Bosch-Mitarbeiter im neuen Werk

In der neuen Halbleiterfabrik von Bosch entstehen künftig Produktionsdaten im Umfang von umgerechnet 500 Textseiten pro Sekunde. - (Bild: Bosch)

Chips sind derzeit gefragter denn je. Da kommt es sehr gelegen, dass Bosch heute sein neues Halbleiterwerk in Dresden eröffnet hat – und sogar ein halbes Jahr früher als geplant. „Mit unserer ersten AIoT-Fabrik setzen wir neue Maßstäbe bei der Chip-Produktion“, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner auf der Pressekonferenz. AIoT steht für Artificial Intelligence of Things.

Drei Jahre haben Planung und Bau des neuen Werkes gedauert. Eine Milliarde Euro hat sich das Unternehmen den Neubau kosten lassen – die größte Investition der Unternehmensgeschichte. 140 Millionen Euro Fördermittel hat Bosch aus dem EU-Programm IPCEI (Important Project of Common European Interest) erhalten.

„Halbleiter halten die Digitalisierung am Laufen“, sagte Denner bei der virtuellen Eröffnungsveranstaltung. Der Chip-Markt werde 2021 voraussichtlich um elf Prozent auf mehr als 400 Milliarden Euro wachsen. Das hat auch die Politik erkannt. So sagte zum Beispiel EU-Kommissarin Margrethe Vestager: „Halbleiter helfen, die Wettbewerbsfähigkeit Europas als Wiege für Spitzeninnovationen zu stärken.” Neben der Kommissarin war auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bei der Eröffnung. Er sagte: „Die neue Chipfabrik ist gut für Europa, für Deutschland und für Sachsen.“

Bosch hatte sich nach einem weltweiten Städtevergleich für Dresden als Standort für die Halbleiterfabrik entschieden. Das „Silicon Saxony“ ist Europas größter Mikroelektronik-Standort und der fünftgrößte weltweit. Jeder dritte in Europa produzierte Chip wird hier gefertigt. Daneben hat Bosch in Reutlingen ein weiteres Halbleiterwerk.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die virtuell zugeschaltet war, erklärte, in der Region Dresden werde nun ein gutes Stück Zukunft greifbarer. Früher habe Öl als Lebenselixier der Wirtschaft gegolten, heute seien es die Chips.

Bosch-Werk: 500 Textseiten pro Sekunde

Mit dem neuen Werk zeigt Bosch laut Denner, dass „Deutschland Hightech kann”. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz soll die Produktion von Halbleitern auf ein neues Level gehoben werden. Jede Maschine und Anlage im Reinraum ist zum Beispiel miteinander und mit der komplexen Gebäudeinfrastruktur über eine Datenzentrale vernetzt. Dafür wurden 300 Kilometer Datenleitungen verlegt. Pro Maschine werden laut Unternehmen bis zu 1.000 Datenkanäle in Echtzeit erfasst und innerhalb des Werks zu einem Server weitergeleitet. Diese zentralisierte Datenarchitektur sei eine der größten Stärken des neuen Bosch-Werks, so der Konzern.

Im Werk entstehen pro Sekunde Produktionsdaten mit einem Umfang von umgerechnet 500 Textseiten. An einem Tag entspricht das laut Unternehmen mehr als 42 Millionen beschriebener Blätter, die mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz ausgewertet werden.

Vom Halbleiterwerk in Dresden gibt es – wie in jedem anderen modernen Werk auch –  einen digitalen Zwilling. Alle Teile der Fabrik sowie die relevanten Bauwerksdaten wurden bereits während der Bauphase digital erfasst und in Form eines dreidimensionalen Modells visualisiert. Der Zwilling besteht aus rund einer halben Million 3D-Objekten – von Gebäuden und Infrastruktur, über Ver- und Entsorgungsanlagen, Kabeltrassen und Lüftungssystemen bis zu den Maschinen und Fertigungsanlagen. Das Werk ist außerdem „5G-ready“. Die Fabrik ist somit eine der modernsten Halbleiterfabrik der Welt.

Chip-Produktion: Mitte Juli startet die Auslieferung

250 Mitarbeiter arbeiten bereits im neuen Werk, 700 sollen es werden. Derzeit arbeiten sowohl sowohl „alte Hasen“, die verhindern sollen, dass Anfängerfehler gemacht werden in Dresden, als auch noch nicht so erfahrene Menschen, sagte Harald Kröger, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH. Und genau diese Mischung habe es ermöglicht, dass das Werk jetzt schon eröffnet werden könne. Die ersten Chips sollen Mitte Juli ausgeliefert werden und kommen dann in Bosch-Elektrowerkzeugen zum Einsatz.  Die ersten Chips für den Automotive-Bereich sollen im September ausgeliefert werden.

Bosch wird die Chips hauptsächlich für seine eigenen Systeme nutzen, aber auch an den freien Markt liefern. Das neue Werk könne helfen, den Druck aus der momentanen Halbleiterknappheit etwas zu nehmen, sagte Kröger. Dennoch erwartet Denner erst 2022 eine sukzessive Normalisierung der Lage.

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