Auswirkungen der Zölle

100 Tage Handelsdeal: Trump-Zölle bremsen Exporte

Ende Juli einigten sich Brüssel und Washington im Zollstreit. Mit dem Abkommen wurde das Schlimmste abgewendet, doch spürbare Folgen bleiben. Wie sich der Deal auf Firmen und Branchen auswirkt.

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100 Tage nach dem Handelsdeal zwischen EU und USA zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Exporte schrumpfen, Branchen geraten unter Druck und der Maschinenbau fühlt sich verraten. Der große Wirtschaftsschock kommt in Zeitlupe – und trifft die deutsche Industrie im Kern.
100 Tage nach dem Handelsdeal zwischen EU und USA zeigt sich ein ernüchterndes Bild: Exporte schrumpfen, Branchen geraten unter Druck und der Maschinenbau fühlt sich verraten. Der große Wirtschaftsschock kommt in Zeitlupe – und trifft die deutsche Industrie im Kern.

Mit dem Deal wurde eine Eskalation im Zollstreit mit Donald Trump abgewendet: Am 27. Juli einigten sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der US-Präsident in Schottland auf ein Abkommen, das für die meisten EU-Importe in die Vereinigten Staaten einen Basiszollsatz von 15 Prozent vorsieht.

Doch 100 Tage danach ist die EU gespalten und die Kritik der Wirtschaft groß an dem Abkommen, mit dem sich das Europaparlament und die Mitgliedsstaaten derzeit in einem ordentlichen EU-Gesetzgebungsverfahren befassen. Zu klein habe sich Europa vor Trump gemacht, etwa bei Einfuhrerleichterungen zugunsten vieler US-Produkte. Während Trump teils mit neuen Zöllen droht, sind die Folgen seiner Politik längst spürbar.

Zwar wächst die Wirtschaft in Europa leicht und hält sich robuster als gedacht, doch gerade die exportstarke deutsche Wirtschaft steht unter Druck. Im August sanken die Ausfuhren in die USA bereits den fünften Monat in Folge. Die neuen Zölle machten einst profitable Geschäftsmodelle weniger attraktiv, sagt der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Dirk Jandura. "Wir sehen bei einigen Händlern eine Abkehr vom USA-Geschäft." Für die Exportnation Deutschland, wo fast jeder vierte Job vom Export abhängt, sind die Zölle eine Bürde. Wie sie wichtige Branchen und Konsumenten treffen.

Autoindustrie sieht weiter erhebliche Herausforderungen

Eigentlich sollte die Autobranche größter Profiteur des Deals sein. Schließlich sanken damit die US-Zölle auf Autos aus Europa ab 1. August von 27,5 auf 15 Prozent, auch wenn es bis Ende September dauerte, bis das rückwirkend in Kraft trat. Wirklich zufrieden ist der Branchenverband VDA trotzdem nicht. Denn 15 Prozent sind das Sechsfache der 2,5 Prozent, die früher galten.

VDA-Präsidentin Hildegard Müller sieht daher "weiterhin eine erhebliche Herausforderung für die deutsche Automobilwirtschaft". Hinzu kämen Belastungen durch die zusätzlichen Zölle auf eine Reihe von Stahl- und Aluminiumprodukten sowie zusätzliche Abgaben auf Nutzfahrzeuge, Busse und Teile. "Diese ab 1. November geltenden zusätzlichen Zölle werden europäische Nutzfahrzeughersteller hart treffen", warnt Müller.

Zudem müssen sich Europas Autohersteller womöglich auf stärkere Konkurrenz aus den USA einstellen: Denn die EU muss im Gegenzug für den niedrigeren Zollsatz US-Autos zollfrei nach Europa lassen. Bisher galten hier 10 Prozent Einfuhrzoll. Von der Senkung profitieren dürften aber auch deutsche Hersteller wie BMW, die in den USA auch SUVs für den europäischen Markt produzieren.

Maschinenbau rechnet mit sinkenden Umsätzen

Der Maschinenbauverband VDMA sieht sich beim Zollabkommen komplett über den Tisch gezogen. Der Grund: Auf die 15 Prozent Basiszoll für Maschinen schlagen die Amerikaner bei vielen Produkten noch 50 Prozent Extra-Zoll für den enthaltenen Stahl- und Aluminiumanteil drauf. Diese Praxis soll dem VDMA zufolge ab Dezember auf weitere Produkte ausgeweitet werden.

Zu den erhöhten, bis zur Einfuhr unklaren Endpreisen kommt noch eine komplexe Zoll-Bürokratie mit umfangreichen Nachweispflichten etwa zur Herkunft des verarbeiteten Metalls. Die Branche rechnet angesichts des Zollkonflikts, wachsender Konkurrenz aus China und der Schwäche bei ihren industriellen Abnehmern mehrheitlich mit sinkenden oder stagnierenden Umsätzen.

In der Chemieindustrie ist der Zollstreit nur eine Sorge - neben teurer Energie, einer schwachen Nachfrage und einem weltweiten Überangebot an Basischemikalien. Von Januar bis August sank der Umsatz der Chemiebranche in Deutschland um 2,9 Prozent, auch im Ausland ging es bergab. "Besonders deutlich zeigte sich die Auftragsflaute in Nordamerika, wo neue US-Zölle den Absatz zusätzlich erschwerten", so der Branchenverband VCI. In die USA lieferte die Chemiebranche 2024 Erzeugnisse im Wert von 10,2 Milliarden Euro, ein Anteil von rund acht Prozent.

Für ihre Geschäfte insgesamt zeigt sich die Chemiebranche verhalten. Die Produktion soll 2025 um zwei Prozent sinken. "Weder im Inlands- noch im Auslandsgeschäft zeichnet sich derzeit eine Trendwende ab."

Sind Trumps Zölle überhaupt rechtmäßig?

Unterdessen hegt sich in den USA Widerstand gegen Trumps Zollpolitik, unter anderem hatte ein Dutzend Bundesstaaten dagegen geklagt. Mittlerweile liegen zwei zusammen behandelte Verfahren beim Obersten Gericht der Vereinigten Staaten, das die zentrale Frage klären soll: Darf der Präsident auch Zölle erheben, wenn es im Grunde darum geht, im Notstand den Import zu regulieren?

Unklar ist, welchen konkreten Einfluss der Ausgang des Prozesses auf die Handelsvereinbarung zwischen der EU und den USA haben könnte. Die nächste Anhörung vor dem Obersten US-Gericht ist für den 5. November angesetzt.

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FAQ: Auswirkungen des EU-USA-Handelsdeals nach 100 Tagen

1. Welche konkreten Zolländerungen enthält der Handelsdeal zwischen EU und USA?
Der am 27. Juli vereinbarte Deal legt einen Basiszollsatz von 15 Prozent für die meisten EU-Importe in die USA fest. Im Gegenzug lässt die EU viele US-Produkte – darunter Autos – zollfrei in den europäischen Markt. Einige Zölle auf US-Produkte sind vorerst ausgesetzt, der Deal befindet sich jedoch noch im formalen Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene.

2. Wie wirkt sich der Deal auf die deutsche Exportwirtschaft aus?
Besonders die exportstarke deutsche Wirtschaft leidet unter den neuen Zollsätzen. Die Ausfuhren in die USA sanken im August bereits den fünften Monat in Folge. Geschäftsmodelle verlieren an Attraktivität, einige Unternehmen kehren dem US-Markt den Rücken. Branchen wie Maschinenbau, Automobilindustrie und Chemie beklagen spürbare Nachteile.

3. Warum sieht sich der Maschinenbau besonders benachteiligt?
Maschinenbauer zahlen nicht nur den Basiszoll von 15 Prozent, sondern oft auch 50 Prozent Strafzoll auf Stahl- und Aluminiumanteile ihrer Produkte. Hinzu kommt ein hoher bürokratischer Aufwand, etwa durch Nachweispflichten zur Herkunft von Metallen. Der Maschinenbauverband VDMA rechnet deshalb mit stagnierenden oder sinkenden Umsätzen.

4. Ist die Zollpolitik von Ex-Präsident Trump rechtlich überhaupt zulässig?
In den USA ist aktuell ein Verfahren vor dem Obersten Gericht anhängig, das klären soll, ob ein Präsident eigenmächtig Zölle verhängen darf – insbesondere im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Notlagen. Das Urteil könnte direkte Auswirkungen auf künftige Handelsabkommen und Zollerhebungen haben. Eine Entscheidung steht noch aus.