Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: „Wir haben eine industrielle Produktion, um die uns andere Länder auch beneiden“, (Bild: Anna McMaster)

Wie schon im Vorjahr besuchte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck auch den diesjährigen Maschinenbau-Gipfel. Der Minister lobte das Ergebnis des gestrigen Migrationsgipfels und das dort abgestimmte Maßnahmenpaket zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung. Der Minister bezog auch zu den Forderungen des VDMA Stellung.

„Lassen Sie uns dankbar sein, dass wir hier in Frieden und Freiheit tagen können“, sagte VDMA-Präsident Karl Haeusgen zum Gipfelauftakt. „Wir verurteilen diese Gräueltaten, die israelischen Bürgerinnen und Bürgern widerfahren sind. Es gibt keine Relativierung, keine Rechtfertigung“, sagte Haeusgen und zeigte sich entsetzt über den aufflammenden Antisemitismus im Land. „Nicht jede Israelkritik ist Antisemitismus. Wie oft ist sie aber einseitige Israelkritik das trojanische Pferd, mit dem sich Antisemitismus einschleicht“, so der VDMA-Chef.

Anschließend ging es um die Erwartungen der Branche an die Politik, die in Gestalt von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck bereits in der ersten Reihe des Maschinebau-Gipfels Platz genommen hatte. „Die Zukunft des Standorts ist das Thema, das unseren Mitgliedern am meisten unter den Nägeln brennt“, so Haeusgen. Die Unzufriedenheit mit dem Standort wachse, viele VDMA-Mitglieder forderten, das lautstark deutlich zu machen, etwa mit Blick auf zu lange Genehmigungsverfahren und Infrastrukturprobleme.

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Haeusgen: Massiver Handlungsbedarf seitens der Politik

Man werde wohl eine Erosion der energieintensiven Industrien sehen, wenn auch kein vollständiges Abwandern. „Gegen diese tektonische Verschiebung anzusubventionieren, ist ein aussichtsloses Unterfangen“, mahnte der Verbandspräsident mit Blick auf die Industriestrom-Preisbremse. Der Anteil der Industrie am Bruttosozialprodukt liege konstant bei 20 Prozent, die Exportquote im Maschinenbau bei 80 Prozent:

Aus Haeusgens Sicht ist dieses Ergebnis nicht davon abhängig, ob Maschinenbau-Kunden wie BASF oder BMW verstärkt in anderen Ländern produzieren. Zudem sei die Sozialpartnerschaft in Deutschland hier ein wichtiges Standortthema. Wer eine Produktion in den USA aufbauen wolle, der erkenne schnell, wie dünn es dort auf dem Fachkräftemarkt aussieht. Dennoch gebe es trotz vieler erreichter Verbesserungen und Maßnahmen noch massiven Handlungsbedarf seitens der Politik. „Eine gute Idee wäre es, das Lieferkettengesetz zu stoppen“, meinte Haeusgen. Aus Sicht des Verbands lasse sich damit keine Verbesserung der Menschenrechtslage erreichen, nur eine Schwächung der europäischen Industrie.

Haeusgen kritisiert die Idee, für einen Industriestrompreis die Schuldenbremse aufzuweichen. Stattdessen forderte er Wirtschaftsminister Habeck auf: „Gehen Sie eine Steuerreform an, die unser Steuersystem wettbewerbsfähiger und sozialer macht, indem sie die Unternehmen und die unteren Einkommen entlastet und den Menschen mehr Netto vom Brutto geben.“ Zudem forderte er weniger Erschwernisse durch die Politik etwa bei Investitionen in China und endlich den Abschluss der ausstehenden Handelsabkommen.

Habeck lobt klare Worte des VDMA-Präsidenten

Gipfel-Moderatorin Ursula Heller wollte erst einmal von Robert Habeck wissen, mit welcher Erwartungshaltung er denn nach dem gestrigen Migrationsgipfel, der erst gegen halb drei heute Morgen endete, zur Veranstaltung gekommen sei. Er wolle erst einmal abwarten, was der VDMA-Präsident in seiner Rede so sagt, bevor er sich festlege, antwortete Habeck. Doch das sei „fair enough“ gewesen, befand der Minister.

Zunächst dankte Habeck Karl Haeusgen für die „großartige Einordung des Kongresses in das Zeitgeschehen“ und die Erinnerung daran, dass andere Menschen gerade ein ganz anderes Leid erfahren. „Dass ein gerader Satz, ein klares Denken hier zuhause ist, das habe ich die vergangenen zwei Jahre auch so erlebt. Ich fand das einen starken Einstieg, weil es aus einer Haltung kam, die beispielgebend ist“, lobte Habeck die klaren Worte des VDMA-Präsidenten zur aktuellen Situation.

„Sie haben gesagt, dass Wirtschaftspolitik ins Zentrum der Gesellschaft gerückt ist – und das ist auch so“, sagte Habeck. Ohne die Wirtschaft und ohne einen starken Mittelstand werde dieses Land nicht demokratisch bestehen. Über die guten Geschäftszahlen der Unternehmen materialisiert sich Wohlstand und über Wohlstand dann Stabilität in der Gesellschaft – das dürfe man jetzt auch so erkannt haben, erklärte der Minister. Dann verwahrte er sich jedoch gegen den Vorwurf, dass die durchgeführten Exportgarantien Gängelung gewesen seien.

Anschließend ging er auf die deutsche Wirtschaftssituation ein. Die Industrie in Deutschland treffe es härter als andere Länder. „Wir haben eine industrielle Produktion, um die uns andere Länder auch beneiden“, so Habeck. So habe der französische Wirtschaftsminister beklagt, dass sich dort die industrielle Produktion halbiert habe.

Dennoch sei Deutschland durch die stärkere Abhängigkeit von russischem Gas hart gebeutelt. Hinzu komme ein weiterer Aspekt. „Wenn der Weltmarkt schwächelt oder wenn China Probleme hat – das scheint der Fall zu sein – oder wenn China Probleme verursacht, und das scheint auch so zu sein, dann trifft das Deutschland stärker als andere Länder“, sagte Habeck. Die Konsequenz sei, dass bestehende, im Haus gemachte Probleme stärker hervortreten. „Wir sind faktisch zu langsam, wir sind zu wenige, die arbeiten, wir haben an Genehmigungen enorm was aufzuholen und wir müssen die Markterschließung für Exporte stärker voranbringen“, so der Bundeswirtschaftsminister.

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(Bild: mi-connect)

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Zum gestrigen Migrationsgipfel erklärte Habeck: „Das Migrationspaket hat lange gedauert, es war ein Ringen und ein Kämpfen, aber es gibt eine Einigung, und das zeigt, dass dieses Land einigungsfähig ist.“ Das solle man als großen demokratischen Konsens anerkennen, der nicht gleich wieder von den einzelnen Parteien zerpflückt werden sollte. Das zeige, dass dieses Land in seiner Mitte politisch handlungsfähig sei.

Nebenbei sei Beachtliches beschlossen worden, ein großes Paket zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung etwa, das von Mobilfunkmasten bis zur Digitalsierung der Ämter reiche. Auch aus seiner Sicht ist der Fachkräftemangel eine ernsthafte Bedrohung für die deutsche Wirtschaft. „Wer sich hier verdient machen will, der soll was verdienen dürfen. Alle ideologischen Debatten darüber sind inzwischen industriefeindlich“, konstatierte Habeck.

Haeusgen erklärte, dass der VDMA die Schuldenbremse als wichtig einschätzt, und kritisierte erneut deren Aufweichung für den Industriestrompreis. Habeck gab hingegen zu bedenken, dass langfristige Investitionen über die nächsten 40 Jahre etwa in Stromnetze, den Breitband- oder Schienenausbau vielleicht nicht jährlichen Betrachtungszyklen unterwerfen werden sollten.

Abschließend versicherte der Wirtschaftsminister, dass er den Austausch auf dem Branchengipfel schätze und auch beim nächsten Mal gern wiederkommen wolle.

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