US-Flagge zwischen Wolkenkratzern

Die deutschen Unternehmen in den USA müssen derzeit mit einigen Herausforderungen zurechtkommen. - (Bild: archimede - stock.adobe.com)

Durch den Abschiedsbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den USA standen die deutsch-amerikanischen Beziehungen in den vergangenen Tagen wieder vermehrt im Fokus. Die Unternehmen beschäftigt in diesem Zusammenhang derzeit vor allem das Einreiseverbot von Deutschland aus in die USA. 

Welche Regeln genau gelten und wer eine Ausnahmegenehmigung erhält, erklärt die New Yorker Rechtsanwältin Hilde Holland hier.

Auch Mandanten der US-Niederlassung der US-Niederlassungen der Prüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner kämpfen mit den Folgen des Einreiseverbots. Senior Principal Gerhard Schneiders erklärt gegenüber PRODUKTION: "Die Beschränkungen haben laut verschiedener Quellen zu 90 bis 95 Prozent weniger Buchungen und Reisenden geführt." Dass eine Einreise nur nach einem zweiwöchigem Aufenthalt über Drittländer wie Mexiko möglich ist, halten viele "fast für eine Schikane. Denn auch in Mexiko ist die Inzidenz auf einem sehr hohen Niveau", erklärt Schneiders.

Viele Fragen sich deshalb, wie lange das Einreiseverbot noch gelten wird. Dazu sagt Schneiders: "Es wird spekuliert, dass die Reisebeschränkungen mit einer Woche Vorlauf vermutlich erst im September gelockert werden." Derzeit gebe es noch keine offizielle Stellungnahme oder Ankündigung, wann die Reisebeschränkungen gelockert oder aufgehoben werden. "Diese Einschränkungen belasten nicht nur die Führung und Administration von Tochtergesellschaften, Niederlassungen oder das Durchführen von Projekten, sondern auch die oft notwendigen Service- und Reparaturbesuche", erklärt er.

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Das sind die Herausforderungen für die Industrie

Neben den Reisebeschränkungen gibt es derzeit aber noch weitere Herausforderungen für die Firmen in den USA, erklärt Schneiders:

  • Die Nachfrage nach Materialien, Autos und Lebensmittel ist sprunghaft gestiegen und treibt die Inflation an. Lieferengpässe bestimmen den Alltag in vielen Bereichen. Das führt auch Versorgungsproblemen von Produktionsbetrieben. Vor allem Betriebe, die Einzel- oder Bauteile aus Asien und insbesondere aus China beziehen, sind betroffen.
  • Die Beschränkungen, die durch fehlende Transportkapazitäten oder Rohwaren vor allem aus Asien, aber auch vermehrt aus Europa, hervorgerufen werden, können deshalb zu Mehrkosten oder sogar Produktionsausfällen führen.
  • Die anhaltenden staatlichen Unterstützungen sowie die Ankündigung, einen hohen US-weiten Mindestlohn (15 US-Dollar pro Stunde) einzuführen, haben dazu geführt, dass vielfach Jobs mit geringerer Bezahlung unbesetzt bleiben.
  • Automatisierung und höhere Technisierung der Produktionsmaschinen macht viele Tätigkeiten anspruchsvoller und erfordert Kenntnisse und Qualifikationen, die vermehrt nicht erfüllt werden können. Das stellt die Unternehmen aus Deutschland auch immer mehr vor die Herausforderung, die Mitarbeiter selbst stärker zu qualifizieren oder auszubilden. Die Deutsch-Amerikanische Handelskammer organisiert deshalb gemeinsam mit zahlreichen deutschen Unternehmen eigene technische Ausbildungsprogramme.
  • Die Vergabe von Visa für Spezialkräfte ist neben den allgemeinen Reisebeschränkungen erschwert worden. Man muss härtere Kriterien erfüllen, bevor ein Visum - wenn überhaupt - genehmigt wird. Der Bearbeitungsrückstand ist enorm und es wird länger dauern, bis dieser abgearbeitet ist. Dazu ist unter der neuen Administration der „America First“-Gedanke fest verankert.
  • Stahl- und Aluminiumtarife sind sicherlich sehr hinderlich und verteuern die Produkte für den Anwender beziehungsweise Kunden und werden regelmäßig weiterbelastet oder nicht durch den eigentlichen ausländischen Lieferanten getragen.
  • Es herrscht bei den deutschen Unternehmen und deren Headquartern eine starke Verunsicherung. Sie fragen sich, welche von den angekündigten steuerlichen Änderungen wann in Kraft treten und ob sie überhaupt kommen. Denn die Mehrheitsfindung im Kongress und Haus scheint nicht einfach zu sein. Entscheidungen werden vertagt und Vorlagen immer wieder verändert, was eine strukturierte Planung seitens der Muttergesellschaften unmöglich macht.

Corona in den USA: So ist aktuell die Lage

Und dann ist da natürlich noch die Corona-Pandemie. 

"Generell sind die Corona-Fälle inzwischen gesunken, aber die Impfquote ist nun nahezu gleich mit der in Deutschland und vielerorts geht durch das sehr schnelle Verbreiten der Delta-Variante die Infektionsrate wieder steil hoch", erklärt Schneiders. Es werde schwierig werden, die Herdenimmunität zu erreichen.

Schneiders berichtet weiter: "In den USA wurden Ausgangsbeschränkungen, Maskenpflicht oder -gebote seit Längerem regional unterschiedlich aufgehoben." In den nördlich gelegeneren Bundesstaaten habe es im Vergleich zum Süden längere Restriktionen gegeben. Gründe dafür seien die generell hohen Einwohner- und Fallzahlen sowie die Enge und Bevölkerungsdichte. "In den Südstaaten konnte man das Leben schon viel früher und länger mit weniger Restriktionen genießen, teils politisch gewollt, aber auch durch das viel wärmere Wetter sicherlich begünstigt", erklärt Schneiders.

Corona hat natürlich auch Folgen für die Industrie: "Einige Industrien wie Life Sciences, Medizin- und Labortechnik verspüren eine ungeheure Nachfrage die entweder gar nicht produziert, geliefert oder verteilt werden kann, da die Kapazitäten auf Schiffen wie auf Lastwagen sehr begrenzt ist. Wir spüren inzwischen die Not der Spediteure, Fahrer zu finden und die Gehaltsangebote sind unglaublich hoch, um überhaupt Bewerber zu finden", berichtet der Seniorchef.

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