Schnell und präzise – diese Anforderungen muss das Handling in Montageanlagen primär erfüllen. Bisher kommen dazu klassisch kartesische Systeme zum Einsatz. Doch eine neue Generation an Mini-Robotern schickt sich an, dieses Einsatzgebiet für sich zu erobern. Die neu auf dem Markt erhältlichen Sechsachser sind gerade einmal vier bis sieben Kilogramm schwer, brauchen wenig Platz und können Lasten bis zu 500 Gramm bewegen.
„Mini-Sechsachser können durchaus in einigen Anwendungsfällen kartesische Handlings ersetzen und punkten dabei durch ihre größere Flexibilität“, erklärt Volker Sieber, Leiter Forschung und Entwicklung bei der Schnaithmann Maschinenbau GmbH. Der Experte für Anlagenbau sieht mögliche Einsatzgebiete der Mini-Sechsachser sowohl in der Materialzuführung als auch in der Montage.
Da die Roboter sehr leicht sind, könne auch ein Ortswechsel einfach realisiert werden. „Richtig ausgetaktet kann damit ein Mini-Sechsachser an unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden“, sagt Sieber. Weiter kann sich Sieber auch vorstellen, einen Mini-Sechsachser in Verbindung mit einem Transfersystem auf einem Werkstückträger zu platzieren. Der Mini-Roboter wäre dann mobil, was neue Anwendungsfelder ermöglicht.
"Mini-Sechsachser können durchaus in einigen Anwendungsfällen kartesische Handlings ersetzen und punkten dabei durch ihre größere Flexibilität."
Volker Sieber, Leiter bei der Schnaithmann Maschinenbau GmbH
Mini-Roboter made in Kanada
Der erste auf dem Markt erhältliche Mini-Sechsachser kommt von Mecademic. Das kanadische Unternehmen hat den Roboter Meca500 gezielt als Automatisierungskomponente und nicht als komplexe Einzelmaschine konzipiert. „Es gibt keine neue proprietäre Roboterprogrammiersprache zu lernen, sondern weniger als fünfzig Befehle“, sagt Ilian Bonev, Mitbegründer des Unternehmens.
Über Ethernet TCP/IP und Ethercat kann der Roboter einfach an eine SPS oder einen Industrie-PC angebunden werden. Der Controller ist direkt in den Robotersockel integriert. „Der Meca500 wird in der Industrie hauptsächlich von Kunden eingesetzt, die wenig Platz haben“, berichtet Bonev. Weiterhin werde der Roboter von Kunden geschätzt, die eine sehr hohe Präzision benötigen.
Mehr Platz und Bewegungsfreiheit
Auch Yaskawa hat einen Mini-Roboter im Portfolio. Er hört auf den Namen Motmini und verbindet Highspeed mit hoher Wiederholgenauigkeit. Durch seine kompakte Bauform lässt er sich sehr platzsparend einsetzen. „Auf kleinstem Raum bewegt dieser Roboter die Bauteile in alle drei Richtungen und um alle drei Achsen“, erklärt Tilo Dobmeier, Leiter des Technischen Backoffice RO bei Yaskawa in Allershausen.
Diese Bewegungsfreiheit ermögliche auch kompliziertere, dreidimensionale Handlingsvorgänge. Das wiederum verringert den für die Fertigungsanlage benötigten Raum und steigert gleichzeitig die Produktivität. „Das Eigengewicht des Manipulators ist so gering, dass der Roboter je nach betrieblichen Anforderungen oder gefertigtem Werkstück flexibel und anwendungsspezifisch versetzt werden kann“, fügt Dobmeier hinzu. Auch die Montage auf Linearachsen sei möglich.
Am leichtesten unter den drei Mini-Robotern ist der ‚Cobotta‘ von Denso. Mit nur 4 kg Eigengewicht und einer in den Roboterarm integrierten Steuerung lässt er sich wie alle anderen Minis sehr leicht transportieren. Im Gegensatz zu den beiden anderen Modellen eignet er sich auch für die Mensch-Roboter-Kollaboration. Cobotta ist als offene Plattform entwickelt (OS, Windows, Non-Windows, ROS) und lässt sich flexibel in bestehende Systeme integrieren.
Über die grafisch gestaltete App ‚Cobotta World‘ lässt sich der Roboter intuitiv bedienen. Sie gestattet es, typische Handhabungs-Aufgaben mittels Tablet zu erstellen. Dabei sind der elektrische Greifer und die am Roboterarm integrierte Kamera komplett eingebunden. Über die App ‚Remote TP‘ können Experten aber auch komplexe Applikationen mittels der Denso-Roboterprogrammiersprache Pac-Script erstellen.
Mini-Roboter dürfen ihren großen Kollegen grundsätzlich in nichts nachstehen
Auf dem Markt sind somit drei unterschiedliche Mini-Modelle erhältlich. Doch welche Anforderungen haben Anlagenbauer an solche Mini-Roboter? Wie Volker Sieber von Schnaitmann mitteilt, dürfen die Mini-Sechsachser ihren großen Kollegen grundsätzlich in nichts nachstehen.
So müssen aus seiner Sicht Pneumatik-Anschlüsse vorhanden sein sowie eine innere Kabeldurchführung bis möglichst weit vorne zum TCP. Weiterhin wäre eine Traglast bis 1 kg optimal für den Einsatz in Montageanlagen. Wünschenswert ist aus Siebers Erfahrung auch eine 24-V-Technologie, eine Reichweite zwischen 300 und 500 mm sowie eine Geschwindigkeit von mindestens 180°–300°/sec in allen Achsen.
In Sachen Greifer sind die Minis auf jeden Fall gut aufgestellt. So kann Cobotta entweder mit dem zugehörigen servo-elektrischen Greifer oder mit DIN-Flansch bestellt werden. Daran lassen sich sowohl pneumatische als auch elektrische oder Vakuum-betriebene Endeffektoren anbringen.
Auch der Motomini von Yaskawa kann laut Herstellerangaben alle auf dem Markt befindlichen Endeffektoren ansteuern, sowohl Sauger als auch Greifer. „Dazu sind durch den Roboter bereits vorgefertigte Medien geführt, sowohl acht elektrische Leitungen als auch zwei Luftleitungen“, erklärt Dobmeier.
Minis müssen "intuitiv programmierbar" sein
Mecademic wiederum bietet einen eigenen Greifer an, der in Zusammenarbeit mit Schunk gefertigt wird. „Dieser Greifer wird direkt von unserem Roboter aus kontrolliert“, sagt Firmengründer Bonev. Es gebe aber auch viele andere kleine Greifer, die mit dem Roboter verwendet werden können, die aber von einer SPS kontrolliert werden müssen. Und man könne natürlich auch Saugnäpfe oder pneumatische Greifer mit dem Roboter verwenden.
Zusammenfassend beschreibt Sieber von Schnaithmann zwei aus seiner Sicht wichtige Voraussetzungen für die kleinen Roboter: „Mini-Sechsachser müssen so intuitiv programmierbar sein, dass auch ein Maschinenbediener ein Umteachen durchführen kann, und schließlich müssen sie preislich so attraktiv sein, dass sich der Einsatz in der Anlage rechnet.“
Diese Sechsachser gehören zu den Kleinsten unter den Industrierobotern
Beispiel 1: Denso
- Name: Cobotta
- Traglast: 500 g (700 g bei senkrecht/unten gestellter 5. Achse)
- Eigengewicht: 4 kg
- Reichweite: 342,5 mm (Mittelpunkt 5. Achse, TCP 6. Achse: 384,62)
- Positionswiederholgenauigkeit: ± 0,05 mm
- Absolutgenauigkeit: keine Angabe
Anwendungsgebiet: Der Cobotta kann überall dort eingesetzt werden, wo der kollaborative Roboter den Menschen bei den Abläufen unterstützen oder entlasten soll, zum Beispiel in der Medizin- und Pharmatechnik, in Forschung und Bildung. Der Bedarf für die industrielle Nutzung etwa in den klassischen Fertigungsindustrien steigt kontinuierlich, insbesondere in der Elektronikindustrie, aber auch in der Metallbearbeitung (Feinmechanik), der Kunststoffindustrie und der Lebensmittelindustrie. Interessant sind die Perspektiven in der Medizin- und Pharmatechnik, in Forschung und Bildung.
Beispiel 2: Mecademic
- Name: Meca500
- Traglast: Die nominale Nutzlast ist 500 g (bei voller Geschwindigkeit), die maximale Nutzlast ist bis zu 1 kg (bei reduzierter Geschwindigkeit)
- Eigengewicht: 4,5 kg
- Reichweite: 260 mm
- Positionswiederholgenauigkeit: 0,005 mm.
- Absolutgenauigkeit: In Kürze wird die Kalibrierung des Roboters als Dienstleistung von Mecademic angeboten. Bis dahin gibt das Unternehmen die Absolutgenauigkeit des Roboters nicht an
Anwendungsgebiet: Der Meca500 wird in allen möglichen Anwendungen verwendet, einschließlich Mikrochirurgie, Kleben, Präzisionsmontage und Materialhandhabung. Am häufigsten wird der Roboter jedoch für die Inspektion und Erprobung eingesetzt.
Beipiel 3: Yaskawa
- Name: Motomini
- Traglast: 500 g
- Eigengewicht: 7 kg
- Reichweite: 350 mm
- Wiederholgenauigkeit: 0,02 mm
- Absolutgenauigkeit: keine Angabe
Anwendungsgebiet: Der Motomini eignet sich für das Handling kleiner Werkstücke und Bauteile, aber natürlich auch für den Montageeinsatz in kleinen Produktionsmaschinen. Im Gegensatz zu einem linearen Handlingsystem kann der Roboter Bewegungen in sechs Freiheitsgraden realisieren. Auch Multiroboter-Anwendungen sind realisierbar, also die synchrone Kopplung von zwei Roboterarmen auf dem gleichen Werkstück.