Steigende Zinsen, Liquiditätsprobleme und geopolitische Spannungen – das Jahr 2026 entwickelt sich zum Belastungstest für die globale Zulieferindustrie. Das zeigt eine aktuelle Zulieferer-Analyse von Berylls by AlixPartners
Trotz aller Negativ-Schlagzeilen, das Jahr 2025 hat sich für die Zuleferer im Automobilbereich gut entwickelt, ihre operative Marge ist leicht gestiegen, während sie bei den OEMs erheblich gesunken ist.vizualni)
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Wie lief das Jahr 2025 für die Zulieferer?
Trotz düsterer Rahmenbedingungen und zahlreicher Negativmeldungen war 2025 für die Zulieferindustrie kein verlorenes Jahr. Im Gegenteil: Die operative Marge der Zulieferer stieg von 5,5 auf 5,8 Prozent – ein bemerkenswerter Anstieg, gerade im Vergleich zu den OEMs, deren operative Marge deutlich von 6,3 auf 4,5 Prozent sank. Das zeigt eine Studie von Berylls by AlixPartners.
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Dr. Alexander Timmer.Berylls by AlixPartners)
Dr. Alexander Timmer, Partner bei Berylls by AlixPartners, fasst diesen Trend so zusammen:„Die operative Marge der OEMs fällt von 6,3 auf 4,5 Prozent. Bei den Zulieferern steigt sie dagegen leicht. Dass die Marge der Zulieferer über der der OEMs liegt, haben wir seit der Vor-Corona-Zeit nicht mehr gesehen.“Ein klarer Lichtblick in einem Jahr, das ansonsten von tiefgreifenden Disruptionen geprägt war: Ausfuhrstopps bei Seltenen Erden, Engpässe bei Chips, rückläufige Zulassungszahlen in wichtigen Märkten sowie anhaltende geopolitische Spannungen führten weltweit zu zehntausenden gestrichenen Arbeitsplätzen bei großen Zulieferern.
Welche wirtschaftlichen Risiken nehmen 2026 weiter zu?
Trotz stabiler operativer Zahlen verschärft sich die wirtschaftliche Lage deutlich. Besonders die Liquiditätssituation vieler Zulieferer stellt ein zentrales Problem dar. Während OEMs in dieser Hinsicht noch vergleichsweise robust aufgestellt sind, kämpfen Zulieferer zunehmend mit hohen Schuldenständen – eine gefährliche Mischung in einem Umfeld steigender Zinsen.
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Stefan SchneebergerBerylls by AlixPartners)
Dazu kommen sinkende Umsätze: Die Top 25 Zulieferer verzeichneten einen Rückgang auf 400 Milliarden Euro. Bei den zehn größten Autoherstellern fielen die Erlöse auf 1265 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Rückgang von rund 1,5 Prozent – bereits das zweite Minusjahr in Folge.
Stefan Schneeberger, Associate Partner bei Berylls by AlixPartners, analysiert:„Die Herausforderungen bei den OEMs führen zu noch härteren Preisverhandlungen und einem stärkeren ‚Pain-Share‘-Anspruch. Während die Top 25 Zulieferer dies wohl teilweise abfedern können, wird die Situation bei mittelgroßen Zulieferern oder nicht börsennotierten deutschen Unternehmen die Anspannung weiter verschärfen und Handlungsbedarf erzwingen.“
Warum gewinnen regionale Lieferketten an Bedeutung?
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Der Druck auf globale Lieferketten ist enorm. Handelskonflikte, Zollbarrieren und Exportbeschränkungen setzen das Just-in-Time-Modell zunehmend außer Kraft. 2026 markiert deshalb einen Wendepunkt: Resilienz ersetzt Effizienz als zentrales Ziel industrieller Liefernetzwerke.
Fabian PiontekBerylls by AlixPartners)
Fabian Piontek, Partner und Managing Director bei AlixPartners, bringt es auf den Punkt:„Diese Resilienz wird sich weg vom Kostenfaktor, hin zu einem Differenziator für die Unternehmen entwickeln.“Die Folge ist ein verstärktes Reshoring. Produktions- und Entwicklungskapazitäten werden zurück in Länder oder Wirtschaftsräume wie Europa oder die USA verlagert. Besonders in den Vereinigten Staaten treiben regulatorische Vorgaben zur lokalen Wertschöpfung diese Entwicklung voran – mit Auswirkungen auf Fertigung, Beschaffung und Technologiepartnerschaften.
Zugleich verliert die bisherige Rohstoffstrategie an Sicherheit. Die Abhängigkeit Europas von China – etwa bei Seltenen Erden, Grafit oder Lithium – ist strukturell verankert. Eine Substitution dieser Rohstoffe ist vor 2030 kaum realistisch. Die jüngsten Exportbeschränkungen Chinas unterstreichen den Ernst der Lage.
Wie könnte sich die Lage mit Blick auf China weiter zuspitzen?
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Christian Grimmelt, Partner bei Berylls by AlixPartners, warnt:„Lieferketten und Zollpolitik haben das Potential, dass die globale Fahrzeugproduktion kurzfristig nach unten korrigiert werden muss. Die starke Rohstoffabhängigkeit zu China spielt hier eine entscheidende Rolle.“
Christian GrimmeltBerylls by AlixPartners)
Die strategische Verwundbarkeit zeigt sich nicht nur beim Zugang zu Rohstoffen, sondern auch bei kritischen Komponenten – etwa im Fall des Chip-Herstellers Nexperia. Ein unterbrochener Zugang zu chinesischen Zulieferern könnte gravierende Produktionsausfälle verursachen. Vor diesem Hintergrund werden Investitionen in alternative Technologien und regionale Produktionsstrukturen zunehmend zur Überlebensfrage für die Branche.
Wer sind die Gewinner inmitten dieser Krise?
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Trotz aller Belastungen zeigt sich ein differenziertes Bild. Halbleiterhersteller wie Infineon, NXP oder ST Micro profitieren weiterhin von der wachsenden Bedeutung elektronischer Fahrzeugarchitekturen. Auch Batteriehersteller können sich dem Negativtrend entziehen – getragen vom anhaltenden Markthoch der Elektromobilität.
Stefan Schneeberger beschreibt die Entwicklung so: „Halbleiterhersteller wie Infineon, NXP oder ST Micro werden wie bereits in diesem Jahr auch in naher Zukunft die Gewinner der Krise sein. Umsätze und Margen werden Höchstwerte erreichen. Auch die Batteriehersteller bleiben auf der Überholspur.“
Die Marktdurchdringung von BEVs wird bis 2030 auf rund 32 Prozent steigen – ein starker Wachstumstreiber für Batterieproduzenten und deren Zulieferketten.
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Wie sehen die Zulieferer selbst das Jahr 2026?
Trotz aller Unsicherheiten überwiegt in der Branche eine gewisse Grundzuversicht. In einer Umfrage von Berylls by AlixPartners aus dem Sommer 2025 gaben über 50 Prozent der Zulieferer an, mit einer positiven Entwicklung in den kommenden zwölf Monaten zu rechnen.
Zugleich bewerten 60 Prozent die aktuelle Situation als „durchwachsen“. Die Analysten von Berylls by AlixPartners mahnen jedoch zur Vorsicht. Die wirtschaftliche Lage ähnelt zunehmend der Pandemiekrise – insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen mit eingeschränkter Kapitaldecke.
Welche strategischen Weichenstellungen sind jetzt notwendig?
Für die Zulieferindustrie markiert 2026 den Beginn eines strukturellen Wandels. Globale Effizienz verliert an Bedeutung – Resilienz, Nachhaltigkeit und Transparenz treten an ihre Stelle. Lokalisierte Produktion bietet nicht nur bessere Kontrolle über Lieferketten, sondern senkt auch Transportemissionen und verbessert die Rückverfolgbarkeit – ein Vorteil hinsichtlich CO₂-Vorgaben und ethischer Beschaffungsrichtlinien.
Fabian Piontek betont die strategische Perspektive:„Die Branche muss ihre Widerstandsfähigkeit und damit ihre Flexibilität massiv verbessern. Damit kann sie Vertrauen bei den OEMs schaffen und langfristige Kooperationen möglich machen.“
Unternehmen, die diesen Wandel frühzeitig erkennen und aktiv umsetzen, verbessern ihre Wettbewerbsposition nachhaltig. Wer hingegen auf alte Strukturen setzt, wird es schwer haben, den Anforderungen von OEMs, Regulatoren und Märkten gerecht zu werden.
Mit Material von Berylls by AlixPartners
FAQ – Zulieferer im Strukturwandel 2026
Wie entwickelten sich die Margen 2025? Die operative Marge der Zulieferer stieg leicht auf 5,8 Prozent, während sie bei den OEMs deutlich auf 4,5 Prozent sank.
Welche Risiken bestehen für 2026? Steigende Zinsen, hohe Verschuldung, sinkende Umsätze und zunehmender Preisdruck durch OEMs verschärfen die Lage.
Wie stark ist die Abhängigkeit von China? Sehr hoch – insbesondere bei strategischen Rohstoffen und Komponenten. Eine kurzfristige Substitution ist nicht realistisch.
Wer zählt zu den Gewinnern? Halbleiter- und Batteriehersteller profitieren von der E-Mobilität und der Nachfrage nach elektronischen Fahrzeugarchitekturen.
Welche strategischen Schritte sind jetzt nötig? Regionalisierung, Resilienzaufbau, Investitionen in neue Technologien und nachhaltige Produktionsmodelle.