Resoniks gewinnt auf dem Maschinenbau-Gipfel

So will ein Startup die Qualitätssicherung revolutionieren

Mit akustischer KI und einem automatisierten Klopfverfahren entdeckt Resoniks Defekte in Metallbauteilen schneller als jeder CT-Scan – und das ab der Wareneingangskontrolle. Ein System, das Maschinen zuhören lässt – und Industrieprozesse neu denkt.

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Das Startup Resoniks will die Qualitätssicherung voranbringen und hat dafür auf dem Maschinenbau-Gipfel den Startup-Award erhalten.

Auf dem Maschinenbau-Gipfel zeichnete das Fachpublikum eine akustische KI-Lösung aus, die durch Klopfen automatisiert Fehler in metallischen Bauteilen erkennt. Damit lässt sich Ausschuss ohne aufwendige Methoden wie CT-Scans reduzieren – schon ab Wareneingangskontrolle.

Ursprünglich hatte sich das Gründungsduo 2022 zusammengefunden, um mittels KI aktiv Probleme in der Produktion zu lösen. Gestartet wurde mit einer Lösung, die Füllstände in Behältern misst. Anhand eines konkreten Kundenproblems mit Edelstahlfässern und Gefahrstoffen, bei dem visuelle Verfahren nicht in Frage kamen, entstand schließlich die Idee, über den Klang zu gehen. Dazu wurde gegen den Behälter geklopft und die Klangdaten erhoben. Das Klopfen erfolgt durch kleine Linearmotoren, indem vollautomatisiert ein kleines „Hämmerchen“ herausfährt.

„Die erfassten Daten hatten deutlich mehr Potenzial, als wir erwartet hätten. So können wir nicht nur die Füllstände messen, sondern wissen auch, ob eine Trommel sauber verschlossen ist, ob sie Dellen hat oder intakt ist“, sagt Gründer und CTO Fabian Oberndorfer, der zugleich passionierter Musiker ist.

„Seit Jahrtausenden klopfen Menschen beispielsweise gegen Tonkrüge, um zu hören, ob Risse darin sind. Dieses Erfahrungswissen kann jetzt ein Algorithmus auf Basis der Audiodaten abbilden“, so Oberndorfer. Die Idee, Audio zu nutzen – um zum Beispiel zu analysieren, ob eine Maschine in optimalen Parametern fährt – gibt es schon etwas länger. Hier lernen Algorithmen vom Erfahrungswissen der Maschinenbediener, die schon aufgrund der Geräusche wissen, ob die Maschine ein Problem hat. 

Fabian Oberndorfer Resoniks
Resoniks-Gründer und CTO Fabian Oberndorfer

Viele Unternehmen haben Probleme mit der Erkennung von Defekten in Metallbauteilen

Doch das Startup geht einen Schritt weiter: „Dadurch, dass wir aktiv anklopfen, können wir auf einmal auch den Gegenständen zuhören, die ansonsten kein Geräusch und keine Informationen von sich geben würden“, erklärt der Resoniks-CTO.

Über den Partner Dassault Systèmes hat das Jungunternehmen seine Idee bereits frühzeitig auf der Veranstaltung „Fabrik des Jahres“ gepitcht. „Unsere Lösung kann durch Anklopfen sehr viele Parameter herausmessen. Wir haben dank der Veranstaltung direkt Feedback aus der Praxis bekommen, wo das hilfreich sein könnte“, erinnert sich Oberndorfer. Die Antwort war überraschend deutlich: In der Qualitätssicherung haben offenbar viele Unternehmen große Schwierigkeiten, Risse, Poren oder Lunker zu identifizieren. „Daraus entstand eines unserer ersten Proof-of-Concept-Projekte für akustische Qualitätssicherung mit einem großen OEM“, berichtet Oberndorfer.

Mittlerweile hat das Startup ein Gesamtsystem geschaffen, in das der Benutzer – oder ein Roboter – nur noch das Bauteil einlegt, das getestet werden soll. Auch Konstruktionen mit Förderband sind umsetzbar. Der Klang wird aufgenommen und die Algorithmen untersuchen, ob es einen Defekt im Bauteil gibt. Da entsprechende Sensorik in erster Linie für Laborumgebungen gebaut wird, entschied man sich, eigene Hardware zu entwickeln, bis hin zu hochspezialisierten Mikrofonen, die bis in den Ultraschallbereich alles aufnehmen und das ganze Spektrum von 20 Hertz bis 80 Kilohertz hochpräzise auflösen können.

Dank Maschinenbau-Gipfel: Startup hat deutlich mehr Anfragen

Auf Vorschlag des VDMA nahm das Startup in diesem Jahr am Maschinenbau-Gipfel Startup Award teil – und ging als Gewinner aus den Pitches hervor. Das hat das Jungunternehmen mit Sitz in Holland und Finnland, bei dem mittlerweile 20 Menschen arbeiten, einen weiteren Schritt vorangebracht. Vieles von dem, was man sich von der Teilnahme versprochen hatte, habe sich jetzt schon erfüllt: „Wir verzeichnen seitdem deutlich mehr Anfragen und konnten unter anderem aufgrund des Preises auch in der aktuellen Finanzierungsrunde einem Investor zeigen, dass es einen großen Bedarf für unsere Lösung gibt“, freut sich Oberndorfer. 

In den Projekten mit deutschen Industriekunden habe man immer wieder eine Professionalität in der Zusammenarbeit erlebt, die nicht selbstverständlich sei, sagt der studierte Maschinenbauer, der vor der Gründung bereits zehn Jahre in der Produktentwicklung gearbeitet hat: Ein Grund, warum man beschlossen habe, Deutschland als wichtigsten Kernstartmarkt zu wählen.

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Langwierige Qualitätssicherung deutlich abkürzen

Besonders großen Nutzen kann durch die automatisierte Qualitätssicherung beispielsweise im Metallbauteilebereich generiert werden. Dazu gehören etwa Stanzanlagen, Schmiedesysteme, CNC-Frässysteme. Auch für Schweißanlagen ist die Technologie aus Sicht des Startups interessant. Denn gerade bei hochqualitativen Bauteilen ist die Qualitätssicherung heute noch sehr langsam und aufwendig.

„Letztendlich muss das Teil zerstört werden, um es zu prüfen, alternativ wird ein CT-Scan oder X-Ray gemacht, oder ein Mensch muss es manuell prüfen und subjektiv beurteilen, ob das Teil in Ordnung ist“, erläutert Oberndorfer. Das Resoniks-System könne von Maschinen- und Anlagenbauern auch direkt in ihr Produkt integriert werden. So kann schon im Fertigungsprozess geprüft werden, ob das Bauteil fehlerfrei ist und damit Ausschuss vermieden. 

Zugleich ließen sich die Maschinenparameter entsprechend live anpassen, um effektiver zu produzieren. Ein weiteres Einsatzgebiet sieht Oberndorfer beim Thema Voraussortierungen in der Wareneingangskontrolle, wo in Projekten teilweise 70 Prozent einer Bauteil-Charge defekt sind – was dann häufig erst am Ende eines Fertigungsprozesses festgestellt wird.

Lohnend ist das Verfahren vor allem dann, wenn hochkomplexe, sicherheitsrelevante Bauteile in genügend hoher Stückzahl pro Jahr – also ab mehreren Tausend – gefertigt werden. Das ist in Industrien wie Automotive, Energiesektor, Aviation und Marine der Fall. Zwar sei der Zeitgewinn je nach Fallbeispiel unterschiedlich, die automatisierte Methode sei jedoch um den Faktor 10 bis 100 schneller. „Es gibt Bauteile, für die wir innerhalb von 20 Sekunden ein Ergebnis liefern können, bei denen die einzige Alternative momentan ein zwanzigminütiger CT-Scan ist“, so Fabian Oberndorfer.

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Daten als Dreh- und Angelpunkt

Um in einer statistisch aussagekräftigen Analyse zu evaluieren, ob die Lösung für das vorliegende Problem geeignet ist, werden zunächst gelabelte Daten benötigt – im Schnitt etwa 100 Gut-Teile und rund 40 Teile mit möglichst unterschiedlichen Defekten. Das System basiert vorrangig auf dem Training mit Gut-Teilen. „Wir bilden sozusagen einen akustischen Fingerabdruck eines Gut-Teils und können dann Abweichungen feststellen. Das bedeutet, wir können auch bisher unbekannte Fehlerbilder identifizieren“, sagt der Gründer. Das Datenthema ist oft komplex, denn die Bewertung von „gut und schlecht“ ist in der Qualitätssicherung eine eher grobe, teils subjektive Grauzone.

„In unseren Praxisprojekten haben wir gesehen, dass es immer ein größerer Schritt von einem erfolgreichen Pilotprojekt in den Betrieb in der Linie ist“, berichtet der Gründer auch. Denn an dieser Stelle seien Themen wie Integration und Zertifizierungen relevant. Daher bietet das Jungunternehmen jetzt ein Plug-and-Play-System zum Kauf oder zur Miete an, das nicht tief in eine Linie integriert werden muss, sondern daneben gestellt wird. „In der Zusammenarbeit mit unseren Kunden führt meist ein Pilot zum nächsten. Wir starten oft mit OEMs, die uns dann in ihre nächsten Supplier-Ebenen ‚weiterreichen‘ und für Akzeptanz sorgen“, berichtet Oberndorfer.

Resoniks
Auf dem Maschinenbau-Gipfel zeichnete das Fachpublikum eine akustische KI-Lösung aus, die durch Klopfen automatisiert Fehler in metallischen Bauteilen erkennt. Damit lässt sich Ausschuss ohne aufwendige Methoden wie CT-Scans reduzieren – schon ab Wareneingangskontrolle.

Bedienbarkeit und Sicherheit als zentrale Voraussetzung

Angesichts des Fachkräftemangels speziell auch im Bereich Qualitätssicherung legte das Startup von Anfang an einen großen Schwerpunkt auf den einfachen Einsatz seiner Lösung. „Meiner Meinung nach wird die Software als Bindeglied oft stark unterschätzt. Die meisten unserer Mitarbeitenden beschäftigen sich tatsächlich damit, dass die Software so leicht wie möglich zu bedienen ist und die Abläufe rund um Datenaufnahme und Labeling möglichst automatisiert funktionieren“, konstatiert der Gründer.

Auch in punkto Sicherheit und Cyber Security hat man sich viele Gedanken gemacht. Die Cloud wird nur für das Trainieren der Algorithmen gebraucht. Danach läuft das trainierte Modell autark und nach außen abgesichert am Edge auf einem Industrie-PC. Über eine OPC-UA-Anbindung ist die Kommunikation mit anderen Maschinen möglich.

KI-Revolution bei Akustikdaten?

Wenn die Rechenleistung künftig weiter steigt und die Preise sinken, sei es auch möglich, einen akustischen Fingerabdruck aus synthetisch gewonnenen Daten zu erzeugen. Damit ließe sich nicht nur das relativ aufwendige Labeling abkürzen, sondern die Methode würde sich dann auch bei einer geringen Zahl von Bauteilen lohnen.

Nach oben ist bei der Technologie noch ähnlich viel Luft, wie es bei der bild- und textbasierten KI der Fall war und ist, glaubt der CTO. In Zukunft könnte es ganz normal sein, dass per Handy durch den Klopfklang analysiert wird, ob nach einem Fahrradsturz der Carbon-Rahmen Mikrorisse hat, ob der Helm noch heile ist – oder was zum Beispiel mit der Heizung nicht stimmt. „Theoretisch weiß man, ob etwas strukturell intakt ist, solange es eine Referenz gibt, ob der Gegenstand noch so klingt, wie er klingen soll. Das finde ich hochspannend“, resümiert Fabian Oberndorfer.

Bis Ende des Jahres soll die aktuelle Finanzierungsrunde des Startups abgeschlossen sein. Im nächsten Schritt will man sich darauf konzentrieren, mehr Piloten in die Linie zu bekommen, um davon ausgehend zunehmend komplexere Probleme lösen zu können. Geplant ist zudem, verstärkt mit Maschinenbauern zusammenzuarbeiten, die das System in ihr Produkt integrieren wollen. Perspektivisch ist das Startup im Maschinen- und Anlagenbau auch auf Partnersuche nach Auftragsfertigern, die Teile der Hardware wie große Messvorrichtungen bauen können.

Überarbeitet von Anja Ringel.

FAQ zum Startup Resoniks

1. Was macht die Technologie von Resoniks besonders?

Resoniks nutzt eine akustische KI, die durch gezieltes Anklopfen Defekte in metallischen Bauteilen erkennt. Linearmotoren erzeugen den Klang, hochspezialisierte Mikrofone erfassen ihn, und Algorithmen analysieren die Daten – schneller und günstiger als CT-Scans.

2. Wie entstand die Idee zur akustischen Qualitätssicherung?

Ursprünglich wollte Resoniks mithilfe von KI Füllstände in Behältern messen. Bei einem Kundenproblem mit Edelstahlfässern entstand die Idee, akustische Daten zu nutzen – ähnlich wie Menschen seit Jahrhunderten durch Klopfen Defekte erahnen. Daraus entwickelte sich die heutige Lösung.

3. In welchen Bereichen ist die Technologie einsetzbar?

Die Lösung eignet sich besonders für die Prüfung von Metallbauteilen in Bereichen wie Automotive, Aviation, Energie oder Maschinenbau. Einsatzgebiete sind u. a. Stanz- und Schmiedeanlagen, CNC-Bearbeitung, Schweißtechnik oder die Wareneingangskontrolle.

4. Wie schnell ist das Resoniks-System im Vergleich zu klassischen Verfahren?

Die akustische Prüfung kann je nach Teil in 20 Sekunden Ergebnisse liefern – im Vergleich zu herkömmlichen Methoden wie CT-Scans, die bis zu 20 Minuten dauern. Damit ist sie bis zu 100-mal schneller.

5. Wie funktioniert die Datenbasis für die KI-Modelle?

Das System wird primär mit Gut-Teilen trainiert, um einen akustischen Fingerabdruck zu erstellen. Abweichungen deuten auf Defekte hin. Für eine zuverlässige Analyse werden ca. 100 Gut-Teile und rund 40 defekte Teile mit unterschiedlichen Fehlerbildern benötigt.