
Eirik Lie, President Kongsberg Defence & Aerospace (li.), und Oliver Burkhard, CEO thyssenkrupp Marine Systems, unterzeichneten den Kooperationsvertrag. (Bild: Kongsberg)
Was steckt hinter dem Rüstungsdeal von Kongsberg und TKMS?
Ein strategisches Signal, das weit über nationale Grenzen hinausreicht: Kongsberg Defence & Aerospace und thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) haben eine umfassende Vereinbarung geschlossen, die ihre langjährige Zusammenarbeit auf eine neue Stufe hebt. Im Fokus steht nicht nur der bilaterale Nutzen, sondern auch eine Antwort auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen in Europa.
Bereits in der Vergangenheit kooperierten die beiden Unternehmen erfolgreich im Bereich U-Boot-Technologien. Jetzt soll die Kooperation auf neue Schiffssysteme, Lenkwaffen, Überwachungs- und Zielsysteme ausgeweitet werden – und zwar über alle militärischen Domänen hinweg. Die Vereinbarung ist ein klares Bekenntnis zur industriellen Partnerschaft, technologischen Weiterentwicklung und verteidigungspolitischen Souveränität beider Länder.
Warum ist das Abkommen strategisch so wichtig?
Hintergrund des Deals ist die Entscheidung Norwegens, mit Deutschland über eine strategische Partnerschaft für neue Fregatten ins Gespräch zu gehen. Damit soll die alternde Fridtjof Nansen-Klasse ersetzt werden. Deutschland gehört seit 2024 zu einem der vier priorisierten Länder, mit denen Norwegen diese Partnerschaft diskutiert.
Ein möglicher gemeinsamer Schiffsbau bedeutet nicht nur technologischen Fortschritt, sondern auch wirtschaftliche Impulse – sowohl für den deutschen als auch für den norwegischen Markt. Jobs, Investitionen und Know-how-Transfer inklusive.
Welche Technologien stehen im Zentrum der Kooperation?
Kernprojekte der neuen Vereinbarung sind:
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Vanguard Vessel System: Eine zukunftsweisende Plattform für multifunktionale Kriegsschiffe, ausgelegt auf Skalierbarkeit und Interoperabilität.
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Through-Life Support für Fregatten: Ein ganzheitlicher Wartungs- und Modernisierungsansatz über den gesamten Lebenszyklus der Schiffe hinweg.
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Strike Missiles: Weiterentwicklung präziser Langstreckenraketen für Marineoperationen.
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Maritime Surveillance & Targeting: Hochentwickelte Systeme zur Erkennung, Verfolgung und Bekämpfung von Bedrohungen auf See.
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Schiffssysteme für beide Marinen: Von Radar- und Kommunikationssystemen bis hin zu integrierten Waffenlösungen.
Diese Bereiche bilden nicht nur die technische Basis, sondern auch die Grundlage für zukünftige gemeinsame Verteidigungsprojekte.
Wie profitieren Industrie und Arbeitsmärkte?
Die Zusammenarbeit bietet erhebliches Potenzial für die wirtschaftliche Entwicklung beider Länder. Dazu gehören der Technologietransfer, bei dem Know-how beidseitig fließt und lokale Unternehmen gestärkt sowie Innovationen gefördert werden, und Investitionen. Neue Projekte bedeuten Kapitalzufluss in Infrastruktur und F&E. Außerdem wird der Jobmotor angeworfen: Vom Ingenieur bis zum Schiffbauer – neue Kooperationen schaffen nachhaltige Beschäftigung.
Die Vereinbarung versteht sich damit nicht nur als Verteidigungspartnerschaft, sondern als industriepolitisches Signal mit Wirkung auf nationale und europäische Lieferketten.
Was sagen die Unternehmen zur Partnerschaft?
Eirik Lie, Präsident von Kongsberg Defence & Aerospace, spricht von einem Ausbau des bestehenden Erfolgsmodells: „Dieses neue Abkommen ermöglicht es uns, auf erfolgreichen Partnerschaften aufzubauen. Es stärkt unsere Fähigkeit, fortschrittliche maritime Fähigkeiten für die norwegischen und deutschen Streitkräfte bereitzustellen.“
Oliver Burkhard, CEO von TKMS, betont den historischen Schulterschluss zwischen beiden Ländern: „Die Zusammenarbeit mit Kongsberg ist Ausdruck einer langjährigen, engen Verbundenheit. Dieses Abkommen vereint viele unserer gemeinsamen Projekte und wird unsere Fähigkeiten, moderne Verteidigungslösungen bereitzustellen, weiter stärken.“
Welche Rolle spielt Europa in diesem Bündnis?
Die Kooperation zielt nicht nur auf nationale Verteidigung – sie ist europäisch gedacht. In Zeiten wachsender geopolitischer Unsicherheiten setzen Deutschland und Norwegen damit ein Zeichen für ein handlungsfähiges Europa im Verteidigungsbereich.
Zudem erfüllt die Zusammenarbeit zentrale Kriterien der EU-Verteidigungspolitik: Interoperabilität, Effizienz, gemeinsame Beschaffung und Autonomie in der Sicherheitsarchitektur. Die Weichen für zukünftige europäische Projekte könnten hier gestellt werden.
Was sagen ähnliche Projekte über Erfolgsaussichten?
Ein Blick auf vergleichbare Kooperationen verdeutlicht: Langfristige Industriepartnerschaften zahlen sich aus. So etwa beim gemeinsamen U-Boot-Projekt zwischen Kongsberg, TKMS und der norwegischen sowie deutschen Marine, bei dem das Typ 212CD erfolgreich entwickelt wird – ein U-Boot mit revolutionären Stealth-Fähigkeiten und hochmodernen Sensoren.
Oder das Joint Venture ARTEC GmbH zwischen Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall und FFG – der Boxer-Radpanzer gilt heute als Exportschlager. Erfolgsrezepte wie klare Aufgabenverteilung, gegenseitiges Vertrauen und politische Rückendeckung machen solche Projekte zu Industrieleuchttürmen.
Was bedeutet das für zukünftige Beschaffungen?
Sollte die Partnerschaft zwischen Norwegen und Deutschland formalisiert werden, könnte das eine Beschaffungswende einläuten. Weg von nationalen Einzelprojekten – hin zu modularen, multinational abgestimmten Plattformen, die Synergien nutzen und Standardisierung vorantreiben.
Das erhöht nicht nur die militärische Effizienz, sondern reduziert auch langfristig Kosten für Wartung und Logistik.