Qualifikationslücken sind größtes Hindernis

KI-Wandel in deutschen Unternehmen

Deutsche Unternehmen reagieren proaktiv auf die KI-Revolution. Das zeigt die aktuelle Studie des Technologieberatungsunternehmens Slalom unter 2.000 Befragten weltweit und 161 Befragten in Deutschland.

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Während 73 Prozent der deutschen Unternehmen neue KI-Rollen schaffen, sind für 55 Prozent der befragten Unternehmen Qualifikationslücken aktuell das größte Hindernis für den KI-Erfolg.

Von den Befragten, deren Unternehmen ihre Organisation anpassen oder in den nächsten zwölf Monaten anpassen wollen, schaffen 73 Prozent neue KI-Rollen oder Teams. Drei Viertel (74 Prozent) bündeln Rollen oder Verantwortlichkeiten, rund zwei Drittel (62 Prozent) etablieren flachere Organisationsstrukturen und die Hälfte (49 Prozent) entwickelt neue Produkt- und Servicelinien. Etwa sechs von zehn Unternehmen (59 Prozent) dagegen reduzieren ihre Neueinstellungen. „Die Zukunft gehört nicht der KI allein, sondern der intelligenten Symbiose von menschlichen Fähigkeiten und maschineller Effizienz. Unternehmen, die erfolgreich sein möchten, schaffen bereits heute die Stellen von morgen. Der Fokus sollte dabei auf der Weiterbildung bestehender Talente liegen, statt diese durch KI zu ersetzen“, erklärt Pamela Maruschke, Managing Director Transformation bei Slalom Germany.

Mittleres Management trägt Hauptlast der KI-Implementierung

Der Transformationswille ist vorhanden, doch kämpfen Unternehmen mit erheblichen Hindernissen. Mit Blick auf die Belegschaft identifiziert mehr als die Hälfte der Befragten (55 Prozent) Qualifikationslücken als größtes Hindernis für die unternehmensweite KI-Umsetzung. 47 Prozent nennen Misstrauen und Arbeitsplatzängste der Mitarbeiter als zweitgrößte Barriere. Nur 38 Prozent sehen unzureichende Investitionen für KI-Tools und -Talente als Problem und 34 Prozent sagen, dass strukturierte KI-Schulungen fehlen. „Oft sitzen die wertvollsten Talente bereits in den Unternehmen – sie müssen nur richtig unterstützt werden. Wer heute in maßgeschneiderte Lernstrategien investiert, verwandelt seine bestehende Belegschaft in die KI-Champions von morgen“, betont Maruschke.

Die Verantwortung für die KI-Integration liegt oft beim mittleren Management, das jedoch nicht immer optimal ausgerüstet ist. Die Hälfte der mittleren Führungsriege (50 Prozent) kann Zeit für KI-Experimente bereitstellen, 44 Prozent verfügt über Ressourcen für Schulungen und weitere 44 Prozent können relevante KI-Tools einfordern und einsetzen. Doch ein Fünftel (19 Prozent) hat nur begrenzten Einfluss auf den KI-Einsatz und lediglich 42 Prozent sind in der Lage, ihre Teams im Umgang mit KI-Tools zu coachen und zu betreuen. „KI-Transformation ist keine technische Revolution, sondern eine menschliche und organisatorische Evolution. Führungskräfte müssen Räume schaffen, in denen Neugier über Angst siegt und Experimentierfreude zur Unternehmenskultur wird“, erklärt Andrei Svirida, Senior Director KI-Engineering bei Slalom Germany.

Obwohl einige Unternehmen KI für Schulungszwecke nutzen, bleibt die erhoffte Wirkung aus. Nur elf Prozent geben an, dass KI zu Schulungszwecken sehr wirksam in ihrem Unternehmen eingesetzt wird. Rund zwei Drittel (60 Prozent) sehen eine etwas wirksame Anwendung und ein Viertel (24 Prozent) nutzt KI nicht wirksam für Weiterbildungszwecke, zwei Prozent hingegen überhaupt nicht. Auch unter den Befragten hat nur ein Viertel (26 Prozent) KI selbst sehr effektiv zum Lernen genutzt, während 57 Prozent sie einigermaßen wirksam zu Lernzwecken einsetzen. „Der Einsatz von KI als Lernmittel kann helfen, die KI-Transformation unternehmensweit schnell voranzubringen. Hier kommt Unternehmen die Aufgabe zu, mit KI-unterstützten, individualisierten Lernpfaden das volle Potenzial auszuschöpfen und die eigenen Mitarbeiter für die Zukunft zu befähigen“, sagt Svirida.

Sinkendes Interesse an klassischen menschlichen Fähigkeiten

Die Führungskräfte verlieren ihr Interesse an traditionellen menschlichen Fähigkeiten. 55 Prozent der Führungskräfte sehen kritisches Denken und Problemlösung als wichtigste Fähigkeiten für High-Performance-Teams in den nächsten zwei bis drei Jahren. Nur wenige sehen einen Wert in herkömmlichen Skills: 20 Prozent nennen Kommunikation und zwischenmenschliche Fähigkeiten als ausschlaggebend und weitere 20 Prozent emotionale Intelligenz und Empathie.

Auf das kritische Denken folgt an zweiter Stelle Kreativität und Innovation (44 Prozent). Kognitive Flexibilität und Lernagilität (36 Prozent) rangieren vor Belastbarkeit und Anpassungsfähigkeit (35 Prozent). Digitale Kompetenz landet mit 32 Prozent auf Platz fünf, noch vor Zusammenarbeit und Teamarbeit mit 25 Prozent. Die Softwareentwicklung steht mit nur 21 Prozent auf einem der hinteren Plätze. „Wenn die KI immer komplexere Aufgaben übernimmt, werden menschliches Denken und Zusammenarbeit zu wertvollen Rohstoffen. Mitarbeiter müssen verstehen, wie sie KI als intelligenten Mitarbeiter nutzen können, um Analysen, Problemlösung und Intelligenz zu verstärken. Unternehmen, die diese Art von KI-unterstützten Supermitarbeitern wollen, müssen sie befähigen und Experimentierräume zur Verfügung stellen“, erklärt Maruschke.

Datengetriebene Personalplanung setzt sich durch

Um Mitarbeiterqualifikationen zu identifizieren, die in den nächsten zwei bis drei Jahren gebraucht werden, setzen Führungskräfte und mittlere Führungsriege hauptsächlich auf interne Daten und Analysen (59 Prozent) und strukturierte strategische Personalplanung (57 Prozent). 35 Prozent nutzen externe Arbeitsmarktinformationen, doch nur 32 Prozent verwenden KI-getriebene Prognose- und Szenario-Modellierungstools. Rund ein Drittel der deutschen Führungskräfte und des mittleren Managements (29 Prozent) reagieren reaktiv auf Kompetenzlücken, weitere fünf Prozent haben derzeit überhaupt keine Prognosen zu künftigen Kompetenzen. Rund drei Viertel (74 Prozent) des mittleren Managements und der Führungskräfte fühlen sich gut oder sehr gut vorbereitet, die benötigten Fähigkeiten für eine KI-gestützte Arbeitsumgebung zu identifizieren, im Gegensatz zu 25 Prozent, die sich nicht gut vorbereitet sehen. „Wer die Zukunft der Arbeit gestalten will, muss heute die richtigen Weichen stellen. Ein strategisches KI-Office als zentrale Koordinationsstelle kann Unternehmen dabei unterstützen, künftig benötigte Kompetenzen ausfindig zu machen und den Wandel systematisch und erfolgreich zu orchestrieren“, ergänzt Maruschke.

Quelle: Slalom Germany