Der wichtige Tag ist gekommen: Die US-Wahl steht an. Zwar wird es wahrscheinlich einige Zeit dauern, bis feststeht, ob Kamala Harris oder Donald Trump in den kommenden vier Jahren in den USA regieren wird. Die deutsche Industrie bereitet sich dennoch schon auf mögliche Szenarien vor und hat durchaus auch Sorgen.
Denn die USA sind dem BDI zufolge Deutschlands wichtigster Partner für Wirtschaft und Politik außerhalb der EU. Die Vereinigten Staaten sind beispielsweise seit 2015 der wichtigste Absatzmarkt für deutsche Warenexporte. US-Unternehmen sind außerdem mit die größten Investoren und Arbeitgeber in Europa.
Mit Blick auf die US-Wahl gibt es bei den deutschen Unternehmen in den USA derzeit einer Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer zufolge Anzeichen einer gewissen Zurückhaltung bei Investitionen. Die Unternehmen seien abwartend, bis mehr Klarheit über die zukünftige Wirtschaftspolitik bestehe, teilte die DIHK mit.
Zollpolitik Trumps könnte negative Folgen haben
Aber welche Auswirkungen könnte der Wahlausgang in den USA für die deutsche Industrie haben? Die globalen Rahmenbedingungen könnten komplizierter werden, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Besonders die Zollpläne Donald Trumps seien dabei ein Risiko. „Die Aussicht auf eine verschärfte Handelspolitik, insbesondere unter einer möglichen Trump-Regierung, könnte die Sorge vor Lieferkettenstörungen und Handelsbarrieren weiter zuspitzen“, erklärt er.
Die angekündigten Zollpläne mit einer Pauschalbesteuerung von Importen in Höhe von 10 oder 20 Prozent würden sowohl den USA als auch Europa massiven Schaden zufügen, schreibt auch der BDI. Die Einführung würde eine Eskalation von Gegenreaktionen zur Folge haben, welche die globale Wirtschaft erheblich beeinträchtigen würden.
„Trump 2.0 würde die regelbasierte Weltordnung weiter schwächen, sowohl mit Blick auf die internationale Sicherheitsarchitektur als auch auf die Welthandelsordnung“, so der Verband weiter. Eine zweite Amtszeit würde laut BDI viele der früheren Konflikte verschärfen und neue Konflikte verursachen.
Die Drohung Trumps, die NATO zu verlassen, könnte dem BDI zufolge zudem die Sicherheitsarchitektur der EU und der gesamten westlichen Welt destabilisieren.
Eine Präsidentin Kamala Harris würde die Politik Bidens fortführen, ist sich der BDI sicher. Sie würde sich zum Beispiel um die weitere Implementierung des Inflation Reduction Acts bemühen. Trumps Zollpläne kritisiert Harris dem BDI zufolge stark und bezeichnet sie als Verkaufssteuer für US-Konsumenten.
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Das sollte Europa nach der US-Wahl machen
Was wären also die Folgen der im Wahlkampf angekündigten Maßnahmen? Das Kiel Institut und das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung haben in einer neuen Studie realistische Szenarien der US-Handelspolitik und deren globale Auswirkungen untersucht. Das Ergebnis: „Nach den Wahlen in den USA sollte die EU vorrangig den multilateralen Handel und die globale Zusammenarbeit verteidigen. Beides ist gegenüber den bilateralen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten entscheidender für ihren Wohlstand. Denn die Kosten eines Zusammenbruchs des multilateralen Systems könnten um ein Vielfaches höher sein als die Folgen höherer Zölle.“
Unabhängig davon, wer die Wahl gewinne, könne man davon ausgehen, dass die USA auch weiterhin eine protektionistische Handelspolitik verfolgen werden, da diese parteiübergreifend breite Unterstützung genießt, sagt Gabriel Felbermayr, einer der Autoren der Studie. Das Ausmaß des Protektionismus würde aber sehr unterschiedlich ausfallen. „Während Harris multilaterale Institutionen mehr zu schätzen scheint, wäre eine zweite Trump-Regierung wahrscheinlich isolationistischer, weit weniger multilateral und stärker transaktionsorientiert als eine Harris-Regierung.“
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Trumps Zollpläne: Welthandel könnte schrumpfen
Sollte Trump Präsident werden und neue und höhere Zölle einführen, darunter einen Zollsatz von zehn Prozent auf alle Importgüter und von 60 Prozent auf chinesische Importe, könnte der Welthandel im ersten Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen. Langfristig sogar um rund drei Prozent.
Vergeltungszölle von Handelspartnern würden laut Studie die Auswirkungen noch verstärken, insbesondere wenn die USA die Zölle auf Partner wie Kanada und Mexiko ausweiten, wodurch sich der Rückgang des Welthandels verdoppeln würde. Die chinesischen Exporte würden um etwa zehn Prozent zurückgehen, während die US-Exporte um bis zu 38 Prozent sinken würden. Der Grund: Einfuhrzölle auf ausländische Güter beeinflussen auch die relativen Preise der Exporte und haben somit ähnliche Effekte wie eine Besteuerung von Exporten.
Im Vergleich dazu müssten europäische Länder wie Deutschland in diesen Szenarien geringere Exportrückgänge hinnehmen. Sollten die USA flächendeckend Zölle erheben, könnten die Exporte einiger EU-Länder und -Sektoren aufgrund der relativen preislichen Wettbewerbsfähigkeit kurzfristig sogar leicht ansteigen. „Trotz dieses Anstiegs geht das BIP der EU jedoch weiter zurück, was zeigt, dass die Nettoauswirkungen von Handelshemmnissen und Unterbrechungen der Lieferkette die Exportgewinne überwiegen“, schreiben die Autoren der Studie.
So wären die Auswirkungen auf die deutsche Industrie
In Deutschland würde die gesamte Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent zurückgehen, wenn die USA Zölle auf alle Handelspartner erheben, aber einige Sektoren würden sogar wachsen.
High-Tech-Branchen wie die Elektronikindustrie könnten ihre Produktion um 2,5 Prozent steigern. Schlüsselindustrien wie die Automobilindustrie könnten allerdings Rückgänge von bis zu 3,3 Prozent verzeichnen.
Eine Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHKs), zeichnet ein differenziertes Stimmungsbild der in den USA tätigen Unternehmen – besonders mit Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen.
Demnach erwarten 38 Prozent der befragten Betriebe in den nächsten zwölf Monaten eine bessere Konjunkturentwicklung vor Ort. „Im Frühjahr 2024 hatten dies mit 56 Prozent zwar noch deutlich mehr der US-aktiven Unternehmen angegeben, dennoch sind die Konjunkturerwartungen in den Vereinigten Staaten weiterhin optimistischer als im Durchschnitt der vergangenen Jahre und deutlich positiver als weltweit, wo nur 27 Prozent eine bessere Konjunkturentwicklung erwarten“, schreibt das DIHK.
Obwohl die Unsicherheit über den Wahlausgang für eine gewisse Anspannung unter den Betrieben sorgt, bleiben die USA für sie nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsstandort – nicht zuletzt, weil die Standortbedingungen dort besser sind als in Deutschland.
Wie sich der deutsche Maschinenbau in den USA positionieren sollte, lesen Sie hier:
Trotz der politischen Unsicherheiten planen 37 Prozent der deutschen Unternehmen in den USA, ihre Investitionen zu erhöhen, während 18 Prozent diese verringen möchten. Die Investitionspläne liegen damit unter dem langjährigen Mittelwert für die USA.
Unabhängig vom Ausgang der Wahl bleiben die USA für deutsche Unternehmen ein attraktiver Markt. „So gut die Standortbedingungen für Unternehmen in den USA sind, die Aussicht auf zusätzliche neue Handelsbarrieren und Lieferkettenstörungen dämpfen den Optimismus“, so Treier. „Doch auch in einem Wahljahr sehen wir keine radikale Verschlechterung der Rahmenbedingungen, die das Niveau dramatisch absenken würde.“