Deutschland erlebte eine glorreiche Phase der Innovation. Stahl, Automobil, Pharma und Elektronik: Technologien und Produkte wurden in alle Welt exportiert. Diese erste Phase brachte materiellen Wohlstand.
Dann setzte die Phase zwei ein und mit ihr das große Schlummern. In Zukunftstechnologien wie Solar und Windkraft war man technologisch führend. Doch kurz bevor daraus das große, weil globale Geschäft wurde, hat man sich diese Technologien widerstandslos abnehmen lassen. Anstatt also diese der Welt zu verkaufen, hängt nun sogar die heimische Energiewende davon ab, ob uns konkurrierende Wirtschaftsräume ihre Produkte verkaufen. Was angesichts zunehmender weltweiter Nachfrage nicht gesichert ist.
Da man zugleich die Bedeutung von Batteriezellen und Microchips offensichtlich gar nicht erst gesehen hat, befinden wir uns nun in der Phase drei, in der Deutschland diese Technologien importieren muss. Sicherung der Lieferketten und so, Sie wissen schon.
Trotz Ankündigung milliardenschwerer Geldgeschenke an Unternehmen, damit sie sich hier ansiedeln, garantiert dies aber noch lange keinen Zugriff auf diese Technologien – nur das vage Versprechen, darauf basierende Produkte kaufen zu dürfen. Und dabei ist man auch noch von den Launen der Unternehmen abhängig, wie aktuelle Rückzieher aus Ensdorf und Magdeburg zeigen.
Stehen wir nun vor Phase vier, in der wir es gar nicht mehr versuchen? Nein, ich übertreibe nicht. Stahl: das hört sich zwar schwer nach 19. Jahrhundert an, wird aber noch lange ein Schlüsselprodukt sein - und ihn herstellen zu können, eine Schlüsselfähigkeit. Da möchte man von niemandem abhängig sein.
Und zukünftig wird grüner Stahl weltweit nachgefragt werden. Die heimischen Ansätze, diesen zu entwickeln, lassen zukünftige Technologieführerschaft erahnen. Aber ach: Statt beherzt in einem starken Heimatmarkt exportreife Produkte und Verfahren zu entwickeln, sieht man wie Teile der Politik und leider auch der Industrie hier ein Fragezeichen setzen.
Aber vielleicht streben wir ja Phase fünf an: Die Aufgabe jeglicher Innovationsfähigkeit. Woher dann aber unser materieller Wohlstand kommen soll, bleibt mir schleierhaft.
Das ist Prof. Dr. Andreas Syska
Die Faszination für Produktion begleitet ihn sein gesamtes Berufsleben lang. Nach Maschinenbaustudium und Promotion an der RWTH Aachen war er bei der Robert Bosch GmbH tätig, zuletzt als Produktionsleiter.
Als Professor für Produktionsmanagement an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach gibt er seinen Studenten und Industriepartnern ein größtmögliches Stück dieser Faszination weiter.