Bei Mercedes ist nicht nur die Produktion von Fahrzeugen flexibel, sondern auch das Team.

Bei Mercedes ist nicht nur die Produktion von Fahrzeugen flexibel, sondern auch das Team. (Bild: Mercedes-Benz)

Ob Verbrenner, Hybrid oder Elektro – die Produktion von Fahrzeugen im Mercedes-Benz Werk Rastatt ist sehr flexibel und kann auf jegliche Nachfrageschwankungen und Modellanpassungen reagieren. Doch das allein zeichnet den Fabrik-des-Jahres-Sieger in der Kategorie ‚Hervorragende Digitalisierung‘ nicht aus. „Auch unser Werk und unser Team ist sehr flexibel“, sagt Standortverantwortlicher Marco Zwick und deutet damit auf den Hallenumbau 2023 hin. „Weil während des zwölfwöchigen Umbaus eine Montagehalle geschlossen war, haben wir in einer anderen Montagehalle den Dreischichtbetrieb aufgenommen. So konnten wir unsere Ausbringung auf hohem Niveau halten“, lobt Zwick das Engagement der Mitarbeitenden.

In Vorbereitung auf die Produktion des neuen CLA als erstes Modell auf der Mercedes Modular Architecture (MMA) hat das Siegerwerk in der Fabrik des Jahres den Umbau einer bestehenden Montagehalle erstmals im Vorfeld virtuell dargestellt und in Betrieb genommen. Hierfür wurden sämtliche Daten einzelner Produktionsanlagen digital erfasst und im virtuellen Raum geplant, erprobt und entsprechend angepasst.

Die genaue Position von Robotern, Versorgungswegen und Produktionslinien wurde am Rechner vorab simuliert, ohne währenddessen die Produktion der aktuellen Kompaktmodelle A- und B-Klasse, GLA und EQA zu unterbrechen. Mehr als 400 Kilometer Kabel wurden verlegt, um die sechs neuen Montagelinien und 240 neuen Hubgehänge zu installieren.

Branko Calusic (Wilo) über die Fabrik des Jahres

Montagehalle konnte komplett digital geplant werden

„Im Vergleich zu einem Neubau hat ein Umbau immer den Unterschied, dass man gebunden ist durch die Hülle des Gebäudes. Somit haben wir im Rohbau bereits innovative Ansätze gewählt, mit denen wir eine Verdichtung erreichen, um die Mehrinhalte, die das neue Auto mitbringt, auch abbilden zu können", so Zwick. Er erklärt weiter: "Anschließend haben wir jegliche Schnittstellen in dieser Halle digitalisiert." Angefangen bei beispielsweise der Fördertechnik, die mit dem Fahrzeug in die Befüllanlage fährt, bis hin zur Materialanstellung ans Band. All das sei digital abgebildet worden, um die Grundlage für den Hallenumbau zu schaffen.

„Dann wurden das neue Fahrzeug mit der neuen Geometrie, die neuen Abläufe, die neuen Handlingsgeräte sowie die neuen Materialbereitstellungen eingespielt. Somit waren wir in der Lage, unsere Montagehalle digital komplett neu zu planen. Auf diese Weise haben wir vorab mögliche Unstimmigkeiten digital erkannt, die sich ansonsten erst in der Hardware gezeigt hätten – beispielsweise Kollisionen in der Fördertechnik. Wir konnten dadurch nicht nur eine viel bessere Qualität in der Planung erzielen, sondern auch viel Zeit sparen. Mit dem Digital Twin haben wir völlig neue Wege bestritten, mit denen wir sehr erfolgreich waren“, freut sich der Standortverantwortliche.

Das Siegerwerk der Kategorie ‚Hervorragende Digitalisierung‘: Mercedes-Benz, Rastatt.
Das Siegerwerk der Kategorie ‚Hervorragende Digitalisierung‘: Mercedes-Benz, Rastatt. (Bild: Mercedes-Benz)

Kearney sah das genauso und bewertete in der Fabrik des Jahres neben der Flexibilität in der Produktion sowohl die durchgängige Anwendung des Digital Twin als auch die Digitalisierung als elementaren Teil zur Steigerung von Produktivität, Agilität und Geschwindigkeit als äußerst positiv.

Die Basis für die ‚Hervorragende Digitalisierung‘ bildet dabei das digitale Ökosystem MO360. Zwick erklärt: „Diese Plattform zur Demokratisierung von Daten nutzen wir weltweit über alle Werke hinweg. Darin können wir unter anderem sämtliche Informationen zu Qualität und Produktion live abrufen.“

Fabrik des Jahres

Logo Fabrik des Jahres
(Bild: SV Veranstaltungen)

Die Fabrik des Jahres zählt zu den renommiertesten Industrie-Wettbewerben in Europa. Auf dem gleichnamigen Kongress werden jedes Jahr die Gewinner geehrt. Der nächste Kongress wird am 18. und 19. März 2025 stattfinden.

 

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Mehr zu den diesjährigen Siegerwerken lesen Sie hier!

 

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Jury war auch von KI-Anwendungen begeistert

Standortverantwortlicher Marco Zwick.
Standortverantwortlicher Marco Zwick. (Bild: Mercedes-Benz)

Auf diesem Ökosystem, das auch das Herzstück des digitalen Shopfloors und des Performancemanagements ist, basieren auch die zahlreichen KI-Anwendungen, von denen sich die Jury ebenfalls beeindruckt zeigte. Eine davon ist die optimierte Prozessführung in der Lackiererei. Um Parameter wie Luftfeuchtigkeit und Temperatur während des Lackierens konstant zu halten und die Luftströmung nach unten zu gewähren, diente zuvor eine Kombination aus Standardsteuerung und Erfahrungswerten.

„Unser Ansatz war, mithilfe Künstlicher Intelligenz auf Basis der vorhandenen Daten ein neues Programm zu entwickeln, das uns die Informationen für den Idealprozess bereitstellt. Dabei haben wir festgestellt, dass Steuerungen von Luftströmen sich verändern, weil die KI immer wieder reagieren und nachregeln kann. Das führte zu einer Energieeinsparung von 20 Prozent“, erläutert Zwick.

Ebenfalls auf KI basiert der Rework-Assist. Dieser dient dazu, die Ursache von Fehlermeldungen herauszufinden. Zwick erklärt: „Sollten Probleme auftreten, zeigt die KI unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Ansätze auf, die in 90 Prozent der Fälle zur besten Lösung führen. So kommen wir oftmals viel schneller ans Ziel. Wir haben über KI auch mehrere Chatbots entwickelt, die dem Team helfen, gewisse Sachverhalte unkompliziert herauszufinden, ohne beispielsweise Excels oder Macros zu programmieren.“ Darüber hinaus kommt in Rastatt KI auch zur Energieverbrauchsoptimierung zum Einsatz.

Ein wichtiger Faktor bei Mercedes: neue Technologien

Neben der Digitalisierung steht die Entwicklung neuer Technologien auf der Liste der Erfolgsfaktoren von Mercedes-Benz. Zum Teil wurden diese in Zusammenarbeit mit Lieferanten realisiert, wie die Nahtabdichtung mit Drop-on-Demand. Um eine Blechpaarung mit einer Naht abzudecken, wird beim herkömmlichen Prozess eine PVC-Naht mit einer Düse aufgetragen. „Wenn die Naht von drei Richtungen zusammenkommt, hat man einen Knotenpunkt, den man manuell abstreichen muss“, erklärt Zwick das Problem dieses Prozesses.

Um diese Nacharbeit zu vermeiden, startete man in Rastatt einen Piloten, bei dem die Düse über viele einzelne Düsen gesteuert wird. Dadurch lassen sich Dicke und Breite der Naht steuern und letztendlich auch die Höhe der Knotenpunkte an den Rest der Naht anpassen. Der im Hinblick auf Korrosion kritische Prozess ist durch diese Innovation stabiler und lässt sich besser überwachen.

Darüber hinaus ist er materialsparender und somit nachhaltiger. Diese beiden Eigenschaften prägen auch den Rohbau, bei dem das Mercedes-Benz Werk Rastatt auf das Reuse von Produktionsequipment für mindestens zwei Modellzyklen setzt.

Mercedes-Benz setzt auf ‚Digital First‘ bei der Produktion der neuen MMA-Plattform.
Mercedes-Benz setzt auf ‚Digital First‘ bei der Produktion der neuen MMA-Plattform. (Bild: Mercedes-Benz)

Transformation: Mitarbeitende werden eingebunden

Insgesamt konnte Mercedes-Benz im Benchmark-Wettbewerb mit zahlreichen innovativen Ansätzen überzeugen, von denen ein Großteil bereits verwirklicht wurde.

„Das Urteil der Jury bestätigt uns natürlich in unserer Strategie. Ein Schlüsselfaktor ist, dass wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbinden, um die Transformation voranzutreiben. Die Integration des gesamten Teams ist mir sehr wichtig, weshalb sie an allen Themen und Projekten, die wir erfolgreich umgesetzt haben, beteiligt waren und Teil der Lösungen sind. Das war der große Erfolgsfaktor“, hebt Zwick hervor.

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