Kreislaufwirtschaft für Elektromotoren und Batterien
Projekt Zirkel: Ein Leben ist nicht genug
Reparieren, überholen, wiederaufbereiten und recyceln sind Kernprinzipien der Kreislaufwirtschaft. Für einen schonenden Umgang mit Ressourcen sollten möglichst viele Rohstoffe und Bauteile in Produkten weiter- oder wiederverwendet werden.
Redaktion ProduktionRedaktionProduktion
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Mit dem am Fraunhofer IWU entwickelten Demontage-Demonstrator kann die Demontage automatisiert und auch effizient vollzogen werden.(Bild: Fraunhofer IWU)
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In der Praxis scheitern gut gemeinte Ansätze oft an den Kosten – wenn die Rückgewinnung dieser Rohstoffe mit zu viel Handarbeit verbunden oder aufgrund der Produktbeschaffenheit zu aufwändig ist. Wie es besser geht, zeigt das Zirkel-Konsortium am Beispiel von Elektromotoren und Hochvoltspeichern in Automobilen: Mit einem Produktdesign, in dem eine spätere Zerlegung bereits mitgedacht wird, und mit automatisierten, hocheffizienten Demontageprozessen zur Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe. Elektromotoren sind zentrale Komponenten der Elektromobilität. Ihr Innenleben besteht zu einem hohen Anteil aus gefragten Metallen wie Kupfer und Aluminium und Seltenen Erden wie Neodym.
Automatisierte Demontage und anspruchsvolle Verwertung
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Alles Materialien, deren Rückgewinnung angesichts wachsender Ressourcenknappheit und geopolitischer Abhängigkeiten immer essenzieller wird. Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt Zirkel entwickelte in den vergangenen dreieinhalb Jahren praxisnahe Lösungen für eine automatisierte Demontage und eine anspruchsvolle stoffliche Verwertung hochintegrierter Komponenten aus batterieelektrischen Fahrzeugen. Während ein Teil des Konsortiums sich dabei auf Hochvoltbatteriespeichersysteme konzentrierte, stand für das Fraunhofer IWU der Elektromotor und seine stoffliche Wiederverwertung im Fokus.
Schraubwerkzeug zum Lösen von Schraubverbindungen.(Bild: Fraunhofer IWU)
So wurde die Frage gestellt, wie sich Schraubverbindungen schnell und effizient lösen lassen, auch wenn die Komponenten verschmutzt oder abgenutzt sind? Als Antwort auf diese zentrale Frage entwickelte das Fraunhofer IWU einen adaptiven, robotergestützten Demonstrator für das automatisierte Lösen von Schraubverbindungen. Statt eines klassischen Industrieroboters kommt ein Portalroboter zum Einsatz. Mithilfe maschineller Bildverarbeitung und KI-Algorithmen gelingt es dem System, Position und Zustand von Schraubverbindungen zu erkennen und gezielt zu lösen, was auch bei stark verschmutzten oder abgenutzten Komponenten funktioniert.
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Detaillierte Demontageanleitung entstanden
Den Ausgangspunkt bildete ein mehrstufiger Demontageworkshop am Fraunhofer IWU, bei dem Hinterachs- und Vorderachsmotoren aus dem Volkswagen-Konzern demontiert, analysiert und die Prozessschritte dokumentiert wurden. Dabei entstand eine detaillierte Demontageanleitung, die als Grundlage für die Definition automatisierter Prozesse diente. Die gewonnenen Erkenntnisse flossen direkt in konkrete Designempfehlungen für kreislaufgerechte Konstruktionen ein – etwa zur Vereinheitlichung von Schraubverbindungen oder zur verbesserten Zugänglichkeit von Verbindungselementen im Demontagefall.
Besonderes Augenmerk galt den im Rotor verbauten Neodym-Magneten, die mit dem Element Neodym einen der wertvollsten Rohstoffe für die Elektromobilität enthalten. Im Projekt wurden verschiedene Remanufacturing-Verfahren erprobt, etwa die mechanische Entnahme nach vorheriger Trennung des Blechpakets oder der gezielte Ausbau mittels hydraulischer Pressen. Das Ergebnis ist eine praxistaugliche Methodik zur möglichst beschädigungsfreien Rückgewinnung und Wiederverwendung der Magnete.
Wirtschaftlicher Rückbau bei komplexen Systemen
Ziel des Vorhabens war es, Demontage- und Remanufacturing-Prozesse technologisch so weiterzuentwickeln, dass selbst komplex aufgebaute Batteriespeichersysteme und Elektromotoren weitgehend automatisiert und damit wirtschaftlich rückgebaut werden können. Zahlreiche Prozesse und Arbeitsschritte beschreiben nun den Weg von der CAD-gestützten Demontageplanung über eine automatisierte Schraubenerkennung bis hin zur experimentellen Wiederaufbereitung von Magnetmaterialien.
Design for Recycling integraler Bestandteil der Produktentwicklung
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Die entwickelte Lösung hat den Vorteil, adaptiv zu sein, wodurch sich die Rüstzeiten deutlich reduzieren. Zunächst wird in einer Grobausrichtung erkannt, dass sich ein Bauteil in der Demontagezelle befindet. Anschließend (Feinausrichtung) wird nach bereits eingelernten Fügeverbindungen gesucht. Nun kann bauteilunabhängig demontiert werden; einzige Voraussetzung ist, dass der Schraubenkopf einmalig trainiert wurde. Es können beliebig viele Schraubenköpfe eingelernt werden. Für die entwickelte kostengünstige Hardwarelösung genügen Standard-Stereokameras. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass Design for Recycling ein integraler Bestandteil der Produktentwicklung sein muss, um Kreisläufe technologisch und wirtschaftlich schließen zu können.
IWU ist innovationsstarker Partner für angewandte Forschung
Zu den Partnern des Zirkels zählen Volkswagen, Liebherr-Verzahntechnik Automationssysteme, Deckel Maho Pfronten, Ascon Systems, Arxum, Synergeticon, Fraunhofer IST sowie federführend die TU Braunschweig. Das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU ist innovationsstarker Partner für die angewandte Forschung und Entwicklung in der Produktionstechnik und mit rund 670 hochqualifizierten Mitarbeitern in Chemnitz, Cottbus, Dresden, Leipzig, Wolfsburg und Zittau vertreten. Das Institut erschließt Potenziale für die wettbewerbsfähige Fertigung beispielsweise im Automobil- und Maschinenbau, der Luft- und Raumfahrt, der Elektrotechnik oder der Feinwerk- und Mikrotechnik. Im Fokus von Wissenschaft und Auftragsforschung stehen Bauteile, Verfahren und Prozesse sowie die zugehörigen komplexen Maschinensysteme und das Zusammenspiel mit dem Menschen – die ganze Fabrik.
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Institut für ressourceneffiziente Fertigung
Als Institut für ressourceneffiziente Fertigung wird auf eine hochflexible, skalierbare und von der Natur lernende, kognitive Produktion gesetzt; ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft und die gesamte Prozesskette im Blick. Das Fraunhofer IWU entwickelt Technologien und intelligente Produktionsanlagen und optimiert umformende, spanende und fügende Fertigungsschritte. Auch maßgeschneiderte Leichtbaustrukturen, die Verarbeitung unterschiedlichster Werkstoffe sowie neueste Technologien der additiven Fertigung (3D-Druck) sind wichtige Bestandteile des Leistungsportfolios. Damit die Energiewende gelingen kann, werden Lösungsräume für den klimaneutralen Fabrikbetrieb und die Großserienfertigung von Wasserstoffsystemen aufgezeigt.
Quelle: Fraunhofer IWU
FAQs zum Projekt Zirkel
1. Was ist das Ziel des Projekts Zirkel?
Das vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderte Projekt Zirkel hat das Ziel, Demontage- und Remanufacturing-Prozesse für Elektromotoren und Hochvoltspeicher so weiterzuentwickeln, dass diese künftig weitgehend automatisiert, effizient und wirtschaftlich rückgebaut werden können. Damit soll ein geschlossener Materialkreislauf für zentrale Komponenten der Elektromobilität entstehen.
2. Bedeutung der Kreislaufwirtschaft bei Elektromotoren
Elektromotoren enthalten wertvolle Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium und Seltene Erden (z. B. Neodym). Angesichts steigender Ressourcenknappheit und geopolitischer Abhängigkeiten ist deren Rückgewinnung entscheidend. Die Kreislaufwirtschaft zielt darauf ab, diese Materialien möglichst schadfrei wiederzuverwenden und den Rohstoffverbrauch zu reduzieren.
3. Welche Innovationen wurden mit dem Projekt entwickelt?
Das Fraunhofer IWU entwickelte einen adaptiven, robotergestützten Demonstrator zur automatisierten Demontage von Elektromotoren. Mithilfe von KI-Algorithmen und maschineller Bildverarbeitung kann das System Schraubverbindungen auch bei verschmutzten oder abgenutzten Komponenten erkennen und lösen. Standard-Stereokameras und ein Portalroboter bilden dabei eine kostengünstige, flexible Hardwarelösung.
4. Wie funktioniert die automatisierte Schraubenerkennung?
Das System arbeitet in zwei Stufen:
Grobausrichtung – Es erkennt, dass ein Bauteil in der Demontagezelle vorhanden ist.
Feinausrichtung – Es sucht gezielt nach bekannten Schraubverbindungen. Wurde ein Schraubenkopf einmal trainiert, kann das System bauteilunabhängig demontieren. Damit lassen sich Rüstzeiten erheblich reduzieren und eine hohe Prozessflexibilität erreichen.
5. Erkenntnisse für das Produktdesign?
Die Forschenden entwickelten konkrete Designempfehlungen für kreislaufgerechte Konstruktionen, etwa zur Standardisierung von Schraubverbindungen und zur besseren Zugänglichkeit von Verbindungselementen. Diese Erkenntnisse fließen in das Prinzip „Design for Recycling“ ein – also das Mitdenken der späteren Zerlegung bereits in der Produktentwicklung.
6. Wie werden Neodym-Magnete aus den Rotoren zurückgewonnen?
Im Projekt wurden mehrere Remanufacturing-Verfahren getestet:
mechanische Entnahme nach Trennung des Blechpakets
hydraulische Pressverfahren zum gezielten Ausbau Ziel war eine möglichst beschädigungsfreie Rückgewinnung der Magnete, damit sie wiederverwendet werden können. So entsteht ein geschlossener Kreislauf für einen der wertvollsten Rohstoffe der Elektromobilität.
7. Welche Partner sind am Zirkel-Konsortium beteiligt?
Zum Konsortium gehören unter anderem Volkswagen, Liebherr-Verzahntechnik Automationssysteme, Deckel Maho Pfronten, Ascon Systems, Arxum, Synergeticon, Fraunhofer IST sowie die TU Braunschweig als federführende Institution. Das Fraunhofer IWU übernahm dabei den Schwerpunkt Elektromotor und automatisierte Demontageprozesse.