die Regionen verteilt macht ZF weiter den meisten Umsatz in Europa (46 Prozent), sagte Finanzvorstand Dr. Konstantin Sauer. Dort sank der Umsatz jedoch pandemiebedingt um 15 Prozent. Noch drastischer zeigen sich die Auswirkungen in Nordamerika: Hier erzielte ZF 17 Prozent weniger Umsatz. Nordamerika macht 26 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Lediglich in der Region Asien-Pazifik mit einem Anteil von 25 Prozent konnte ZF ein leichtes Plus von 0,3 Prozent erzielen.
Zwischenzeitlich waren 50.000 ZF-Mitarbeiter in Kurzarbeit. Je nach Standort arbeiten sind derzeit immer noch Beschäftigte in Kurzarbeit.
Um die Finanzsituation zu verbessern, hatte sich ZF im ersten Halbjahr 2020 durch einen syndizierten Kredit zusätzliche Liquidität verschafft. Diesen hat das Unternehmen dann im zweiten Halbjahr wieder vollständig zurückgezahlt. Erstmals hat ZF außerdem ein EMTN-Programm (Euro Medium Term Note) aufgesetzt, was ein schnelleres und flexibleres Platzieren von Anleihen erlaubt. Unter diesem Programm hat ZF nach eigener Aussage im Herbst 2020 bereits Anleihen mit einem Gesamtvolumen von zwei Milliarden Euro platziert.
In diesem Bereich will ZF Marktführer in Europa werden
Auch 2021 geht der Wandel des Unternehmens weiter: Mit der zu Jahresbeginn erfolgten Gründung der Division Electrified Powertrain Technology, die konventionelle, Hybrid- und rein elektrische Antriebstechnologien für Pkw bündelt, habe ZF die Phase des Wandels hin zur E-Mobilität erfolgreich weiter beschleunigt, sagte Scheider.
Kern des Produktprogramms seien die Wechselrichter (Inverter) als zentraler Bestandteil der Leistungselektronik. „In diesem Segment wollen wir Marktführer in Europa werden und unter den Top-Anbietern weltweit sein“, erklärte der CEO. Bis Ende 2020 hat ZF Aufträge für elektrische Antriebskomponenten mit einem Umsatzvolumen von 14 Milliarden Euro für die nächsten Jahre gewonnen. Dieser positive Trend habe sich in den ersten Monaten dieses Jahres fortgesetzt.
Auch der Bereich Industrietechnik entwickelt sich für ZF positiv. Besonders gefragt waren nach Unternehmensangaben die Produkte der Sparte Windkraft-Antriebstechnik. Der Umsatz dieses Geschäftsbereichs vervierfachte sich seit 2013 von etwa 230 Millionen Euro auf erstmals eine Milliarde Euro im vergangenen Jahr.
Das sind die Industrietrends 2021
Was sind die Trends für 2021? Wie schätzt die Industrie die wirtschaftliche Lage ein? PRODUKTION hat beim VDMA, VDW, ZVEI und den Unternehmen ZF und Ceratizit nachgehakt. Wir wollten wissen:
Welche Schulnote würden Sie der Konjunktur für das Jahr 2021 geben? Was erwarten Sie von der neuen US-Regierung für die deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen? Die Antworten gibt es hier.
Wie hat Corona die Zusammenarbeit innerhalb der Unternehmen verändert? Hier geht es zum zweiten Teil der Industrietrends.
Werden die Firmen Lieferketten infolge des Corona-bedingten Zusammenbruchs der Supply Chains dauerhaft anpassen? Werden die Lieferketten wieder regionaler? Alles zum Thema Lieferketten lesen Sie hier.
(Bild: littlewolf1989 - stock.adobe.com)
Ausblick: Diese Herausforderungen gibt es für den Zulieferer
Ein weiterer wichtiger Punkt in der Unternehmensstrategie ist die Nachhaltigkeit. ZF will bis 2040 klimaneutral werden – auch in der Nutzungsphase im Markt, erklärte Scheider. „Dazu wollen wir unter anderem unseren CO2-Ausstoß konsequent reduzieren, auch in unserer Lieferkette.“ So sollen unter anderem die Standorte jedes Jahr um zwei Prozent energieeffizienter werden. „Wir wollen ganz bewusst nicht auf Zertifikate setzen“, sagte der ZF-Chef.
Für 2021 rechnet das Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 37 und 39 Milliarden Euro. Es gebe weiter Unsicherheiten, zum Beispiel bei den Halbleitern. Die Auswirkungen auf das Gesamtjahr seien derzeit schwer einzuschätzen, erklärte Scheider.
Auch die strengeren Vorgaben bei den Emissionsreduzierungen und Kaufanreize für E-Autos. Hier wünsche er sich mehr Planbarkeit von Seiten der Politik, so der CEO. Denn Pkw-Zyklen lassen sich nicht über Nacht ändern. Viele werde auch davon abhängen, wie die Emissionsstrategie der EU letztendlich aussehen werde. Scheider hofft auf eine Lösung, die Umwelt- und Wirtschaftsaspekte berücksichtigt. Nichtsdestotrotz sieht er ZF auf den schnellen Erfolg der E-Mobilität vorbereitet.