Was plant die nächste Bundesregierung? Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD schmecken nicht allen Verbandsvertretern - sie haben mehrere Kritikpunkte.

Was plant die nächste Bundesregierung? Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD schmecken nicht allen Verbandsvertretern - sie haben mehrere Kritikpunkte. (Bild: mojolo - stock.adobe.com)

Die ersten Weichen für eine schwarz-rote Bundesregierung sind gestellt, doch die Reaktionen aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Verbänden fallen gemischt aus. Während Investitionen in Infrastruktur und Entlastungen bei Energiekosten gelobt werden, sorgen Mindestlohnerhöhungen, fehlende Steuerreformen und unzureichende Sozialversicherungsmaßnahmen für Unmut.

Welche Wirtschaftsverbände fordern Nachbesserungen?

Die Wirtschaft zeigt sich skeptisch. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht im Sondierungspapier „keine ambitionierten Maßnahmen“ zur Stabilisierung der Sozialversicherungen. Eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge sei dringend nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Auch Peter Leibinger vom Bundesverband der Deutschen Industrie vermisst ein Gesamtkonzept und fordert „mehr Freiräume für Unternehmer und mehr Effizienz im öffentlichen Dienst“. Der VDMA hatte sich mehr erhofft, wie Verbandspräsident Bertram Kawlath sagt: „Der Maschinen- und Anlagenbau erwartet allerdings ein beherzteres Standort-Upgrade Deutschlands und Europas - vor allem nach den Ankündigungen von CDU/CSU im Wahlkampf.“

Besonders VDMA-Präsident Bertram Kawlath fordert ein mutiges Standort-Upgrade für Deutschland und Europa – doch von den im Wahlkampf versprochenen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen sei wenig zu sehen.

Welche wirtschaftspolitischen Reformen fehlen?

Ein stabiler Industriestandort braucht verlässliche Rahmenbedingungen – doch genau hier sieht der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) erhebliche Lücken. Besonders schmerzlich sei das Fehlen einer zukunftsfähigen Steuerpolitik, kritisiert Kawlath.

Kernforderungen des Maschinenbaus:

  • Niedrigere Unternehmenssteuern zur Stärkung der Investitionsbereitschaft
  • Verbesserte Abschreibungsregeln für moderne Produktionstechnologien
  • Ausweitung der Verlustverrechnung zur Absicherung wirtschaftlicher Schwankungen

Die Sondierungsergebnisse seien in diesem Bereich zu unkonkret. Kawlath fordert klare steuerliche Entlastungen statt vager Ankündigungen.

Warum ist das Strommarktdesign eine große Baustelle?

Die geplante Senkung der Stromsteuer wird von der Industrie als positiver Schritt gewertet, doch ein zukunftsfähiges Strommarktdesign fehlt im Sondierungspapier völlig. Ohne langfristige Reformen bleibt die Unsicherheit für Unternehmen groß.

Problemfelder:

  • Fehlende Maßnahmen zur Sicherstellung einer verlässlichen und bezahlbaren Stromversorgung
  • Keine Strategie zur Integration erneuerbarer Energien in ein stabiles Netz
  • Weiterhin hohe Strompreise für energieintensive Industrien

Ein modernes Strommarktdesign sei entscheidend, um den Standort wettbewerbsfähig zu halten. Kawlath fordert eine europaweite Lösung, die die Industrieproduktion nicht weiter belastet.

Wie steht es um die Sozialversicherungen?

Ein weiterer großer Kritikpunkt ist der Umgang mit den Sozialversicherungen. Der VDMA warnt vor einer Fortsetzung der bisherigen Politik, die künftige Generationen finanziell stark belasten könnte.

Besonders umstritten:
- Festsetzung des Rentenniveaus ohne Gegenfinanzierung
- Aufstockung der Mütterrente trotz steigender Defizite
- Beibehaltung der „Rente mit 63“, die Fachkräftemangel verschärft

Statt notwendiger Strukturreformen werde an alten Versprechen festgehalten – mit dem Risiko steigender Sozialabgaben für Unternehmen und Beschäftigte.

Welche Folgen hat das Bundestariftreuegesetz für den Mittelstand?

Auch die geplante Einführung eines Bundestariftreuegesetzes stößt in der Industrie auf Widerstand. Kleine und mittlere Unternehmen hätten bereits jetzt Schwierigkeiten bei öffentlichen Vergaben. Eine zusätzliche Tariftreuepflicht könnte sie weiter benachteiligen.

Gefahren für den Mittelstand:

  • Mehr Bürokratie und höhere Hürden bei Ausschreibungen
  • Benachteiligung nicht tarifgebundener, aber fair zahlender Betriebe
  • Verzerrung des Wettbewerbs zu Ungunsten innovativer Mittelständler

Kawlath fordert stattdessen eine Vereinfachung von Vergabeverfahren, um den Mittelstand zu stärken.

Wie bewertet der Maschinenbau die Europapolitik?

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den fehlenden Fokus auf eine europäische Industriepolitik. CDU/CSU hatten im Wahlkampf betont, Deutschland stärker auf EU-Ebene zu positionieren – doch in den Sondierungsergebnissen sei davon wenig zu erkennen.

Laut Kawlath seien viele Herausforderungen nur im europäischen Verbund lösbar. Ein starkes Europa bedeute auch einen starken Maschinenbau.

Industrie fordert Kurskorrektur in den Koalitionsverhandlungen

Die aktuelle Sondierungsvereinbarung sei geprägt von einem „Weiter so“ und setze zu stark auf Subventionen anstelle struktureller Standortverbesserungen. Der Maschinenbau fordert in den Koalitionsverhandlungen dringend Nachbesserungen – besonders bei Steuerreformen, Energiepolitik und Sozialversicherungen.

Mit Material von VDMA und dpa

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dpa