Chinesen kaufen gerne Autos mit Panoramadach. -

Weil Chinesen gerne Autos mit Panoramadach kaufen, läuft dort das Geschäft wieder rund. Aber die Bilanz wird dennoch getrübt. - (Bild: Webasto Group)

Vor genau einem Jahr war Webasto plötzlich in aller Munde: Im Unternehmen gab es den ersten bestätigten Corona-Fall Deutschlands. Als seine Firma mit dem neuartigen Virus konfrontiert wurde, hätte er nie gedacht, "welche Dimensionen das Infektionsgeschehen weltweit annehmen würde", erklärt CEO Dr. Holger Engelmann nun in einem Statement. "Nach dem ersten Schock ist es uns gelungen, mit beherzten Entscheidungen, konsequenten Maßnahmen und der Unterstützung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Infektionskette zu unterbrechen", erinnert er sich. 

Der Autozulieferer schreibt trotz zuletzt starker China-Geschäfte derzeit rote Zahlen. Im vergangenen Jahr sei der Umsatz nach derzeitiger Einschätzung um rund elf Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gesunken, sagte der Vorstandschef der Deutschen Presse-Agentur. Und weil das Unternehmen unvermindert kräftig in das neue Geschäftsfeld mit Batterien und Ladelösungen investiert habe, "werden wir einen Verlust ausweisen".

Webasto verdient sein Geld vor allem mit Panorama- und Schiebedächern. Die Hälfte seines Umsatzes macht Webasto inzwischen in Asien. Nachfrage und Gewinnmarge sind dort hoch: "Die ganze Industrie verdient in Asien mehr als in anderen Regionen", sagte Engelmann. "China hat sich 2020 extrem schnell erholt. Im Dezember hatten wir dort den stärksten Umsatz jemals, und auch im ersten Quartal läuft es erfreulich stabil."

In Europa dagegen wirke sich der Coronakrise weiterhin negativ aus. Wenn der neue US-Präsident Joe Biden ebenfalls einen Lockdown verhänge, "gibt es vielleicht einen weiteren Knick nach unten".

Kurzarbeit nicht ausgeschlossen

Außerdem spüre Webasto, dass Autohersteller wegen fehlender Chips ihre Produktion drosselten. "Wir beobachten die Situation in den nächsten Monaten. Wenn der Engpass noch länger dauert, können wir auch Kurzarbeit nicht ausschließen", sagte der Vorstandschef.

Seine letzte Dienstreise nach China habe er Mitte Januar vor einem Jahr gemacht, wo er ein neues Werk eingeweiht hatte, sagte Engelmann. Zwei Wochen später hatte Webasto mit dem ersten bekannt gewordenen Corona-Fall in Deutschland Schlagzeilen gemacht: Eine chinesische Mitarbeiterin hatte einen Mitarbeiter in der Firmenzentrale in Stockdorf bei München angesteckt.

Die Corona-bedingten Beschränkungen machten es "schon mühsam, neue Kontakte aufzubauen", sagte Engelmann. "So gut das virtuelle Arbeiten klappt, wir sehen schon, dass physische Nähe und enger persönlicher Austausch wichtig sind. Das zu kompensieren, ist nicht einfach."

Webasto-CEO erklärt: So geht das Unternehmen mit Coronafällen um

Holger Engelmann,
(Bild: Webasto)

CEO Holger Engelmann erklärt: "Corona bestimmt unseren Alltag, und auch bei Webasto gab es in den letzten Monaten leider immer wieder positiv getestete Kolleginnen und Kollegen – vor allem in Europa und den USA. Soweit wir wissen, stecken sich die Mitarbeiter mehrheitlich im privaten Umfeld an. Bis heute haben wir das Infektionsgeschehen im Unternehmen sehr gut im Griff. Mit Unterstützung aller Mitarbeiter und dem Einverständnis der Infizierten geben wir – nach wie vor – deren Namen intern bekannt, um schnell weitere mögliche Kontakte zu identifizieren. Reiseeinschränkungen und umfassende Hygienekonzepte gelten weltweit. Außerdem setzen die Leiter unserer mehr als 50 Standorte entsprechend der Vorgaben in den jeweiligen Ländern und der Lage bei Webasto vor Ort weitere geeignete Gesundheitsschutz-Maßnahmen um. Das können zum Beispiel Temperaturmessung in der Produktion oder großzügige Homeoffice-Regelungen für Büroarbeitnehmer sein."

Bild: Webasto

Investitionen in asiatische Märkte

In den nächsten fünf Jahren erwartet der Autozulieferer in Europa und den USA eine Geschäftsentwicklung unter Vor-Corona-Niveau. China sei zwar ganz klar der Wachstumstreiber, dürfte die Lücke aber mittelfristig nicht ausgleichen können. Deshalb investiert Webasto in weitere asiatische Märkte. Für die Zulieferer würden der Wettbewerb und der Preisdruck insgesamt stärker, weil die Autobauer gleichzeitig viel in E-Mobilität investieren müssten: "Der hohe Kostendruck wird in den nächsten Jahren bleiben."

Aber Webasto profitiere davon, dass ein wachsender Anteil von Autos mit großen Panoramadächern ausgerüstet werde. Ein kleines Geschäftsfeld sind Klimaanlagen und Heizungen. Bis 2025 will Webasto aber mit E-Mobilität eine Milliarde Euro Umsatz erwirtschaften und diesen Bereich langfristig zu seinem zweiten Standbein machen. Aufträge im Wert von rund drei Milliarden Euro seien in den Büchern, und ein Teil davon käme in zwei, drei Jahren im Umsatz an, sagte Engelmann. Für sogenannte Wallboxen (Ladestationen) gebe es unter anderem große Aufträge von zwei US-Autobauern, und Batterien baue Webasto aktuell für einen deutschen Bushersteller sowie ab 2022 für einen Autokonzern in Südkorea.

In Deutschland beschäftigt Webasto derzeit 4.000 seiner weltweit 14.000 Mitarbeiter. "Deutschland wird immer Know-how-Standort bleiben", sagte der Vorstandschef. "Bei der Produktion aber ist Deutschland nicht mehr Hauptstandort. Perspektivisch wird der Anteil hier weiter zurückgehen." Sieben seiner weltweit mehr als 50 Standorte hat Webasto in Bayern (Stockdorf, Gilching, Utting, Schierling, Hengersberg), Rheinland-Pfalz (Wörth-Schaidt) und Mecklenburg-Vorpommern (Neubrandenburg), elf in China.

Quellen: Dpa, Webasto

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