Julia Uth ist Leiterin Konstruktion und Entwicklung beim Familienunternehmen Uth und President von Uth North America. Derzeit baut sie einen Standort in den USA auf.

Julia Uth ist Leiterin Konstruktion und Entwicklung beim Familienunternehmen Uth und President von Uth North America. Derzeit baut sie einen Standort in den USA auf. (Bild: Uth)

Souvenirs zu den Wahlen an Flughäfen, Wahl-T-Shirts bei Sportveranstaltungen und natürlich überall Wahlwerbung: Harris oder Trump? Demokraten oder Republikaner? Diese Fragen treiben die Menschen in den USA derzeit um. Auch deutsche Unternehmen beschäftigen sich damit. Schließlich sind die Vereinigten Staaten ein wichtiger – und oft unverzichtbarer – Handelspartner.

„Die größten Sorgen machen sich die von uns vertretenen Unternehmen hinsichtlich der Verlässlichkeit: Wenn sie in den USA investieren und dort Arbeitsplätze sichern oder sogar zusätzliche Stellen schaffen wollen, müssen sie sich darauf verlassen können, dass sich die Gesetzgebung nicht massiv ändert“, sagt Simone Menne, Präsidentin der American Chamber of Commerce in Germany, im Interview mit dem Institut der deutschen Wirtschaft.

Sie erklärt, das Vertrauen in die Stabilität der wirtschaftlichen Umgebung wackele aktuell – das gelte unabhängig davon, ob Demokraten oder Republikaner regieren. Sie macht aber auch deutlich: „Grundsätzlich wird die USA als ein sehr positiver Ort zur Ansiedlung von Unternehmen gesehen.“

Das sieht auch Julia Uth so. Sie leitet beim Familienunternehmen Uth den Bereich Konstruktion und Entwicklung. Seit Januar ist sie zudem President von Uth North America. Denn der Maschinenbauer baut derzeit seinen Standort in den USA neu auf.

„Wir haben in den letzten drei Jahren schon darauf hingearbeitet und haben dann im Herbst letzten Jahres gegründet“, sagt Uth im Gespräch mit ‚Produktion‘. Seit Frühjahr ist Uth dabei, die operativen Geschäfte in den USA zum Laufen zu bringen, den neuen Standort handlungsfähig zu machen und auf dem Markt bekannt zu werden.

Darum hat sich Uth für einen Standort in den USA entschieden

„Man muss dazu sagen, die GmbH selbst hat schon in den letzten 20 Jahren in die USA Maschinen verkauft“, sagt die Ingenieurin. Die Produkte seien dort also durchaus etabliert. Allerdings hat das Familienunternehmen mit einem Partner zusammengearbeitet, der das Produktportfolio mit vertrieben hat.

Die Frage, ob man als deutscher Maschinenbauer einen Standort in den USA braucht oder nicht, beschäftigt einige. Thomas Enck, Managing Director bei FTI-Andersch und Ex-Banker, erklärte im Interview mit ‚Produktion‘, dass es aus heutiger Sicht besser sei, lieber zu exportieren und ein gutes Zulieferernetz zu haben, als einen eigenen Standort vor Ort.

Er sagt allerdings auch: „Aber wenn man es für eine realistische Chance hält, dass die Politik irgendwann auf eine Fertigung in den USA drängt, dann ist es auf Dauer gesehen nicht so klug, nur auf Export zu setzen.“ Die Entscheidung für oder gegen einen Standort vor Ort hänge sei zudem von Fall zu Fall unterschiedlich zu betrachten.

Das ganze Interview können Sie hier nachlesen: "Strafzoll, Trump und Co: Die Lage des Maschinenbaus in den USA"

Deutscher Maschinenbau-Gipfel 2022
(Bild: mi-connect)

Deutscher Maschinenbau-Gipfel

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Das wünschen sich Maschinenbau-Kunden aus den USA

Uth lässt seine Maschinenproduktion vollständig in Fulda. „Damit gewährleisten wir als spezialisiertes Technologieunternehmen unseren Qualitätsstandard“, erklärt Julia Uth.

Aber: „Die Amerikaner möchten gerne direkte Ansprechpartner vor Ort und das hat einen hohen Stellenwert“, sagt sie. „Besonders deutlich wurde es für uns als wir Anfang 2023 ein Projekt nicht gewinnen konnten, weil wir keine Niederlassung in den USA hatten und dass obwohl das Kundenunternehmen zu einem deutschen Konzern gehört und das Mutterhaus unsere Technologie bevorzugt hat.“

Die Kunden in den USA erwarten Uth zufolge, dass man vor Ort ist, dort Ersatzteile hat und schnell Service bieten kann. „Amerikanische Kunden erwarten einen Service innerhalb von 24 Stunden“, berichtet auch Andrew Adair, VDMA-Referent für Nordamerika, gegenüber GTAI.

Zudem habe das Familienunternehmen in den vergangenen acht Jahren neue Märkte gerade im Klebstoffbereich, in der Medizintechnik und auch in der Reifenindustrie hinzugewonnen. In diesen Bereichen sei der Partner in den USA nicht besonders stark gewesen. „Und der Neukundenmarkt hat uns auch gefordert genauso wie die Serviceaktivitäten“, erklärt Uth die Gründe für die verstärkten Geschäftsaktivitäten in Nordamerika.

Podcast: Grob-CEO Wankmiller über die USA

Viel Wertschätzung für den deutschen Maschinenbau

Nicht nur Uth erfreut sich über eine wachsende Nachfrage aus den Vereinigten Staaten. „Die US-Nachfrage nach Anlagen und Maschinen wächst stetig“, schreibt das GTAI. Laut Global Market Insights solle sich das Marktvolumen zwischen 2023 und 2032 nahezu verdoppeln.

Der Vorteil des deutschen Maschinenbaus: US-Anbieter sind dem GTAI zufolge zwar bei Universalanlagen gut aufgestellt. Nicht jedoch bei auf spezielle Kundenwünsche angepasste Fertigungstechnologien.

„Deutsche Maschinentechnologie wird in den USA sehr geschätzt“, so Uth. Gleiches gelte für die Projektabwicklung.

Um den US-Standort aufzubauen war Uth drei Monate vor Ort. Dabei hat sie viele operative Themen geklärt, aber auch eine kleine Roadshow bei ihren Kunden gemacht, „um über die Bedarfe zu sprechen, über unsere Organisation, unsere Vorstellungen und uns dort ein Stück weit bekannt zu machen.“ Die Firma war außerdem auf verschiedenen Messen und ist in unterschiedlichen Verbänden aktiv.

Um die Marke in den USA bekannter zu machen, war Julia Uth unter anderem auf Messen und Konferenzen.
Um die Marke in den USA bekannter zu machen, war Julia Uth unter anderem auf Messen und Konferenzen. (Bild: Uth)

Maschinenbau in den USA: Netzwerken ist enorm wichtig

Gerade letzteres ist für Uth wichtig, um ein Netzwerk aufzubauen. „Als Einzelkämpfer in den USA voranzukommen, ist zwar nicht unmöglich, mach es aber sehr, sehr schwer. Denn die Amerikaner selbst sind auch sehr gut im Netzwerken“, sagt sie. Dabei helfen Uth zufolge Deutschlandverbände wie der VDMA oder die Außenhandelskammern, worüber sich viele Kontakte ergeben können.

Ein weiterer Tipp der Unternehmerin: „Es ist gut, wenn man einen engen Austausch mit Amerikanern hat, die einen ein bisschen unterstützen.“ Der Maschinenbauer habe einen guten Partner gefunden, eine Art Start-up Inkubator, mit nun ein Stück weit kooperiert wurde. „Das hat uns insbesondere in der ersten Zeit sehr geholfen und auch vor einigen Fehlern bewahrt“, so Uth.

Das waren die Herausforderungen bei der Expansion

Um den amerikanischen Markt besser zu verstehen, hat das Familienunternehmen seit 2021 viel Zeit investiert – zum Beispiel durch Netzwerkveranstaltungen und Konferenzen. „Das Wichtigste ist aus meiner Sicht immer, sich auf die Gegebenheiten einzulassen“, so Uth.

Denn eine Expansion in die USA hat – trotz der kulturellen Ähnlichkeiten zu Europa – durchaus ihre Herausforderungen. „Man hat natürlich kulturelle und gesellschaftliche Aspekte, die man beachten muss und die in den USA anders gehandhabt werden als bei uns in Deutschland“, sagt Uth. Dazu zählen zum Beispiel auch kleine Aspekte wie Bankgeschäfte: „Man sollte zum Beispiel berücksichtigen, dass dort tatsächlich vieles noch über Scheck läuft, was wir hier gar nicht mehr gewöhnt sind.“

Auch bei der Personaleinstellung gibt einiges zu beachten: „Neben dem Einstellungsprozess gibt es auch große Unterschiede in den Versicherungen und Sozialleistungen für Mitarbeiter, über die man sich erstmal informieren muss. Spannend sind auch die Bewerberinterviews“, sagt Uth.

Deutsche Unternehmen haben bei der Personalsuche aber auch Vorteile – und zwar bei der Zahl der Urlaubtagen. „Da muss man ganz klar sagen, dass wir mit den europäischen oder den deutschen Urlaubsregelungen ein Stück weit einen Vorteil haben. Das kann man durchaus in der Personalfindung nutzen, weil es in den USA nicht üblich ist, dass man so viel Urlaub hat“, erklärt die Maschinenbauerin.

Kritik äußern? Ja, aber…

Ein weiterer wichtiger Punkt: In den USA wird ganz anders mit Kritik umgegangen. „Wo man in Deutschland doch häufig sehr direkt ist, das macht man in den USA nicht. Da sind es die Freundlichkeit und Lockerheit die im Vordergrund stehen und dass alles sehr positiv formuliert wird“, erklärt Uth.

Die Kritik schwinge eher unterschwellig mit. Das müsse man zum einen beachten, wenn man selbst Kritik äußert, zum anderen müsse man aber auch verstehen, dass manche Aussagen der Amerikaner nicht ganz so positiv gemeint seien, wie sie klingen.

Eine weitere Herausforderung: Das Produktprogramm musste an die amerikanischen Kunden angepasst werden. „Es gibt andere Anforderungen an Elektronik und Steuerung. In Europa wird viel mit Siemens-Steuerungen gearbeitet, in den USA hingegen vorwiegend mit Rockwell- und Allen-Bradley-Komponenten“, berichtet Uth. Deshalb müssen auch die unterschiedlichen Normen und Vorgaben, die in den USA erforderlich sind, berücksichtigt werden.

Insgesamt findet Uth die amerikanische Lebensweise durchaus angenehm, wenn man als Ausländer dort eine längere Zeit verbringt. „Die positive und unkomplizierte Art ins Gespräch zu treten, macht viele Erstkontakte einfacher“, sagt sie.

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Uth in den USA: Das sind die nächsten Schritte

Sie plant noch weitere USA-Aufenthalte im Laufe des Jahres. Unter anderem, um Personal einzustellen und einzulernen. Im August konnte das Unternehmen bereits seinen Vertriebsleiter einstellen. „Ein Amerikaner mit viel Erfahrung in unserer Industrie. Dies war für uns ein entscheidender Schritt um die Organisation voranzubringen.“

Man müsse nun schauen, welche weitere operative Unterstützung in den Bereichen Sachbearbeitung, Vertrieb und Finanzbuchhaltung benötigt werde. Momentan arbeitet Uth in diesen Bereichen noch mit Dienstleistern zusammen. Auch Büroräumlichkeiten und Lagerflächen in einem Industriegebiet in South Carolina, in Fort Mill, wurden bereits geschaffen.

Strategisch möchte das Unternehmen die Kunden in der Kautschuk, Klebstoff- und Silikonindustrie von seinen Lösungen überzeugen und sich auf dem US-Markt etablieren.

Und was ist mit der US-Wahl? „Natürlich schwingt dieser Gedanke strategisch mit“, sagt Uth. „Wir haben aber entschieden, auf der Grundlage der aktuellen wirtschaftlichen Situation, unserer Märkte und des Bedarfs dort zu handeln. Die Wahl wird aber natürlich einen Einfluss auf die Stimmung im Land haben.“

Sie geht jedoch nicht davon aus, dass sich wirtschaftlich viel ändern wird, weil der Kurs in den USA bereits klar sei. Sie geht nicht davon aus, dass sich bei Themen wie Subventionen unter einer neuen Regierung etwas ändern würde.

„Man wird sich dann gegebenenfalls strategisch anpassen müssen, wenn sich Veränderungen ergeben. Da wir keine eigene Produktion in den USA haben, sind wir weniger stark vom Risiko betroffen als Unternehmen, die vor Ort eine Produktion aufbauen“, sagt sie. Es bleibe aber spannend, was im November passieren wird.

Das American Chamber of Commerce in Germany gibt keine expliziten Empfehlungen, wie sich seine Mitglieder verhalten sollen, wenn Donald Trump oder Kamala Harris gewählt werden. „Eine grundsätzliche, parteiunabhängige Empfehlung von uns ist: Schaut euch nicht nur die USA als ganzes Land an, sondern die einzelnen Bundesstaaten. Kalifornien funktioniert zum Beispiel ganz anders als Texas“, sagt Präsidentin Menne.

Tipps für Unternehmen, die in die USA expandieren wollen

Tipps für Unternehmen, die in die USA expandieren wollen
(Bild: Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com)

Für Unternehmen, die sich auch einen Standort in den USA aufbauen wollen, hat Julia Uth einige Ratschläge parat:

  • Regulatorik: „Es ist sehr wichtig, sich intensiv mit den lokalen Gegebenheiten auseinanderzusetzen, auch im Bereich Regulatorik. Jeder Bundesstaat hat sehr individuelle Steuerrechtliche und regulatorische Vorgaben, was durchaus eine Herausforderung sein kann.“
  • Mitarbeiterführung und Zusammenarbeit: „Man kann nicht einfach die deutsche Mentalität überstülpen. Ich habe von einem Fall gehört, bei dem ein Unternehmen einen Standort in den USA übernommen hat und dann mit der deutschen Führungsebene vor Ort ‚aufmarschiert‘ ist. Sie wollten, dass alles nach ihrem Plan funktioniert, doch das hat am Anfang nicht harmoniert.“
  • Regeln einhalten: „In den USA werden Regeln, besonders im Bereich der Arbeitssicherheit, sehr ernst genommen. Selbst wenn deutsche Mitarbeiter dort meinen, manche Regeln seien nicht sinnvoll, halten sich die Amerikaner strikt daran, und das muss man als Europäer respektieren.“ Allgemein wird in den USA sehr großen Wert daraufgelegt, dass man die dortigen Regeln und Gegebenheiten respektiert: „Das kann man auch erwarten – genauso wie wir es erwarten, wenn andere Länder bei uns investieren. Es geht letztlich darum, sich gegenseitig mit Respekt zu begegnen.“
Anja Ringel
(Bild: Anna McMaster)

Die Autorin: Anja Ringel

Dass sie Redakteurin werden will, wusste Anja Ringel schon zu Schulzeiten. Als Chefredakteurin ihrer Schülerzeitung hat sie Lehrkräfte und Schüler interviewt, das Mensaessen getestet und ist Fragen wie "Wieso hat Wasser ein Mindesthaltbarkeitsdatum" nachgegangen.

Nach Stationen bei diversen Tagezeitungen schaut sie bei "Produktion" nun den Unternehmen auf die Finger oder besser gesagt auf die Bilanzen. Als Wirtschaftsredakteurin kümmert sie sich aber auch um Themen wie Fachkräftemangel, Diversity, Digitalisierung oder Unternehmenskultur. Daneben ist sie einer der Podcast-Hosts von Industry Insights.

Privat liebt sie das Reisen und nutzt ihre Urlaube, um die Welt zu entdecken.

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