Diskussionsrunde im Forum Digitalisierung auf dem Maschinenbau-Gipfel.

Diskussionsrunde im Forum Digitalisierung auf dem Maschinenbau-Gipfel. (Bild: Daniela Hoffmann)

Die Herausforderungen der vergangenen Jahre haben definitiv ihre Spuren hinterlassen. „Wir sind der klassische Mittelständler und damit in der typischen Sandwich-Position zwischen starken Kunden und starken Lieferanten“, erzählt Kai Neubauer, CEO der Kaspar Schulz Brauereimaschinenfabrik & Apparatebauanstalt. Vieles läuft regional, das Unternehmen betreibt keine Werke im Ausland. Durch eine Akquisitionsstrategie ist die Schulz-Markenfamilie rund um die Prozesstechnologie für die Getränkeherstellung entstanden, die jetzt intern verstärkt ihr Sourcing orchestriert.

Die zunehmend schlechte Infrastruktur und schleppende Genehmigungsprozesse machen vor allem die Auslieferung der Produkte schwieriger. Man muss mit dem LKW über schlechte Autobahnen. „Auf der Straße war nicht absehbar, wann wir die Genehmigung bekommen. Das hat uns als Unternehmen eine fünfstellige Summe mehr gekostet“, berichtet Neubauer. Man war aufgrund der Straßen für viele Routen bereits auf Binnenschiffe umgestiegen. „Wir haben bereits sechs Schiffe verpasst, die wir gebucht haben, die Genehmigung zu bekommen ist schwierig. Das liegt auch daran, dass in der zuständigen Behörde eine Arbeitsüberlastung vorliegt, man kommt nicht hinterher mit der Bearbeitung“, so Neubauer.

Für den Mittelständler sei Global Sourcing kein guter Weg, unter anderem wegen zu hoher Kosten. „Wir probieren, durchaus auch mal ein bisschen hemdsärmelig, einen anderen Weg zu gehen. Durch die Gruppenbildung versuchen wir etwa, Bedarfe zu bündeln und mehr Gleichteile zu entwickeln und zu beschaffen, um das Volumen bei einzelnen Lieferanten zu erhöhen und so eine bessere Marktposition zu haben“, berichtet Kai Neubauer.

Multi Sourcing als Erfolgskonzept?

Steht auch Kaspar Schulz vor der Entscheidung, sich von Single Sourcing hin zu Multi Sourcing umzuorientieren? „Absolut! Das gilt beim Beispiel Schaltschränke, wo wir Partner haben, die das für uns erledigen – bis hin zur Inbetriebnahme beim Kunden“, so Neubauer. Die Erweiterung der Partner sei von der Wirkung nicht zu unterschätzen. Allerdings traf auch der Maschinenbauer – ähnlich wie viele andere Unternehmen – dabei durchaus auf Schwierigkeiten. So sei es ein Qualitätsthema, ob andere Anbieter mit den eigenen e-Schaltplänen umgehen können und wie gut die Zuverlässigkeit beim Kunden sei. Da habe man auch schon Schiffbruch erlitten. „Dann muss man abbrechen und sich neu orientieren“, rät der CEO.

Für Einkaufsgemeinschaften ist Neubauer grundsätzlich offen und hat bereits gute Erfahrungen damit gemacht. Beim Maschinenbauer will man sich jedoch nun zunächst auf die Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe fokussieren. Dafür schaut man, wo Potenziale zur Zusammenarbeit sind. Dafür könne es auch nötig sein, erst einmal auf Seiten der Konstruktion tätig zu werden. Doch dabei gibt es Folgethemen. „Das wirft dann gleich Fragen beim Kunden auf, etwa wie lang die Ersatzteilgarantie ist“, erläutert Neubauer. Der quantitative Hebel ist jedoch erheblich. „Wir wollen etwa fünf Prozent über verschiedenste Maßnahmen im Einkaufsbereich damit heben“, so der CEO.

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(Bild: mi-connect)

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Geopolitische Konflikte als größtes Risiko

Man müsse sich auf Local-for-Local-Sourcing einstellen, meint Rainer Hundsdörfer, Senior Business Advisor bei Markt-Pilot, vormals bei Heidelberger Druckmaschinen. „Es ist sinnvoll, gemeinsam zu beschaffen, um mehr Gewicht zu bekommen“, meint auch Hundsdörfer. Wichtig sei zudem, die Ersatzteilkette zu automatisieren, was bei den großen Herstellern bereits üblich sei.

„Ich sehe als größtes Risiko geopolitische Konflikte“, sagt Moritz Ückert, Senior Vice President Global Operations bei Grenzebach Maschinenbau. Man stelle deshalb für die westliche und östliche Hemisphäre jeweils nach dem Prinzip local for local alle Produkte für den jeweiligen Markt her.

Aus Sicht von Vincent Roth, Head of Marketing Prewave, einem Hersteller von Predictive Risk Intelligence-Software, haben die großen Krisen auch viele KMU getroffen, weil es an Datenqualität fehlte „Die letzten drei Jahre waren ein Wachrüttler für KMU, was sie zu tun haben. Wir können uns zwar regional aufstellen, sind aber immer abhängig von anderen Ländern.“ Ob Streiks, die politische Situation in den Zielländern oder Umweltkatastrophen, die Risiken seien vielfältig. Meist könnten Unternehmen maximal bis in die zweite Zuliefererebene sehen, tiefer in der Kette würden die wenigsten Unternehmen Bescheid wissen.

Das sieht auch Ückert so: „Wir sind auf Software angewiesen und auf Partner, die uns informieren, wenn da wesentliche Ereignisse passieren. Hier ist aber auch die interne Organisation entscheidend dafür, mit welcher Geschwindigkeit man etwas erkennt“. Welche Auswirkung hat es beispielsweise, wenn ich ein Teil nicht bekomme, wo muss ich bei einer großen Menge von Teilen zuerst anpacken? „Es ist wichtig, nicht nur auf den Einkauf zu schauen und zu denken, der wird das schon lösen. Organisationen sind dann erfolgreich, wenn eine gute Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen erfolgt“, so Ückert.

Hier lohne es, im Zweifel auch über Re-Engineering nachdenken. „Wir haben einzelne Komponenten in den Produkten ersetzt, einfach um lieferfähig zu bleiben“, sagt Ückert. Das hat natürlich seinen Preis. Es seien Kosten entstanden, die man sonst nicht kannte. Auch aus Sicht von Vincent Roth müssen alle Bereiche intern zusammenwirken, gerade beim Thema Daten: „KI kann nicht alles lösen, KI ist nur so stark wie die Menschen, die die Daten pflegen, es ermöglichen“.

KI kann bei Supply-Chain-Transparenz helfen

Man könne zwar die Krisen der Welt nicht beeinflussen, jedoch durch die Digitalisierung der Supply Chains für mehr Transparenz sorgen, glaubt man bei NTT Data. KI spielt dabei eine wesentliche Rolle. So sieht Edwin Benz Client Partner Manufacturing bei NTT Data das Thema Predictive Maintenance weiterhin als wesentlich an. Was bei Greenfield-Ansätzen noch relativ einfach ist, sei jedoch in Brownfield-Umgebungen noch deutlich schwerer. Doch aus Sicht der Datenexperten lohnt es sich häufig, auch hier Lösungen zu finden, etwa die Überwachung der Maschinengesundheit durch Mikrophonaufnahmen.

Doch wie sollten Unternehmen an das Thema herangehen? „Der Rat ist, zuerst die Basics zu machen. Aufräumen, nicht in KI-Panik verfallen und die zweiten Schritte vor den ersten zu tun. Wenn man auf nicht aufgeräumte IT-Struktruen KI-Modelle setzt, braucht man sich nicht wundern, wenn es nicht funktioniert“, sagt Benz.

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