
Für Sondermaschinenbauer wie Bosch gilt es, mit Fast releases zu wettbewerbsfähigen Preisen am Weltmarkt bestehen zu können. Dazu tragen unter anderem Künstliche Intelligenz sowie die konsequente Verwendung des digitalen Zwillings bei. Im Bild: In Budweis betreibt Bosch einen Prototyp des Wasseraufbereitungsgeräts. Der Prototyp stellt Prozesswasser für Elektrolyseure mit einer Megawatt Leistung her. Weitere Größenklassen mit fünf Megawatt und 15 Megawatt sind in Planung. (Bild: Bosch)
Steigende Kundenanforderungen, rasanter technologischer Wandel sowie starker Wettbewerb aus Fernost – der Sondermaschinenbau steht unter Druck. Bosch zeigt, welche Herausforderungen es zu bewältigen gilt und mit welchen Strategien die Branche zukunftsfähig bleibt.
Ein wesentlicher Aspekt sind dabei die einhergehenden Veränderungen durch die Elektromobilität, wie Andreas Frede, Product Manager and Sales Assembly Technology bei Bosch Manufacturing Solutions erklärt: „E-Mobility ist ein innovativer Game Changer aus der Sicht eines Sondermaschinenbauers.“ Er betont, dass es auf der einen Seite die bestehende Produktion gebe, aber sowohl Bosch als auch die Marktbegleiter einen klaren Wechsel vollzögen. Die Herausforderung bestehe darin, mit dieser Transformation umzugehen. "Unsere Lösungen liegen in der Montage-, Prüf- und Prozesstechnik", erklärt er und fügt hinzu, dass ihr Geschäftsmodell nicht nur als Systemintegrator fungiere, sondern auch durch Prozessexpertise Mehrwert in die Anlagen bringe.
Mobilität und Energieinfrastruktur im Blickpunkt
Er berichtet weiter, dass der Fokus auf der Mobilität und der Energieinfrastruktur liege. "Wir antworten im Wesentlichen aus der Batterie heraus auf diese Industrien", erklärt er und erwähnt, dass auch Wasserstofftechnik zunehmend relevant werde. Er unterstreicht, dass der Bereich e-Drive ein wesentlicher Bestandteil sei. "Nicht zu vergessen sind Steuergeräte, die für die Integration ins Kundenprodukt notwendig sind", so Frede.
Er spricht weiter über die Veränderungen in der Branche und erklärt: „Wenn wir über Innovationen reden, waren wir stark im Sustaining-Bereich aktiv. Das heißt also, dass ich heute den Verbrenner eher als inkremental bezeichnen würde.“ Neue Maschinen gebe es kaum, es gehe vor allem um OEE-Steigerungen, also Verfügbarkeit, Leistung und Qualität sowie den Einsatz von Industrie 4.0 oder Artificial Intelligence. "Vielleicht wechseln wir mal ein Prozessmodul aus", merkt er an, stellt jedoch klar, dass der Markt für Verbrenner nicht mehr der große Wachstumstreiber sei.
Welche Herausforderungen prägen den Sondermaschinenbau?
Er hebt hervor, dass Sondermaschinenbauer vor Herausforderungen stünden, da man rund vier Milliarden Euro Umsatz mache. "Wir befinden uns in einem disruptiven Markt", sagt Frede. Das Produkt, also das Elektromobil, habe eine neue Architektur, die bislang unbekannt gewesen sei. "Wir arbeiten vermehrt im Greenfield und weniger im Brownfield", erklärt er und beschreibt dies gleichwohl als eine großartige Spielwiese für Technologen. Themen wie Scaling im Takt und konfigurierbare Produktion seien daher entscheidend.
Frede identifiziert drei Herausforderungen: Speed, Komplexität und Carbon Utility. "Speed ist die Antwort", betont er und weist darauf hin, dass der Markt sich schnell bewege. "Früher hatten wir Produkte mit Jahreszyklen oder vielleicht sogar drei Jahreszyklen, jetzt müssen wir unsere Time-to-Market verkürzen." Demnach sei das Thema Time-to-Market ein Pacemaker, den man als Sondermaschinenbauer in der Vergangenheit vielleicht so nicht gekannt habe.
Vom 'Chinese speed' lernen
Zudem sei Komplexität ein Thema: "Wir müssen nicht nur vertikale Wirkzusammenhänge verstehen, sondern auch horizontale", erklärt er. Hinsichtlich Carbon Utility sei es wichtig, nachhaltige Lösungen zu finden. "Ich glaube, wir haben hier gute Chancen, on vogue zu bleiben", so Frede.
Er geht auch auf die intern so genannte Challenge ‚Chinese Speed‘ ein und stellt fest, dass die Chinesen eine andere Art der Zusammenarbeit hätten. "Vielleicht können wir davon lernen", meint er. Eine Antwort auf Speed sei die Digitalisierung. "Ich erinnere mich an meinen Vortrag vor 15 Jahren über die digitale Sondermaschine", sagt er. Damals sei sie noch nicht Teil der Wertschöpfung gewesen, heute baue man jedoch einen digitalen Backbone, um Produktion und Konstruktion nahtlos zu verknüpfen.
Warum spielt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle?
Er hebt hervor, dass mit dem digitalen Zwilling funktionale Module früher in die Softwareentwicklung integriert werden können. "Das nennt sich bei uns seamless digital tool chain", erklärt er. Dies erlaube es, Produktionsprozesse vorher zu testen und Stillstände zu verkürzen.
Frede betont zudem die Wichtigkeit, dass die MES-Kommunikation schon im Design getestet werde und „nicht erst, wenn ich an der Linie bin und eine IP-Adresse suchen muss", sagt er. Dies führe zu einer verkürzten Durchlaufzeit und höherer Sicherheit.
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Den systematischen Zusammenhang aller Prozessketten verstehen
Zum Thema Komplexität erklärt er: "Früher haben wir uns mehr mit Einzelthemen beschäftigt, heute müssen wir das gesamte System verstehen." Ein Beispiel sei das Verarbeiten von Kupferdraht, wo man die gesamte Prozesskette im Blick haben müsse. „Wenn ich zu Beginn einen Kupferdraht einbringe, hat er durchaus Varianzen. Wenn ich ihn dann prozessiere, biege und ihn dann letztendlich einführe, erwärme und laserschweiße, dann habe ich eine Vielzahl von Prozessketten, deren systematischen Zusammenhang ich verstehen muss.“
Genau hier setzen die unterschiedlichen Regelkreise an wie Laser welding on the Fly. „Wenn ich noch einen nachgelagerten Prozessor mit integriere, um aus dem Regelkreis zu lernen, dann schaffe ich es auch mit Artificial-Intelligence-Methoden, mich an den Prozess und an die Schwankungen der Prozessschwankung anzunähern“, beschreibt Frede. Dies sei eine Schlüsseltechnologie, die auch in Zukunft noch viel Freude bereiten werde.
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Welche Innovationsstrategien setzen Unternehmen ein?
Zum Thema Carbon Utility berichtet er von einem Entwicklerteam in Budweis, das an Waterpurification arbeite. "Am Ende des Tages ist es ein Destillationsverfahren ohne Filter", erklärt er. Als Industrialisierer – das müsse man in diesem Zusammenhang auch so sehen - sei es durchaus sinnvoll, dass der ein oder andere Prototyp dann auch aus der Sondermaschine herauskomme. „Bei dem Thema Waterpurification haben wir uns jetzt auch vorgenommen, dies weiter in den Markt zu bringen und in die Projekte in Europa einzutauchen“, berichtet Frede.
Er erklärt weiter, dass Bosch verstärkt auf die Reduzierung des CO2-Footprints entlang der Wertschöpfungskette setze. "Wir verkaufen Anlagen für Module, Pack-Assemblierung und Testing", berichtet er. Auch durch intelligente Steuerung könne viel Energie gespart werden.
Abschließend betont er: "Fast releases zu wettbewerbsfähigen Preisen werden uns weiter begleiten." Er ist überzeugt, dass die digitalen Methoden, insbesondere das seamless digital tool chain, weiter an Bedeutung gewinnen. Auch die Wasserstofftechnik werde in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, um energieautark zu bleiben.