Im nagelneuen 3D-Druckzentrum im Helikopterwerk in Donauwörth sollen die Kapazitäten der Additiven Fertigung weiter ausgebaut werden. „Wir haben hier schon 9.400 Verriegelungswellen für die Türen des A350 gedruckt – das sind 11 Tonnen Titanpulver“, sagt Frank Rethmann, Chef des AM-Centers bei Airbus. Dabei konnten 43 Prozent Gewicht und 23 Prozent Kosten eingespart werden. „Das ist für die Luftfahrt viel“. Bisher konzentriert sich das Team in Donauwörth beim metallischen 3D-Druck vor allem auf die Wellen für die Türen im Airbus A350. Jeder Flieger wurde durch den Einsatz der gedruckten Türwellen mehr als vier Kilogramm leichter.
Künftig aber sollen es noch viel mehr Teile werden. Rethmann hat Bauteile für den elektrisch angetriebenen CityAirbus, den experimentellen Hochgeschwindigkeitshubschrauber Racer sowie den Ausbau der Teile für A320 und A350 im Auge. Dazu wird das AM-Center in der finalen Ausbaustufe auf 500 Quadratmetern Platz finden. „2017 haben wir mit der Serienfertigung von Bauteilen (…) begonnen“, sagt Airbus-Standortleiter Helmut Färber. „Was damals als Start-up anfing, entwickelt sich zu einem Technologiezentrum für Additive Fertigung.“
Additive Fertigung bald auch mit Aluminium
Bislang arbeitet die AM-Mannschaft bei Airbus – neben diversen Kunststoffen – vor allem mit Titan. Nun allerdings will sich das Team auch an den Druck mit Aluminium wagen. Speziell in der Luftfahrt mit ihren diversen Zertifizierungs-, Qualifizierungs- und Genehmigungsverfahren ist das keine Aufgabe, die man im Vorbeigehen erledigt, doch Hauke Schulz, Additive Manufacturing Roadmap Leader bei Airbus, ist zuversichtlich: „Bis 2026 werden wir die Aluminiumverarbeitung implementieren und im nächsten Schritt Teile für den Bereich Hubschrauber aus dem 3D-Drucker produzieren.“
In Donauwörth setzt Airbus in der metallischen Additiven Fertigung auf Anlagen von Trumpf. Aktuell stehen im neuen AM Center eine 3000er und eine 5000er Maschine aus der TruPrint Serie. Insgesamt sind drei Maschinen im Einsatz. Das muss aber nicht das Ende sein, wie Airbus-Standortleiter Färber erklärt: „Wir sind noch nicht fertig, wir haben uns ehrgeizige Ziele gesetzt und wollen die Technologie weiter nutzen“, sagte er bei der Eröffnung des AM-Centers. Darum arbeite man auch mit den Trumpf-Experten zusammen, um den Aluminium-Druck voranzutreiben.
Was ist Additive Fertigung / 3D-Druck?
Die Additive Fertigung, auch bekannt als 3D-Druck, bezeichnet ein Fertigungsverfahren, bei dem ein dreidimensionales Objekt mithilfe eines CAD-Modells oder eines digitalen 3D-Modells hergestellt wird. Hierbei wird Material schichtweise aufgetragen, verbunden oder unter computergesteuerter Kontrolle verfestigt. Im Gegensatz dazu steht die subtraktive Fertigung, bei der Material entfernt wird.
Die Additive Fertigung eröffnet die Möglichkeit zur Herstellung von maßgeschneiderten Teilen mit komplexen Geometrien und geringem Ausschuss. Es eignet sich ideal für das Rapid Prototyping, da während der Fertigung Konstruktionsänderungen schnell und effizient durchgeführt werden können. Im Vergleich zur traditionellen subtraktiven Fertigung ist die Additive Fertigung normalerweise wesentlich kostengünstiger.
Die wichtigsten Vorteile der Additiven Fertigung sind ihre Schnelligkeit, Individualisierbarkeit, Materialsparsamkeit und Fähigkeit zur Herstellung komplexer Geometrien. Die Nachteile der Additiven Fertigung liegen darin, dass Bauteile oft nicht die gewünschte Oberflächengüte aufweisen und es aufwendig sein kann, sie nachzubearbeiten. Es ist möglich, die Additive Fertigung mit einer Vielzahl von Materialien zu realisieren, darunter Kunststoffe, Metalle und Metalllegierungen.
Additive Fertigung in Luft- und Raumfahrt: Chance für deutsche Industriezulieferer
Der Chef dieser Experten, Richard Bannmüller, CEO bei Trumpf Laser- und Systemtechnik, ist von den Möglichkeiten des 3D-Drucks in der Luft- und Raumfahrt überzeugt: „"Die additive Fertigung spart teures Rohmaterial und senkt die Produktionskosten in der Luftfahrtindustrie. 3D-Drucker verwenden nur das Material, das die Konstrukteure tatsächlich für ihre Bauteile benötigen und am Ende im Flugzeug abhebt", sagt Bannmüller.
Er sieht im Aerospacebereich generell riesige Chancen für den Technologiestandort Deutschland: „Die Endmontage jedes fünften Flugzeugs erfolgt in Deutschland. Die Bundesrepublik ist nach den USA und Frankreich führend im Export von Technik, Dienstleistungen und Komponenten für die Luft- und Raumfahrtindustrie“, erklärte er. „Mit fünf Prozent pro Jahr sind die Wachstumsperspektiven laut Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie glänzend. Für das Jahr 2024 erwarten Experten für die Branche in Deutschland einen Umsatz von 14,5 Milliarden Euro.“ Das sei auch eine Chance für Industrieausrüster wie Trumpf.
So werde die Additive Fertigung neben der Herstellung von Komponenten für Flugzeuge und Helikopter auch in der Raumfahrt eingesetzt. „Das Marktvolumen der weltweiten Raumfahrtindustrie beträgt ca. 384 Milliarden Dollar“, so Bannmüller. „Davon entfallen auf die verarbeitende Industrie knapp 16 Milliarden Dollar. Der Wachstumstreiber ist hier vor allem die Telekommunikation.“ Die Anzahl der Raketenstarts, um etwa Kommunikationssatelliten ins All zu schießen, steigt laut Bannmüller steil an. „Und auch hier gilt: Viele Satellitenkomponenten lassen sich nur mit Lasertechnik und 3D-Druckern kostengünstig, schnell und sicher fertigen. Ein Beispiel dafür sind Schub- und Steuerungsdüsen. Gefertigt aus teuren, exotischen Legierungen, müssen sie extremen Temperaturen und höchsten Belastungen standhalten.“
Der Autor Stefan Weinzierl ist Chefredakteur bei mi-connect und hat sich auf Aerospace, Rüstung und Spezialmaschinen sowie alles Neue in der Industrie spezialisiert. Ursprünglich hatte er den Rat seines Opas befolgt und "was gscheids" gelernt, doch sein Talent, Storys spannend, hintergründig und verständlich zu erzählen, trieb ihn in den Journalismus. Stefan hat den Journalismus von der Pike auf gelernt: Praktikum, Volontariat, Redakteur, Chef vom Dienst und schließlich Chefredaktion im besten Fachverlag der Welt. Privat findet man ihn eher im Wald mit einem Bogen in der Hand oder am Grill – dann aber mit einem Steak.
Additive Fertigung im Video: Das LMF-Verfahren
Ein Flugzeug aus dem 3D-Drucker?
Bei aller Begeisterung für die Möglichkeiten der Additiven Fertigung ist für Frank Rethmann allerdings klar, dass die Vision eines Flugzeugs aus dem 3D-Drucker genau das bleiben wird: eine Vision. „Man muss jedes Bauteil und den Prozess seiner Herstellung genau unter die Lupe nehmen“, sagt er. Denn es sei immer die Frage, welcher Fertigungsprozess wirtschaftlich und technisch geeigneter sei. Der 3D-Druck biete viele Vorteile: weniger Materialverbrauch, weniger Einzelteile, kompliziertere Geometrien und die Möglichkeit, leichter zu bauen. Aber auch die konventionellen Methoden wie Zerspanung oder Montage hätten in vielen Fällen ihre Vorteile.
CO2-Einsparungen durch den Einsatz von Additiver Fertigung beim A350:
Seit 2017 hat Airbus im Rahmen des Türengeschäfts in Donauwörth mehr als 9.400 Verriegelungswellen für die Türen des A350 im additiven Verfahren in Serie gefertigt und dabei elf Tonnen Titanpulver verdruckt. Dabei konnten 43 Prozent an Gewicht und 23 Prozent der Kosten eingespart werden. Da jeder A350 32 Verriegelungsmechanismen hat, führt die Herstellung dieser Teile mittels 3D-Druck zu einer Einsparung von etwas mehr als vier Kilo pro Flugzeug. Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Ampower entspricht einer Gewichtseinsparung von einem Kilogramm in einem Flugzeug einer jährlichen Einsparung von 2.500 Litern Kerosin, was bei einer angenommenen Lebensdauer eines Flugzeugs von 20 Jahren zu einer Einsparung von bis zu 126.000 Kilogramm CO2 führt. (Airbus)