Die Versorgung mit Rohstoffen ist für die Industrie sowohl hinsichtlich der Preise als auch der Mengen mit Risiken verbunden – und die Risiken steigen weiter.

Die Versorgung mit Rohstoffen ist für die Industrie sowohl hinsichtlich der Preise als auch der Mengen mit Risiken verbunden – und die Risiken steigen weiter. (Bild: sashagrunge - stock.adobe.com)

Die Versorgung mit Rohstoffen stellt Unternehmen zunehmend vor große Herausforderungen – sowohl preislich als auch mengenmäßig. Eine neue Studie der VBW (Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft) – zeigt, dass sich die Lage weiter zuspitzt: Der Rohstoff-Risiko-Index hat 2024 mit 15,1 Punkten erstmals die 15-Punkte-Schwelle überschritten. Damit wird deutlich, wie stark sich die Risiken in den letzten Jahren verschärft haben. Insbesondere die Zahl der als kritisch eingestuften Rohstoffe ist alarmierend: Seit 2015 ist sie um zwölf auf insgesamt 28 gestiegen.

Ein neues Beispiel ist Selen, das für Solarzellen und Halbleiter unverzichtbar ist. Seine Produktion konzentriert sich auf weniger als 20 Länder weltweit, was die Abhängigkeit für Unternehmen massiv erhöht. Auch viele andere Rohstoffe, die für Zukunftstechnologien benötigt werden, sind betroffen. Dazu zählen Zinn, Gallium, Tantal, Indium und Niob. Besonders problematisch ist die Lage bei Seltenen Erden wie Yttrium, Scandium und Neodym, deren Verfügbarkeit aufgrund begrenzter Vorkommen und geopolitischer Abhängigkeiten stark eingeschränkt ist.

VBW warnt vor gravierenden Folgen

VBW-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt betont die Dringlichkeit der Situation: „Der Rohstoff-Risiko-Index übersteigt 2024 mit 15,1 Punkten erstmals insgesamt die 15-Punkte-Schwelle. Im Vergleich zu 2015 hat sich die Zahl der als kritisch eingestuften Rohstoffe um zwölf auf 28 deutlich erhöht. Hinzugekommen ist seit dem Vorjahr auch das für Solarzellen und Halbleiter notwendige Selen, bei dem sich die Produktion auf weniger als 20 Länder konzentriert. Viele Erzeugnisse der Industrieunternehmen in Bayern enthalten Rohstoffe, die nur in wenigen Regionen der Welt vorkommen. Weiterhin ist der Bezug der meisten Rohstoffe, die für Zukunftstechnologien benötigt werden, gefährdet, zum Beispiel von Zinn, Gallium, Tantal, Indium oder Niob. Auch Seltene Erden wie Yttrium, Scandium und Neodym zählen weiter zu den Rohstoffen mit hohem Risiko.“

Die von der IW Consult GmbH durchgeführte Studie beleuchtet die Problematik exemplarisch am Beispiel Aluminium. Durch die stark gestiegenen Energiepreise ist die Aluminiumindustrie massiv unter Druck geraten. Die Kosten für Primäraluminium aus Deutschland sind im Vergleich zu 2019 um fast 20 Prozent gestiegen. Gleichzeitig wächst der Bedarf weiter – getrieben durch den Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen, Batterien und Wasserstoffelektrolyseuren.

„Durch den Anstieg der Energiepreise ist die Aluminiumindustrie erheblich unter Druck geraten, die Kosten für Primäraluminium aus Deutschland stiegen gegenüber 2019 um fast 20 Prozent. Zukünftig wird der europäische Bedarf weiter steigen. Treiber sind etwa der Bedarf an Solar- und Windkraftanlagen, Batterien und Wasserstoffelektrolyseuren. Bis 2030 werden sinkende Kosten erwartet, allerdings sind diese von wettbewerbsfähigen Strompreisen abhängig. Zentral wird gerade für Bayern auch eine ausreichende Versorgung mit Aluminiumschrott aus der Kreislaufwirtschaft sein“, erläutert Brossardt.

Chip-Industrie als Wachstumssektor unter Druck

Ein weiterer kritischer Bereich ist die Halbleiterindustrie, die als Schlüsselbranche der globalen Technologieinfrastruktur gilt. Hier treffen massive Herausforderungen auf große Chancen. Brossardt beschreibt die Situation folgendermaßen: „Halbleitermangel, geopolitische Risiken und die Notwendigkeit massiver Forschungsinvestitionen sind große Herausforderungen. Gleichzeitig ist die Branche ein wichtiger Wachstumsmotor des Freistaats. Ein Ausbau der Chip-Produktion in Bayern erhöht nicht nur die technologische Souveränität, sondern schafft auch hochwertige Arbeitsplätze und macht den Freistaat als Hightech-Standort weiter attraktiv.“

Dringender Handlungsbedarf für die Politik

Die Studienergebnisse machen deutlich, dass der industriell geprägte Standort Bayern, insbesondere in der aktuellen Konjunktur- und Standortkrise, auf eine sichere Rohstoffversorgung angewiesen ist. Ohne sie drohen nicht nur steigende Produktionskosten, sondern der komplette Ausfall ganzer Wertschöpfungsketten.

Brossardt appelliert eindringlich an Politik und Wirtschaft: „Ein Engpass kann ganze Wertschöpfungsketten lahmlegen. Es braucht also Grundlagenforschung zu einem effizienten Rohstoffeinsatz, Substitutionsmöglichkeiten und Recyclingkonzepten. Gleichzeitig müssen sich Deutschland und die EU für offene Rohstoffmärkte und gute Beziehungen zu rohstoffreichen Ländern einsetzen. Rohstoffpolitik muss höchste Priorität haben.“

Der Weg zu einer resilienten Rohstoffversorgung erfordert daher schnelle Maßnahmen: mehr Forschung für effizienteren Ressourceneinsatz, verstärkten Fokus auf Recycling und Kreislaufwirtschaft sowie stabile Handelsbeziehungen zu rohstoffreichen Ländern. Die künftige Bundesregierung und die EU sind in der Pflicht, diesen Herausforderungen entschlossen zu begegnen, um Bayern und Deutschland als führende Industriestandorte zu sichern.

VBW

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