Ein Traditionskonzern steht am Scheideweg: Der Maschinenbauer Voith plant den Abbau von bis zu 2.500 Stellen weltweit. Die Gründe sind vielschichtig – und typisch für eine Branche in Dauerkrise.
Beim Maschinen- und Anlagenbauer Voith könnte gut ein Zehntel der Mitarbeiter den Job verlieren.nmann77 - stock.adobe.com)
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Voith prüft massiven Stellenabbau
Dirk Hoke, CEO der Voith GroupOliver Vogel
Beim Maschinen- und Anlagenbauer Voith könnte gut ein Zehntel der Belegschaft den Arbeitsplatz verlieren. Wie der Technologiekonzern mitteilte, werden derzeit Anpassungen bei Organisationsstrukturen und Personal im Rahmen einer strategischen Weiterentwicklung geprüft. „Im Rahmen der Anpassungen wird eine Reduzierung von bis zu 2.500 Stellen erwartet“, heißt es weiter.
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Deutschland spielt bei diesen Überlegungen eine Schlüsselrolle. Trotz hoher technischer Kompetenz und Innovationskraft sieht Voith strukturelle Probleme im Heimatmarkt. Genannt werden hohe Energie- und Arbeitskosten, komplexe regulatorische Anforderungen und ein hoher bürokratischer Aufwand.
Konkrete Entscheidungen über einzelne Standorte oder Bereiche wurden bisher nicht getroffen. In den nächsten Wochen sollen Optionen geprüft und gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern bewertet werden. Die geplante Stellenreduktion wird als „globaler Rahmen“ bezeichnet und bezieht sich nicht explizit auf einzelne Standorte oder Funktionen.
Voith hat seinen Stammsitz in Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg und zählt zu den bedeutendsten Maschinen- und Anlagenbauern des Landes. Neben dem Hauptsitz betreibt das Unternehmen Werke in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Sachsen. Weltweit beschäftigt Voith rund 22.000 Mitarbeitende in über 60 Ländern.
Das Unternehmen wurde 1867 gegründet und liefert heute Maschinen, Anlagen und technische Systeme für verschiedene Industriebranchen. Zu den Produkten gehören Turbinen, Generatoren und digitale Steuerungstechnik für Wasserkraftwerke. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Papiermaschinen und Anlagen zur Altpapieraufbereitung. Außerdem ist Voith im Bereich der Antriebs- und Industrietechnik aktiv – etwa mit Getrieben und Kupplungen für Züge, Schiffe und industrielle Anwendungen.
Geschäftsjahr unter Druck
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Im Geschäftsjahr 2023/24 schrieb Voith rote Zahlen. Das Konzernergebnis fiel auf minus 247 Millionen Euro – im Vorjahr hatte noch ein Gewinn von 73 Millionen Euro in den Büchern gestanden. Auch der Umsatz sank auf 5,23 Milliarden Euro. Die aktuellen Zahlen für das am 30. September abgelaufene Geschäftsjahr 2024/25 liegen noch nicht vor. Noch vor einem Jahr hatte der Konzern mit einer positiven Entwicklung bei Umsatz und Gewinn gerechnet.
Strategiewechsel unter Druck
Vorstandschef Dirk Hoke machte den zunehmenden Wettbewerbsdruck auf dem Weltmarkt verantwortlich. „Voith steht vor großen Herausforderungen auf dem Weltmarkt, weshalb wir eine umfangreiche strategische Analyse unseres Geschäfts vorgenommen haben“, teilte er mit. Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und weiter wachsen zu können, müsse das Unternehmen über ausreichend Mittel für Investitionen verfügen und zugleich seine Organisation so effizient wie möglich aufstellen.
Hoke betont die Notwendigkeit, Prozesse zu vereinfachen, Entscheidungswege zu verkürzen und gezielt in Zukunftsfelder zu investieren. Dazu zählen nach seiner Einschätzung das profitable Service- und Digitalgeschäft, globale Wachstumsregionen sowie neue Technologien. „Die Organisation stärken, Innovation beschleunigen und Wachstumschancen nutzen – das müssen wir jetzt gemeinsam angehen, nicht zuletzt, um den Standort Deutschland zu sichern“, so Hoke.
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Maschinenbaubranche in der Dauerkrise
Der geplante Stellenabbau bei Voith trifft eine Branche, die sich in einer tiefen und anhaltenden Krise befindet. Nach Angaben des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) schrumpft die Produktion 2025 bereits im dritten Jahr in Folge. Für das kommende Jahr wird mit einem erneuten Rückgang von fünf Prozent gerechnet.
Seit Anfang 2023 zeigt die Produktion eine rückläufige Entwicklung – inzwischen bereits zwölf Quartale in Folge. Die Auslastung der Fabriken liegt mit 78,3 Prozent deutlich unter dem langjährigen Mittelwert von rund 85 Prozent. Eine Erholung wird laut VDMA frühestens 2026 erwartet.
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VDMA-Präsident Bertram Kawlath.(Bild: VDMA)
Diese Entwicklung hat spürbare Folgen für den Arbeitsmarkt. Die Beschäftigung im Maschinenbau ist im Vergleich zum Vorjahr um 2,4 Prozent gesunken und liegt nun bei etwas über einer Million Menschen. Kurzarbeit wird zunehmend häufiger eingesetzt. Neben hohen Steuern und Bürokratie nennt VDMA-Präsident Bertram Kawlath auch die US-Strafzölle als zusätzliche Belastung für die Unternehmen.
Strategische Neuausrichtung als Überlebensstrategie
Die Maßnahmen bei Voith sind ein Spiegelbild der Situation im deutschen Maschinenbau. Angesichts sinkender Aufträge, wachsender internationaler Konkurrenz und steigender Kosten versuchen immer mehr Unternehmen, ihre Strukturen zu verschlanken und sich auf profitable Geschäftsfelder zu fokussieren. In diesem Zusammenhang stellt der geplante Stellenabbau bei Voith keine Ausnahme, sondern ein Beispiel für eine ganze Branche im Umbruch dar.
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Mit Material der dpa
FAQ zum Stellenabbau bei Voith
Wie viele Stellen will Voith streichen? – Bis zu 2.500 Stellen sollen weltweit abgebaut werden.
Sind bestimmte Standorte vom Stellenabbau betroffen? – Nein, bisher gibt es keine konkreten Aussagen zu einzelnen Standorten oder Bereichen.
Welche Gründe nennt Voith für den Personalabbau? – Hohe Energie- und Arbeitskosten, Bürokratie, regulatorische Anforderungen und Wettbewerbsdruck.
Welche Geschäftsbereiche hat Voith? – Die Bereiche Hydro, Paper und Turbo.
Wie viele Mitarbeitende beschäftigt Voith weltweit? – Rund 22.000 in mehr als 60 Ländern.
Wie sieht die wirtschaftliche Lage von Voith aus? – Im Geschäftsjahr 2023/24 wurde ein Verlust von 247 Millionen Euro verzeichnet.
Was sagt der VDMA zur Branche? – Der Maschinenbau steckt in der Krise und verzeichnet seit Anfang 2023 sinkende Produktionszahlen.