Mit dem Reiseziel ‚Mond‘ wird die NASA-Mission Artemis 1 der erste unbemannte Raumflug des NASA-Raumschiffs Orion sein, der die erdnahen Orbits verlässt – und Deutschland fliegt mit.

Mit dem Reiseziel ‚Mond‘ wird die NASA-Mission Artemis 1 der erste unbemannte Raumflug des NASA-Raumschiffs Orion sein, der die erdnahen Orbits verlässt – und Deutschland fliegt mit. (Bild: NASA)

Die Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland mit aktuell 105.000 Beschäftigten beginnt sich langsam von der Corona-Krise zu erholen. Die Umsätze im vergangenen Jahr entsprechen nach Angaben des Bundesverbands der deutschen zivilen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) mit 39 Milliarden Euro einer deutlichen Steigerung zu 2021 mit damals 31,4 Milliarden Euro.

Auch das Segment der militärischen Luftfahrtindustrie verzeichnete einen Umsatzzuwachs von sieben (2021) auf 8,4 Milliarden Euro bei ebenfalls leichtem Anstieg erhöhter Anzahl Beschäftigter von 22.000 auf 23.000. In der Raumfahrtindustrie sind die Umsätze mit 2,6 Milliarden Euro (2021: 2,4 Milliarden Euro) leicht gestiegen. Die Zahl der Beschäftigten ist hingegen von 9.300 auf 9.000 Beschäftigte zurückgegangen.

Kein modernes Flugzeug ohne Zulieferungen aus Deutschland

Für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) ist die Luft- und Raumfahrt eine Schlüsselbranche für den Hochtechnologiestandort Deutschland mit einer starken europäischen Verankerung, was zahlreiche nationale und internationale Kooperationen belegen - so etwa die ‚Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit‘ (EASA) oder ganz aktuell die von Lufthansa Airlines initiierte ‚Technologiekooperation für Flugkraftstoffe der Zukunft‘, der auch Airbus angehört.

Anlässlich der Vorstellung der Absichtserklärung für die Kooperation im Oktober 2023 sagte Jens Ritter, CEO Lufthansa Airlines: „Forschungskooperationen wie diese sind essenziell, um richtungsweisende Lösungen zur klimafreundlichen Transformation des Luftverkehrs zu entwickeln. Als größte Airline in Deutschland setzen wir uns entschieden dafür ein, das Fliegen Schritt für Schritt nachhaltiger zu machen. Ich bin überzeugt, mit dem gebündelten Know-how aus Luftfahrt und Wissenschaft wird uns dies gelingen und wir werden damit auch den Standort Deutschland stärken.“

Laut BMWi fliegt schon heute kein modernes Flugzeug weltweit ohne Zulieferungen aus Deutschland. Das könnte auch so bleiben, denn es gilt gerade für diese Industrie, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu kombinieren. So sind Deutschland und Europa laut BDLI beim Klimaschutz und in der zivilen Luftfahrt führend.

Jetzt gilt es, die Entwicklung zum klimaneutralen Flugzeug voranzutreiben und zum globalen Hub des klimaneutralen Fliegens zu werden. Deutschland verfügt mit seinen Schlüsselkompetenzen und als Partner in einem starken Forschungs- und Wissenschaftsnetzwerk über hervorragende Voraussetzungen, die Spitze der dazu erforderlichen Technologien und Innovationen anzuführen, so der BDLI.

3D-Druck: Verbrauch von Treibstoff und Kosten senken

Was Innovationsfreudigkeit auf dem Weg zum emissionsarmen und irgendwann emissionsfreien Fliegen betrifft, belegt Luftfahrt-Zulieferer und Modullieferant in der Triebwerksindustrie Leistritz eindrucksvoll: Im August 2021, also in inmitten der globalen Luftfahrtkrise, setzte Leistritz mit Investitionen in neue Technik bei der Fertigung von Triebwerkskomponenten ein positives Zeichen für die Zukunft.

Damit war das Unternehmen nach eigenen Angaben für die Zeit gerüstet, wenn die Branche wieder mit sparsameren, leiseren Triebwerken bei kleineren Flugzeugen für Kurz- und Mittelstrecken durchstartet.

Mit dem 3D-Druck-Verfahren wird Airbus Helicopters unter anderem Bauteile für den elektrisch angetriebenen CityAirbus herstellen.
Mit dem 3D-Druck-Verfahren wird Airbus Helicopters unter anderem Bauteile für den elektrisch angetriebenen CityAirbus (im Bild), den experimentellen Hochgeschwindigkeitshubschrauber Racer und die Passagierflugzeuge Airbus A320 und A350 herstellen. (Bild: Airbus)

Ganz aktuell geht es auch bei Airbus Helicopters um zukunftsfähige Technologien, die eine weitere Einsparung von Treibstoff ermöglichen sollen. So fertigt das Luftfahrtunternehmen mit 3D-Druckern von Trumpf künftig Bauteile für seine Hubschrauber und für Flugzeuge des Mutterkonzerns Airbus. Durch die additive Fertigung lassen sich ganze Baugruppen als ein Bauteil drucken. Das spart Gewicht. Die Bauteile sind gleichzeitig sehr stabil und erfüllen die strengen Sicherheitsanforderungen der Luftfahrtbranche. Mit einem neuen Zentrum für den 3D-Druck in Donauwörth weitet Airbus Helicopters seine Kapazitäten für die additive Fertigung aus.

Trumpf liefert die Maschinen für den 3D-Druck von Metall. “Mit innovativen Fertigungsverfahren arbeiten wir in Donauwörth an den Hubschraubern der Zukunft. Unter anderem trägt 3D-Druck dazu bei, das Gewicht der Bauteile zu reduzieren”, sagt Helmut Färber, Standortleiter von Airbus Helicopters in Donauwörth. Das helfe den Betreibern von Luftfahrzeugen, den Verbrauch von Treibstoff und damit ihre Kosten zu senken. Es könne zudem dabei helfen, den Ausstoß von CO2 im Flug zu reduzieren.

Mit dem 3D-Druck-Verfahren wird Airbus Helicopters unter anderem Bauteile für den elektrisch angetriebenen CityAirbus, den experimentellen Hochgeschwindigkeitshubschrauber Racer und die Passagierflugzeuge Airbus A320 und A350 herstellen.

Im Video: CityAirbus NextGen

Augsburg Aerospace Area und Ariane: eine Erfolgsgeschichte

Wenn es um Innovationen und technologischen Fortschritt in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie geht, kommt man an der ‚Augsburg Aerospace Area‘ (A³) nicht vorbei. Der Kompetenzstandort der Luft- und Raumfahrt vereint Aerospace-Weltmarktführer ebenso wie namhafte Forschungseinrichtungen unter einem Dach. Als 2020 die Ariane 5 bereits zum 108. Mal vom Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana startete, war dies ein Erfolg für die europäische Raumfahrt, aber auch für A³. Denn aus der Fuggerstadt stammen wesentliche Teile für die zuverlässigste, leistungsfähigste und erfolgreichste Weltraumrakete. Seit 1973 bis heute entwickelt und produziert das Augsburger Unternehmen MT Aerospace wichtige Komponenten für den Bau der Ariane-Raketen.

Heute sind etwa 20.000 Menschen rund um den Wirtschaftsraum Augsburg in der Luft- und Raumfahrtbranche beschäftigt. Viele bedeutende Projekte wurden und werden durch sie mitgestaltet, wie beispielsweise bei MT Aerospace, Premium Aerotec, Airbus Helicopters, Kuka, Liebherr, SGL oder Solukon.

Das Unternehmen aus Augsburg entwickelte die weltweit erste Anlage zur vollautomatischen Pulverentfernung von 3D-gedruckten Bauteilen. Mit Hilfe dieser Erfindung, dem sogenannten Depowdering, können immer komplexere Bauteile additiv gefertigt werden. Um auch für die (wieder) wachsende Luft- und Raumfahrt-Industrie die passende Entpulverungslösung anbieten zu können, entwickelte Solukon auf Anfrage der EOS-Tochter AMCM die SFM-AT1000-S. Dieses System eignet sich vor allem für besonders große und hohe Bauteile, wie zum Beispiel Raketentriebwerke.

Die SFM-AT1000-S ist ein ideales System für die Luft- und Raumfahrtindustrie.
Die SFM-AT1000-S ist ein ideales System für die Luft- und Raumfahrtindustrie, die besonders hohe Anforderungen an das Postprocessing stellen. Die SFM-AT1000-S reinigt selbst komplexeste Raketentriebwerke, die innenliegende Hohlräume und Kanäle aufweisen, voll automatisch und effizient. (Bild: Solukon)

Deutschland fliegt zum Mond

Wie hoch die Strahlkraft des Hoch-Technologiestandorts Deutschlands in der Luftfahrt- und Raumfahrtindustrie international ist, belegt das Artemis-Programm der NASA, bei dem nach über 50 Jahren wieder Menschen auf unserem Trabanten landen sollen. Für dieses gewaltige Unterfangen entwickelte die NASA eine neue Rakete, das sogenannte Space Launch System. Sie soll gleichzeitig ein Raumschiff, Astronautinnen und Astronauten sowie Fracht zum Mond transportieren. Ebenso neu konstruiert für die Missionen zum Mond wurde das Orion-Raumschiff.

Mit der Artemis Kooperation greift die NASA zum ersten Mal bei einer kritischen Komponente für astronautische Missionen auf Partner aus anderen Staaten zurück – ein enormer Vertrauensbeweis in die Leistungsfähigkeit der europäischen Raumfahrtnationen. Unter industrieller Führung von Airbus in Bremen hat ein europäisches Industriekonsortium in zehn Staaten die erste Flugeinheit ESM-1 realisiert. Passend trägt ESM-1 den Namen der Hansestadt. Die NASA hat im Rahmen ihres Artemis-Programms bisher sechs europäische Servicemodule bestellt.

Das Orion-Raumschiff mit Komponenten ‚Made in Germany‘ soll den Mond mehrmals umrunden.
Das Orion-Raumschiff mit Komponenten ‚Made in Germany‘ soll den Mond mehrmals umrunden und dann wieder zur Erde zurückkehren. (Bild: NASA & DLR (Bildmontage))

„Hochinnovative, mittelständisch geprägte Ausrüstungsindustrie“

BDLI-Präsidiumsmitglied und BDLI-Mittelstandsbeauftragter Martin Kroell sagte anlässlich des 17. Tags der Deutschen Luft- und Raumfahrtregionen im September 2023 in Stuttgart zum Stellenwert der Luft- und Raumfahrtindustrie für den Wirtschaftstandort Deutschland: „Unsere hochinnovative, mittelständisch geprägte Ausrüstungsindustrie ist Herzstück der Wirtschaft und des Fortschritts – am Himmel wie im All. Vom globalen Industriekonzern über den hochspezialisierten Mittelständler bis zum Start-up: Gemeinsam, in Kooperationen, entwickeln wir wegweisende Lösungen für eine nachhaltige Zukunft. Wir verbessern nicht nur das Produkt selbst, sondern gestalten unsere Prozesse nachhaltig.“

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