Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller blickt mit Sorge in die Zukunft.

Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller blickt mit Sorge in die Zukunft. (Bild: Trumpf)

Eigentlich hat Trumpf Grund zur Freude: Das Unternehmen feiert in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen. Und auch das Jubiläumsjahr verlief erfolgreich. Doch Firmenchefin Nicola Leibinger-Kammüller blickt mit Sorge in die Zukunft. „Ein Geschäftsjahr wie 2022/23 werden wir im laufenden wie auch im nächsten Jahr aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erleben“, sagte sie auf der heutigen Bilanzpressekonferenz. Seit dem Frühjahr spüre das Unternehmen eine rückläufige Nachfrage in vielen Märkten, erklärte sie.

Für das laufende Geschäftsjahr rechnet der Maschinenbauer daher im günstigsten Fall mit einem Umsatzwachstum im einstelligen Prozentbereich. Gründe dafür sind unter anderem die Weltkonjunktur, die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise und die Investitionsbereitschaft vor allem in den USA und China. „Beide Länder zusammen stehen für ein Viertel des weltweiten Trumpf-Umsatzes“, so Leibinger-Kammüller. „Wenn Kunden dort zurückhaltend reagieren und Investitionen zurückstellen, spüren wir das unmittelbar“. Das gleiche gelte für Engpässe in der Lieferkette.

So verlief das Geschäftsjahr 2022/23 für Trumpf

Der Auftragseingang ist im vergangenen Geschäftsjahr um 8,8 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro zurückgegangen (Vorjahr: 5,6 Milliarden Euro). Der Umsatz stieg dagegen kräftig: Von 4,2 auf 5,4 Milliarden Euro - ein Plus von 27 Prozent. Damit ist es der höchste Umsatz in der Unternehmensgeschichte.

 

Umsatzstärkster Einzelmarkt von Trumpf waren die USA mit 899 Millionen Euro (Vorjahr: 656 Millionen Euro). In Deutschland erhöhte sich der Umsatz auf 779 Millionen Euro (Vorjahr: 589 Millionen Euro). Der drittgrößte Einzelmarkt war China mit 602 Millionen Euro (Vorjahr: 575 Millionen Euro).

 

Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg ebenfalls deutlich, und zwar um 31,4 Prozent auf 615 Millionen Euro (Vorjahr: 468 Millionen Euro). Unter dem Strich stand ein Nettogewinn von 462 Millionen Euro.

 

Das Unternehmen beschäftigt knapp 18.400 Mitarbeitende.

Deindustrialisierung ist reale Gefahr

Klare Worte findet die Unternehmenschefin auch für die momentan viel diskutierte Deindustrialisierung. Diese sei „keine Drohkulisse der energieintensiven Industrie, sondern eine reale Gefahr angesichts der Unwucht etwa bei den Energiepreisen und anderen Rahmenfaktoren gemessen am internationalen Wettbewerb“.

Vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen kommen Leibinger-Kammüller zufolge noch hohe Unternehmenssteuern, eine ausufernde Bürokratie und aufwändige Dokumentationspflichten bis in die Lieferkette dazu. All diese Probleme werden von der Politik nicht gelindert, so die CEO.

Leibinger-Kammüller kritisierte zudem die mangelnde Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums in Berlin bei den Exportgenehmigungen für Trumpf-Laser.

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Trumpf-Chefin spricht sich gegen Vier-Tage-Woche aus

Ebenfalls Kritik gab es an der Debatte über eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich. Es sei ein falsches Signal, in der derzeitigen Lage darüber zu diskutieren, so Leibinger-Kammüller. „Schon heute arbeiten wir in Deutschland kürzer als in vielen anderen Ländern, den USA ebenso wie Polen.“

Statt einer Debatte über weniger Arbeit forderte sie mehr Fantasie für die Gestaltung flexibler Arbeitszeiten. „Denn unsere Erfahrungen bei Trumpf zeigen, dass die Menschen bei passenden Angeboten sogar mehr und nicht weniger arbeiten möchten.“ Dafür Anreize in Form steuerlicher Verbesserungen oder bei der Rentenversicherung zu schaffen, wäre die Aufgabe des Staates in der jetzigen Zeit, sagte sie.

Trumpf zieht sich komplett aus Russland zurück

Bereits bei der letztjährigen Bilanzpressekonferenz hatte Leibinger-Kammüller erklärt, dass Trumpf kurz nach Beginn des Ukrainekrieges die Geschäftsbeziehungen zu Russland eingestellt hat. Das Unternehmen lieferte fortan weder Maschinen noch Ersatzteile in das Land. Der Bau einer neuen Niederlassung in Moskau wurde ebenfalls gestoppt.

Das Unternehmen hatte allerdings noch Garantieverpflichtungen, die eingehalten werden mussten, erklärte die Trumpf-Chefin jetzt. „Entsprechend dem Auslaufen der letzten Garantieverpflichtungen arbeiten wir daran, uns bis Ende des Jahres komplett aus Russland zurückzuziehen.“

Der Umsatz in Russland ist dementsprechend auf fast Null eingebrochen. Allerdings ist der russische Markt für Trumpf nicht existenzentscheidend. Der Anteil am Gesamtumsatz lag bereits vor dem Krieg bei weniger als einem Prozent (rund 35 Millionen Euro).

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